Frage an Frank Kuschel von Constanze T. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Hallo Herr Kuschel,
Immer wieder werden Menschen, die keiner bezahlten Arbeit nachgehen verunglimpft. „Sie würden in der sozialen Hängematte liegen.“ Meiner Erfahrung nach gibt es genügend Repressalien, die auch angewendet werden, gegen Menschen die auf Sozialleistungen angewiesen sind und kein staatliches Interesse das Problem der gerechten Teilhabe aller am gesellschaftlichen Leben zu organisieren.
Was halten Sie vom Recht auf Faulheit?
Vielen Dank für ihre Antwort
Mit sozialistischen Grüßen
Constanze Truschzinski
eine ueberfluessige
Sehr geehrte Frau Truschzinski,
Ihre Frage ist sehr provokativ, widerspiegelt aber durchaus die Realität. DIE LINKE will einen Rechtsanspruch auf Arbeit verfassungsrechtlich verankern. Vergleichsweise gibt es dies bereits in anderen Ländern, wie z. B. in Dänemark. Ein verfassungsrechtlicher Anspruch auf Arbeit lässt sich aber nur verwirklichen, wenn man einen anderen wirtschaftspolitischen Ansatz verfolgt. Arbeit darf demnach nicht mehr nur als Ware angesehen werden, da dies immer Kapitalverwertung voraussetzt. Vielmehr muss Arbeit als ein Element der menschlichen Selbstverwirklichung (also nicht mehr nur als Einskommensquelle) betrachtet werden. Der Arbeitsbegriff muss dabei neu definiert werden.
Arbeit als Selbstverwirklichung schließt jedoch auch das Prinzip der Freiwilligkeit ein. Aufbauend auf diesem Prinzip der Freiwilligkeit, muss die Gesellschaft alle Menschen sozial absichern und dies unabhängig vom Faktor Arbeit. DIE LINKE hat hier ein Konzept vorgeschlagen, das ich persönlich sehr unterstütze, und zwar das bedarfsorientierte und bedingungslose Grundeinkommen (Grundsicherung). Es orientiert sich am verfassungsrechtlich begründeten Mindesteinkommen (gegenwärtig rund 800 EUR pro Monat). Dieses Grundeinkommen erhält jeder Mensch, unabhängig von seiner sozialen Stellung und seiner Stellung im Arbeitsprozess. Das erzielte Einkommen wird dabei anteilig auf dieses Grundeinkommen angerechnet. Durch flächendeckende Mindestlöhne wird dabei das notwendige Lohnabstandsgebot zwischen Erwerbstätigen und Nicht-Erwerbstätigen eingehalten. Der Mindestlohn beträgt nach den Vorstellungen der LINKEN gegenwärtig rund 1.800 EUR brutto im Monat. Klar, für klein- und mittelständige Unternehmen muss es dabei Übergangsbestimmungen geben (z.B. befristete Lohnzuschüsse). Ihre provokative These vom „Recht auf Faulheit“ ist in diesem, von mir beschriebenen Konzept integriert.
Mir ist bekannt, dass auch innerhalb der LINKEN die Diskussionen über dieses Konzept noch nicht abgeschlossen sind. Es ist eine Vision und da gibt es immer auch Bedenken, mit denen man sich auseinandersetzen muss.
Im Übrigen ist ein solches Konzept durchaus finanzierbar, und zwar durch ein gerechtes Steuersystem und wenn man berücksichtigt, dass dieses Grundeinkommen ja alle anderen Sozialsysteme überflüssig macht. Die damit verbundenen Kosten fallen somit weg.
Mit freundlichem Gruß
Frank Kuschel