Frage an Frank Kuschel von Alexander B. bezüglich Verbraucherschutz
Hallo Herr Kuschel,
in einigen Thüringer Städten gibt es zur Abschreckung oder für mehr Sicherheit Überwachungskameras an öffentlichen Plätzen und Verordnungen mit denen ein Alkoholverbot an öffentlichen Plätzen durchgesetzt wird. Was halten Sie von solchen pauschalen repressiven Maßnahmen gegen alle, auch unbescholtener Bürger?
Herzlichen Dank
Alexander Baumgardt
Dass einige Kommunen auch in Thüringen für bestimmte öffentliche Bereiche ein Alkoholverbot aussprechen oder Plätze videoüberwachen lassen, ist für mich reiner Aktionismus, aber auch ein hilfloser Versuch, Probleme aus der öffentlichen Wahrnehmung zu verdrängen. Doch das Prinzip, was in der Öffentlichkeit nicht mehr gesehen wird, gibt es nicht, darf nicht länger als Problemlösung angesehen werden. Unbestritten gibt es im Einzelfall Probleme des Alkoholmissbrauchs in der Öffentlichkeit. Auch kann man beobachten, dass sich Menschen auf markanten Plätzen durch Jugendliche oder *auffällige" Bürger, die nicht dem klassischen Verhaltensmuster entsprechen, belästigt fühlen. Doch die Lösung kann nicht darin bestehen, durch Videoüberwachung oder Alkoholverbot in der Öffentlichkeit hier Abhilfe zu schaffen. Die verantwortlichen Politiker müssen sich vielmehr mit den Ursachen bestimmter Erscheinungen beschäftigen und hier nach Lösungen suchen. Der Alkoholmissbrauch ist in allen sozialen Gruppen ein Problem. Bei vielen findet er jedoch im Verborgenen statt. Alkoholmissbrauch in der Öffentlichkeit ist aus meiner Sicht nur die Spitze des Eisberges. Hier könnten zielgruppenorientierte Betreuungs- und Beratungsmaßnahmen helfen. Dies erfordert unbestritten einen zunächst hohen Personalaufwand, z. B. durch Sozialarbeiter. Doch dieser Aufwand wäre gerechtfertigt, sowohl im Interesse der Betroffenen als auch der Öffentlichkeit.
Die Kommunen sind gegenwärtig auf Grund ihrer Finanzsituation kaum in der Lage, die Kosten für derartige Betreuungs- und Beratungsangebote zu tragen. Hier ist demzufolge die Landespolitik gefordert. Denn das Land bestimmt letztlich die Finanzausstattung der Kommunen. Im Einzelfall kann auch mit Mitteln des Ordnungsrechtes agiert werden (z. B. Aussprechen eines Platzverweises). Doch das darf nur die Ausnahme bleiben und es muss eben gekoppelt sein, mit Betreuungs- und Beratungsangeboten.
Durch ein grundsätzliches Alkoholverbot in der Öffentlichkeit werden aber immer völlig unbeteiligte Bürger mit Sanktionen belegt und dies ist abzulehnen. Die gleiche Wirkung entsteht bei der Videoüberwachung. Deshalb halte ich diese nicht für eine Lösung. Wenn sich beispielweise Jugendliche auf öffentlichen Plätzen aufhalten, dann meist, weil Jugendeinrichtungen oder Freizeit- und Betreuungsangebote fehlen. Aus Gesprächen mit Jugendlichen weiß ich aber auch, dass diese durch ihre Präsenz in der Öffentlichkeit auf ihre Probleme aufmerksam machen wollen. Meist ist dabei ihre Perspektivlosigkeit ein Motiv für ihr Agieren im öffentlichen Raum. Hier muss also aus meiner Sicht die Politik ansetzen. Anstatt zu überwachen, muss mit den Leuten zielgerichtet gearbeitet werden. Da stellt sich aber wieder das Grundsatzproblem, fehlendes Geld in den Kommunen, aber auch oftmals mangelndes Problembewusstsein bei den verantwortlichen Politikern.
Letztlich will ich noch darauf hinweisen, dass es bei vielen Bürgern zu dem Thema Vorbehalte, oft wegen mangelnder Informationen, aber auch bewusster Fehlinformationen, gibt. Hier muss unbestritten stärkere Aufklärungsarbeit betrieben werden. Auch hier sind die Politiker gefordert, derartigen Vorbehalten nicht noch *Nahrung" zu bieten. Und eine solche *Nahrung" ist eben ein pauschales Alkoholverbot in der Öffentlichkeit oder die Videoüberwachung von Plätzen.
Frank Kuschel