Frage an Frank Kuschel von Simone F. bezüglich Familie
Hallo Herr Kuschel,
auch wenn Mensch nicht mit der Linie Ihrer Partei einverstanden ist, muss man resümieren, dass Sie ein Abgeordneter sind, der prinzipiell und offen auf die Wähler zugeht.
1. Wie wollen Sie dies in der neuen Legislaturperode weiterführen?
2. Sind Straßenausbaubeiträge ohne gültige Satzung rechtmäßig?
3. Wie sehen Sie die Finanzierung von Straßenausbaubeiträgen in 5 Jahren in Thüringen?
4. Bereits zur letzten Landtagswahl 2004 hat die damalige CDU-Landesregierung nach öffentlichen Protesten die Wasserbeiträge abgeschafft. Ist dies auch auch bei Straßenausbaubeiträgen im Jahr 2009 denkbar bzw. ist diese wegen der "komplizierten Materie" (Zitat Innenminister M.Scherer) undenkbar.
Viele Grüße und Danke
S.Fichtmüller
Hallo Frau Fichtmüller,
vielen Dank für Ihre vier Fragen, die ich gern nachfolgend beantworte. Die Frage 1 erfordert eigentlich eine sehr komplexe Antwort. Bitte haben Sie Verständnis, dass ich bei dieser Frage nur auf einige Aspekte eingehe. Wenn sich aus meiner Antwort für Sie Nachfragen ergeben, bin ich gern bereit, diese zu beantworten.
Zu 1.:
Zunächst bedanke ich mich, dass Sie meine Arbeit im Bezug auf die Wähler als prinzipiell und offen einschätzen. Derartige Bewertungen erreichen mich nur selten. Als ich mich 2004 entschied für den Thüringer Landtag zu kandidieren und ich auch gewählt wurde, war mir klar, dass ich meine Arbeit angebotsorientiert ausrichte. Mein Abgeordnetenbüro in Bad Salzungen sollte nicht nur Arbeitsplatz für meine Mitarbeiter und für mich sein, sondern vielmehr Informations- und Anlaufpunkt für die Menschen der Region. Dieses Projekt, für das die Bezeichnung „Bürgerbüro“ durchaus zutreffend ist, hat sich als sehr wirkungsvoll erwiesen und stieß und stößt auf reges Interesse. Deshalb ist es für mich selbstverständlich, dass ich dieses Projekt fortführen werde, wenn ich am 30. August 2009 wieder in den Landtag gewählt werden sollte (wovon ich aber ausgehe). In der Landtagsfraktion der LINKEN in Erfurt habe ich ebenfalls für das Projekt „Bürgerbüro“ geworben. Die Fraktion hat meinen Vorschlag aufgegriffen und seit 2004 unterhalten wir im Landtag ein solches Bürgerbüro als Anlaufstelle für die Bürger. Hier erhalten die Bürger Informationen und Unterstützung bei der Lösung von Problemen. Dass ich im Landtag ein eifriger Fragesteller an die Landesregierung bin, hat auch etwas mit meinem offenen und intensiven Bürgerkontakten zu tun. Viele Anfragen an die Landesregierung resultieren aus Fragestellungen und Problembeschreibungen der Bürger. Ich werde der neuen Fraktion der LINKEN empfehlen, dieses Projekt „Bürgerbüro“ fortzuführen.
Im Rahmen meiner terminlichen Möglichkeiten nehme ich an vielen Bürgerversammlungen und Zusammenkünften vor Ort in ganz Thüringen teil. Dabei kann ich leider nicht alle Einladungen wahrnehmen. Jährlich bin ich bei rund 200 Veranstaltungen vor Ort. Diese Kontakte will ich auch künftig pflegen. Als ehrenamtlicher Geschäftsführer des kommunalpolitischen Forums Thüringen e.V. und als Landesvorstandsmitglied der Thüringer Bürgerallianz, dem Dachverband der Bürgerinitiativen für sozial gerechte Kommunalabgaben, und dem linken Unternehmerverband „OWUS Thüringen“ bin ich auch ständig mit Bürgern in Kontakt. Diese Ehrenämter will ich weiterhin begleiten, weil sie für meine Arbeit als Landtagsabgeordneter einer Bereicherung darstellen.
In meiner Öffentlichkeitsarbeit versuche ich auch bürgeroffen zu sein. Neben den regelmäßigen Presseinformationen nutze ich auch die Möglichkeiten der elektronischen Medien. Meine Internetseite http://www.frankkuschel.de ist für zahlreiche Bürger und Bürgerinitiativen Informations- und Kontaktbörse.
Zu 2.:
Straßenausbaubeiträge dürfen nur entsprechend den Vorgaben des Thüringer Kommunalabgabengesetzes auf Grundlage einer rechtsgültigen Straßenausbaubeitragssatzung erhoben werden. Für den Satzungserlass sind die Gemeinde- und Stadträte zuständig. Ohne Satzung dürfen somit keinen Straßenausbaubeiträge erhoben werden. Sollten Beiträge ohne gültige Satzung erhoben werden, sind diese unrechtmäßig. Leider hat aber der Landesgesetzgeber die rückwirkende Erhebung von Straßenausbaubeiträgen zugelassen. Somit dürfen die Kommunen nach dem eine Satzung beschlossen wurde, Straßenausbaubeiträge auch für Ausbaumaßnahmen erheben, die bereits in der Vergangenheit, also vor dem Satzungsbeschluss, realisiert wurden. Diese rückwirkende Erhebung lehnen wir das DIE LINKE prinzipiell ab. In diesem Zusammenhang will ich darauf verweisen, dass DIE LINKE die Straßenausbaubeiträge grundsätzlich für nicht mehr zeitgemäß hält. Wir fordern deshalb die Abschaffung dieser Finanzierungsform. So wie Autobahnen, Bundes-, Landes- und Kreisstraßen steuerfinanziert werden, muss dies auch bei kommunalen Straßen der Fall sein. Die Gemeinden müssen am Aufkommen der KFZ- und Mineralölsteuer beteiligt werden, so dass der Ausbau der Kommunen Straßen ebenfalls steuerfinanziert erfolgt.
Zu 3.:
Ich bin davon überzeugt, dass in den nächsten fünf Jahren der Einstieg in den Ausstieg bei den Straßenausbaubeiträgen gelingen wird. Entscheidend hierfür ist jedoch, dass die Bürger auch weiterhin für diesen Ausstieg kämpfen. Dass ein solcher Kampf erfolgreich sein kann, zeigt die gesetzliche Abschaffung der Wasserbeiträge zum 1. Januar 2005. Hierfür mussten die Bürger nahezu zehn Jahre kämpfen. Diesen Kampf haben wir als LINKE intensiv unterstützt. 168 Millionen EUR gezahlter Wasserbeiträge wurden an die Bürger zurückerstattet. Zudem mussten die Zweckverbände auf die Erhebung von rund 400 Millionen EUR geplanter Wasserbeiträge verzichten.
Als Einstieg in den Ausstieg bei den Straßenausbaubeiträgen fordert DIE LINKE die sächsischen Regelungen für Thüringen. In Sachsen können die Kommunen selbst entscheiden, ob und in welcher Höhe sie Straßenausbaubeiträge erheben. Was in Sachsen geht, muss auch in Thüringen möglich sein. Die CDU muss hier ihre Blockadehaltung aufgeben und den Erhebungszwang dieser Beiträge endlich aufheben. Andere Mehrheitsverhältnisse im Landtag könnten dabei den Ausstieg aus der Beitragsfinanzierung beschleunigen. Die Wähler entscheiden deshalb zur Landtagswahl am 30. August auch über die Zukunft der Straßenausbaubeiträge.
Zu 4.:
Die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge ist verfassungsrechtlich und gesetzlich möglich. Es bedarf nur eines entsprechenden politischen Willens. Die Straßenausbaubeiträge gibt es nur noch in der Bundesrepublik und in keinem anderen Mitgliedsstaat der EU. Aber auch in der Bundesrepublik gibt es diese Beiträge nicht mehr flächendeckend. Baden – Württemberg hat die Straßenausbaubeiträge vor über zehn Jahren gesetzlich abgeschafft. In Hamburg und Bremen gab es diese Beiträge noch nie. Im Saarland und in Sachsen können die Gemeinden selbst entscheiden, ob und in welcher Höhe sie diese Beiträge erheben.
Der Thüringer Verfassungsgerichtshof hat im April 2009 die Abschaffung der Wasserbeiträge für verfassungskonform, also für zulässig erklärt. Da die Rechtsgrundlage für die Wasser- und Straßenausbaubeiträge die gleiche ist, dürfte es aus meiner Sicht keine verfassungsrechten Schranken für die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge geben. Natürlich gibt es bei der gesetzlichen Abschaffung der Straßenausbaubeiträge auch zahlreiche Probleme, die es zu lösen gilt. So brauchen die Gemeinden einen finanziellen Ausgleich. Wie wir uns diesen Ausgleich vorstellen, habe ich bereits in Antwort zu Frage 3 beantwortet. Auch muss geklärt werden, was mit den bereits gezahlten Straßenausbaubeiträgen wird. Hier haben die Betroffenen einen Zurückerstattungsanspruch.
Der Thüringer Innenminister „versteckt“ sich aber hinter diesen Problemen. Er sollte offen sagen was er will. Will er tatsächlich die Beiträge abschaffen, sollte er sich umgehend um die Lösung der damit verbundenen Probleme kümmern. Lösungsansätze gibt es da durchaus. Ich bin bereit, mit dem Innenminister nach gemeinsamen Lösungen zu suchen. Bisher haben er und die CDU sich jedoch verweigert.
Schöne Grüße,
Frank Kuschel