Portrait von Frank Kuschel
Frank Kuschel
DIE LINKE
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Frank Kuschel zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Kathrin G. •

Frage an Frank Kuschel von Kathrin G. bezüglich Innere Sicherheit

Hallo Frank Kuschel,

„Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts.“ Willy Brandt
Deutschland beteiligt sich am Krieg in Afghanistan. Wie ist Ihre persönliche Meinung zur Notwendigkeit dieses Krieges? Wie sollten Kommunen und ihre Vertreter mit Standorten der Bundeswehr vor Ort umgehen? Was halten sie von der öffentlichen, feierlichen Vereidigung und Verabschiedung unserer Soldaten für Kriegseinsätze?

Vielen Dank für Ihre Antwort
Mit freundlichen Grüßen

Kathrin Gäbler

Portrait von Frank Kuschel
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Gäbler,

bekanntermaßen lehnt DIE LINKE als einzige Partei im Deutschen Bundestag jegliche Auslandseinsätze der Bundeswehr ab. Ich persönlich trage diese Forderung der LINKEN vorbehaltlos mit.

Die Konflikte in Afghanistan lassen sich nicht durch massive Militäreinsätze ausländischer Truppen lösen. Dies zeigen die Erfahrungen der letzten Jahre. Ich bin mir schon bewusst, dass es in Afghanistan bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzungen gibt, die insbesondere hohe Opfer unter der Zivilbevölkerung zur Folge haben. Und da darf man unbestritten nicht einfach zusehen. Doch der Einsatz militärischer Mittel von außen führt eben auch nicht zur Befriedung der innerstaatlichen Situation in Afghanistan. Die Alternative ist für mich die Nutzung der Potenziale der Vereinten Nation und ihre Organisationen. Doch dies würde nur Wirkung zeigen, wenn einzelne Staaten wie die USA bereit sind, in Afghanistan auf die Verfolgung eigener nationaler Interessen zu verzichten. Und diese Bereitschaft kann ich gegenwärtig nicht erkennen. Die Bundesrepublik sollte sich aber nicht länger zum Erfüllungsgehilfen der USA machen. Der Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan wäre ein deutliches Signal an die USA, ihre militante Außenpolitik zu überdenken. Der Einsatz der Bundeswehr macht aus meiner Sicht auch militärisch keinen Sinn. Nahezu 80 Prozent der Personalkapazitäten der Bundeswehr sind in Afghanistan zum eigenen Truppenschutz gebunden und somit die Außenwirkung nur sehr gering. Bei einem Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan könnte auch die humanitäre Hilfe vor Ort intensiviert werden. Dies wäre bestimmt ein wirkungsvollerer Beitrag zur schrittweisen Befriedung.

Bekanntermaßen habe ich mein Abgeordnetenbüro in Bad Salzungen. Hier befindet sich auch ein Garnisonsstandort der Bundeswehr, in dem Soldaten für ihren Einsatz in Afghanistan ausgebildet werden. Die in Ihrer Fragestellung sichtbar werdenden Konflikte sind mir deshalb bestens bekannt.

Die politische Auseinandersetzung zu den Auslandeinsätzen der Bundeswehr kann aus meiner Sicht nicht über die Standortkommunen der Bundeswehr und die Kommunalpolitiker geführt werden. Hier sind die Bundes- und Landespolitik gefordert. Dies heißt jedoch nicht, dass Kommunalpolitiker sich hier völlig „bedeckt“ und unpolitisch verhalten sollen. Es ist durchaus angebracht, auch vor Ort Kritik an den Auslandseinsätzen der Bundeswehr zu üben. Diese Kritik muss sich aber vorrangig an die Bundes- und Landespolitik richten. Dafür kann man auch den Weg über die Garnisonleitung wählen.

Was ich von Kommunalpolitikern erwarte ist, dass sie nicht noch die Auslandseinsätze der Bundeswehr verteidigen und befürworten, und sei es nur deshalb, um den Garnisonsstandort nicht in Frage zu stellen. Mir ist schon bewusst, dass für Städte wie Bad Salzungen der Garnisonsstandort eine hohe Bedeutung mit Blick auf Arbeitsplätze und Kaufkraft hat. Andererseits ist es schon fraglich, dass die Entwicklung einer Region in Thüringen ausgerechnet von Auslandseinsätze der Bundeswehr abhängig sein soll. Aus diesem Denkschema muss man raus. Für Garnisonskommunen müssen konkrete Konvergenzkonzepte her, damit eben die Region nicht dauerhaft von der Bundeswehr und deren Auslandseinsätze abhängig bleibt.

Um ein Beispiel zu benennen, wie man auch vor Ort mit diesem außenpolitischen Thema umgehen kann, will ich nochmals auf Vorgänge in Bad Salzungen hinweisen. Seit mehreren Jahren führt die Stadt Bad Salzungen in Zusammenarbeit mit der Bundeswehr den jährlichen Neujahrsempfang in der Werratalkaserne durch. Dabei wird auch immer wieder von den Auslandseinsätzen der Bundeswehr unkritisch berichtet und dafür sogar geworben. Dies halte ich für bedenklich, weshalb ich immer wieder in persönlichen Schreiben an den Bürgermeister meine Nichtteilnahme an diesen Empfängen begründe und dies auch öffentlich mache. Ich bin davon überzeugt, dass die Stadt Bad Salzungen gut daran täte, derartige Empfänge auch mal außerhalb der Werratalkaserne durchzuführen.

Bei den Verabschiedungsveranstaltungen für die Soldaten nach Afghanistan habe ich bisher persönlich auch nicht teilgenommen. Ich habe es bedauert, dass jüngst erst der Bürgermeister von Bad Salzungen ein Ortseingangsschild der Stadt für die Truppen in Afghanistan überreicht hat. Solche Symbolakte halte ich für unangemessen und unnötig. Ich kann natürlich auch die Angehörigen der Soldaten verstehen, die hier meine Haltung nicht teilen. Ich toleriere deren Auffassung, die sehr emotional geprägt sind. Schade ist, dass solche Aktionen wie „Mütter gegen den Krieg“ derzeit in der Öffentlichkeit nicht mehr stattfinden. Solche Aktionen würde ich unterstützen.

Als vor wenigen Wochen drei Bundeswehrsoldaten in Afghanistan ums Leben kamen, habe ich auch meine Bestürzung öffentlich zum Ausdruck gebracht und den Angehörigen mein Beileid ausgesprochen. In dem Zusammenhang habe ich aber auch erneut öffentlich das Ende der Auslandseinsätze der Bundeswehr gefordert. Bedrückend fand ich, dass die NPD dieses schreckliche Ereignis zum Anlass genommen hat, spontan in Bad Salzungen eine Demonstration durchzuführen. Hier sehe ich DIE LINKE in der Pflicht, durch aktive Aktionen den Rechtsextremisten nicht den Raum für ihre politische Selbstdarstellung zu überlassen. Da bleibt auch für mich persönlich noch viel zu tun.

Für weitere Rückfragen stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.

Mit freundlichem Gruß

Frank Kuschel