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Frage von Christiane S. •

Frage an Frank Kuschel von Christiane S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Kuschel,
ihre Partei fordert in ihrem Programm, dass Harzt IV-Empfänger in Zukunft 500 EUR Regelsatzleistungen pro Monat. erhalten sollen. Unter Einbeziehung der Erstattung für die Kosten der Unterkunft und dem Kindergeld haben "Hartz-IV-Haushalte" monatlich mehr Geld zur Verfügung als mir bekannte Arbeitnehmerhaushalte. Finden Sie es richtig, wenn durch die Erhöhung des Regelsatzes auf 500 EUR pro Monat demzufolge Menschen keine Anreize mehr für reguläre Arbeitsaufnahmen haben und sich stattdessen in der sogenannten "sozialen Hängematte des Staates" ausruhen?

Vielen Dank, Christiane Schön

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DIE LINKE

Es ist unbestritten eine Tatsache, dass es gegenwärtig Beschäftigungsverhältnisse gibt, von denen Menschen kaum leben können und das obwohl sie als vollbeschäftigt gelten. Dieser so genannte Niedriglohnsektor wird immer größer. Die Ursachen hierfür sind vielfältig. Oft liegen die Tariflöhne unterhalb des Mindesteinkommens (Existenzminimum), das durch das Bundesverfassungsgericht bei rund 8.000 EUR + Altersvorsorge (also rund 9.500 EUR) im Jahr bestimmt wurde. Demnach müsste ein Arbeitnehmer im Monat eigentlich mindestens 792 EUR netto pro Monat verdienen. Diese Zahlen beziehen sich nur auf einen Ein-Personenhaushalt. Bei Mehrpersonenhaushalten erhöhen sich die Beträge entsprechend.
Viele Arbeitgeber nutzen aber auch die gegenwärtige Arbeitsmarktsituation aus, um Löhne zu drücken. Andererseits sind aber auch klein- und mittelständige Unternehmen auf Grund der Wirtschaftssituation nicht in der Lage, solche Erlöse und Einnahmen zu erzielen, um angemessene Löhne zahlen zu können. Gewerbetreibende stehen auch vor solchen Situationen. Sie betreiben in der Folge oftmals eine Art Selbstausbeutung. Die von mir beschriebene Situation wird auch dadurch belegt, dass die Zahl der so genannten Aufstocker ständig steigt. Aufstocker sind Menschen, die trotz Arbeit weniger als den Regelsatz bei Hartz IV + Kosten der Unterkunft verdienen und deshalb ergänzende Leistungen durch den Staat erhalten.
Diese Situation kann und wird sich nur ändern, wenn es gelingt, die Binnennachfrage zu erhöhen. Dafür muss die Kaufkraft gestärkt werden. Dies geht nur mit höheren Einkommen, sowohl für Arbeitnehmer als auch für Unternehmer und Gewerbetreibende. Deshalb fordert DIE LINKE zurecht einen flächendeckenden Mindestlohn. Da muss es allerdings für klein- und mittelständige Unternehmen sowie Gewerbetreibende Übergangsregelungen geben, weil die Einkommensverbesserungen durch Mindestlöhne erst mit einer zeitlichen Verzögerung zu einer höheren Kaufkraft führen.
Ich halte es nicht für zielführend, dass im Zusammenhang mit den gegenwärtigen Problemen im Niedriglohnsektor über Reduzierungen bei den Harzt-IV-Leistungen diskutiert wird. Zurecht sprechen die Sozialverbände bei Harzt IV von *Armut per Gesetz". Setzt man die Verfassungsgrundsätze für das Existenzminimum an, ist die Forderung der LINKEN zur Erhöhung der Regelsatzleistungen von gegenwärtig 359 EUR auf 500 EUR pro Monat, nicht überzogen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese Regelleistungen erst gewährt werden, wenn das vorhandene Vermögen bis zur Grenze des so genannten Schonvermögens (250 EUR pro Lebensjahr) aufgebraucht ist. Das Kindergeld wird auf die Höhe der Hartz-IV-Beträge angerechnet, bis auf einen Freibetrag von 30 EUR pro Monat. Dies finde ich nicht in Ordnung, weil bei Besserverdienenden, wie z. B. Abgeordneten, eine solche Aufrechnung auch nicht erfolgt.
DIE LINKE will Hartz IV überwinden und allen Menschen eine existenzsichernde Arbeit bieten. Dies wird nur über einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor funktionieren. Der ist eigentlich finanzierbar, kostet doch ein Hartz IV-Empfänger dem Steuerzahler im Jahr rund 13.500 EUR (eingeschlossen alle Kosten der Verwaltung, Arbeitsintegration usw.). Wenn Sie es wünschen, würde ich Ihnen gern dieses Projekt des öffentlich finanzierten Beschäftigungssektors erläutern. Sie können mir hierzu gern weitere Fragen stellen. Im Übrigen funktioniert dieses Modell in den skandinavischen Ländern bereits seit Jahren, und dies mit Erfolg.
Unter den Voraussetzungen eines flächendeckenden Mindestlohns und eines öffentlich finanzierten Beschäftigungssektors wäre Hartz IV ein Auslaufmodell und es gebe ein ausreichend großes Lohnabstandgebot zwischen Harzt IV- Leistungsempfängern und den Menschen, die einer Erwerbstätigkeit nachgehen.
Bei all diesen Überlegungen der LINKEN wird auch die gegenwärtige Situation von klein- und mittelständigen Unternehmern und Gewerbetreibenden berücksichtigt. Die Einkommenssituation dieser Menschen muss sich im gleichen Maße verbessern, wie bei Arbeitslosen, Harzt IV-Empfängern und Arbeitnehmern im Niedriglohnsektor.

Frank Kuschel