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Frank Kuschel
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Frage von Anke H. •

Frage an Frank Kuschel von Anke H.

Sehr geehrter Herr Kuschel,

täglich verlassen viel Thüringerinnen und Thüringer ihre Heimat, um in den sogenannten "Alten Bundesländern" ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Gleichzeitig werden in Thüringen immer weniger Kinder geboren und die Menschen werden (zum Glück!) immer älter. Experten warnen vor der "Demografie-Falle". Welche Chancen sehen Sie für Thüringen in der demografischen Entwicklung?

Mit freundlichen Grüßen
Anke Hofmann

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DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Hofmann,

auf Ihre Frage gibt es keine einfache Antwort. Die demografische Entwicklung hat vielfältige Ursachen und demzufolge kann nur ein ganzer Katalog von Maßnahmen in Betracht kommen, um auf diese Entwicklung zu reagieren.

Ich plädiere immer dafür, die demografische Entwicklung in Thüringen als Chance zu betrachten. Dass der Altersdurchschnitt der Thüringer steigt, ist doch eine erfreuliche Entwicklung, die aber neue Anforderungen an Politik auf Landes- und kommunale Ebene zur Folge hat. So müssen bei jeder kommunalen Entscheidung die Bedürfnisse und Forderungen von Seniorinnen und Senioren zunehmend beachtet werden, unabhängig, ob es um Angebote im öffentlichen Personennahverkehr geht oder die Gestaltung von Ruhezonen, um nur zwei Beispiele an dieser Stelle zu benennen. Alle Fragen der Stadt- und Gemeindeentwicklung müssen unter Beachtung dieser neuen Bedürfnisse beantwortet werden. Hier empfiehlt sich die Bildung von Seniorenbeiräten, die ein verbindliches Mitsprache- und Entscheidungsrecht in kommunalen Angelegenheiten erhalten müssen.

Selbstverständlich muss auch der Jugend besondere Aufmerksamkeit gelten. Die Abwanderung von jungen Menschen ist kein Naturereignis, wenn auch die Jugend von heute durchaus kein so ausgeprägtes Verbundenheitsgefühl mit der Heimatregion mehr hat. Oftmals sind die mangelnden Zukunftsperspektiven ein Hauptmotiv für Abwanderung. Deshalb brauchen wir in Thüringen attraktive Schul-, Ausbildungs- und Studienangebote, damit sich junge Menschen für Thüringen entscheiden. Ein anderes Schulsystem mit dem gemeinsamen Lernen bis zur 8. Klasse, Kostenfreiheit bei der Schülerbeförderung auch an Gymnasien und Berufsschulen und mehr Geld für diesen Gesamtbereich, sind hier nur einige Stichwort. Nach der Ausbildung und dem Studium muss es aber zudem auch existenzsichernde Berufsperspektiven für junge Menschen geben. Und hier sind die Defizite in Thüringen besonders offensichtlich. Solange Thüringen nicht genügend Arbeitsplätze bieten kann und zudem bei den Löhnen Schlusslicht in der Bundesrepublik ist, werden sich junge Menschen im Zweifelsfall für die Abwanderung entscheiden. In diesem Zusammenhang ist auf die Forderung der LINKEN nach einem flächendeckenden Mindestlohn zu verweisen. Der könnte Thüringer Defizite bei den Berufsperspektiven abbauen helfen.

Darüber hinaus muss der Familienpolitik größere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Hier hat die CDU in den letzten Jahren Mittelkürzungen vorgenommen (z. B. im Bereich der Kindertagesstätten), die wenig familienfreundlich sind. Deshalb fordert DIE LINKE ein Umdenken in der Familienpolitik und unterstützt auch das Bündnis für eine gerechte Familienpolitik. Wir brauchen in Thüringen eine familienorientierte Kindertagesstättenstruktur, die schrittweise gebührenbefreit wird. Dies würde bestimmt junge Menschen motivieren, in Thüringen ihre Familie zu gründen. Wohnortnahe Freizeit- und Kultureinrichtungen, deren Nutzung auch von Familien finanzierbar sind, gehören auch zu den Maßnahmen in Reaktion der demografischen Entwicklungen.

Landes- und Kommunalpolitik müssen sich gemeinsam den Hausausforderungen aus dem demografischen Wandel stellen und nicht die Verantwortung hin und her schieben. Die Maßnahmen dürfen nicht nur auf kurzfristige Effekte ausgerichtet sein, wie die Rückwanderungsprämie. Einfache Lösungen gibt es hier aber auch nicht. Nur eins wird auf alle Fälle nicht funktionieren: ein Einfach weiter so und das Setzen auf das Prinzip *Hoffnung". Ob die von mir beschriebenen aktiven Maßnahmen immer zum Erfolg führen, kann nicht abschließend beurteilt werden. Doch Thüringen wird den neuen Anforderungen nur gerecht, wenn man sich offensiv den neuen Herausforderungen stellt, gemeinsam mit den Betroffenen nach Lösungen sucht und bereit ist, neue Wege zu gehen. In ihrem Regierungsprogramm hat DIE LINKE hierzu zahlreiche Vorschläge unterbereitet. Sie an dieser Stelle alle aufzuzählen, wäre wenig hilfreich. Ich biete Ihnen deshalb an, mir gezielte Nachfragen zu einzelnen Punkten zu stellen. Sehr gern werde ich diese Ihnen beantworten.

Mit freundlichem Gruß

Frank Kuschel