Frage an Frank Henkel von Claus C. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Henkel,
Sie haben in Ihren hier veröffentlichten Fragen mehrfach die Ausweitung der Videoüberwachung, z. B. auf Bahnhöfen, gefordert, und als Begründung dafür sowohl Terrorgefahr als auch Hehlerei und Dealerei angeführt. Es würde mich interessieren, wie Sie insgesamt die Wirksamkeit dieser Maßnahme einschätzen. Wo wird Videoüberwachung in der Praxis tatsächlich etwas bringen? Geht es um alltägliche Kleinkriminalität, um Gewaltdelikte, oder um Terrorabwehr?
Auch ich sehe die täglichen ´kleinen Geschäftsabschlüsse´ auf den U-Bahnhöfen. Und ich sehe sie auch dort, wo es bereits Videoüberwachung gibt. Ein gutes Beispiel ist dafür der U-Bahnhof Westhafen, hell, übersichtlich, und mit einer reichlichen Zahl von Kameras ausgestattet. Eine Verbesserung der Situation ergab sich aber vor allem dann, wenn die Polizei mit Streifen Präsenz auf der U 9 zeigte.
Ließe sich daraus nicht folgern, dass Polizeipräsenz gegenüber technischen Überwachungsmaßnahmen der vielversprechendere Weg ist?
MfG
Claus Colloseus
Sehr geehrter Herr Colloseus,
die Videoüberwachung ist für mich ein wichtiger Pfeiler in der Begegnung von Terrorismus und Kriminalität. Sie ist aber selbstverständlich kein Allheilmittel, sondern ist in beiden Fällen nur wirksam innerhalb eines Gesamtkonzeptes.
Wie ich schon in der Beantwortung einer früheren Frage bei Kandidatenwatch geschrieben habe, lassen sich bei der Terrorabwehr durch Videoüberwachung Attentäter schnell ermitteln und damit eben auch schnell Kontakte und Terrorringe identifizieren und ausheben, von denen die Gefahr eines weiteren Anschlages ausgeht. Das wurde sowohl in London als auch beim jüngsten versuchten Kofferbombenanschlag unter Beweis gestellt. Die Videoüberwachung kann aber natürlich nicht unser einziges Mittel sein! Ich halte in bezug auf die Terrorabwehr deshalb auch die Einigung über die Antiterrordatei für einen wichtigen Schritt, ebenso wie zum Beispiel einen viel engeren Dialog zwischen Behören und islamischen Glaubensgemeinschaften.
Auch was die Kriminalität allgemein betrifft, hat die Videoüberwachung in den Gegenden, wo sie konsequent angewendet wird die Sicherheitslage verbessert. Aber wie sie richtig dargestellt haben: Eine Kamera ersetzt keinen Polizisten auf Streife! In Berlin müssen ganz klar mehr Polizisten auf die Strasse und dort Präsenz zeigen. Auch deshalb halte ich die massive Reduzierung von Polizeipersonal durch den rot-roten Senat für eine fatale Fehlentscheidung! Dazu ist natürlich fraglich was Kameras gegen Kleinkriminalität und Kleindealerei ausrichten, wenn diese immer noch verharmlosend als „Bagatelldelikte“ toleriert werden. Neben der besseren und konsequenteren Überwachung muss deshalb auch ein Null-Toleranz-Kurs gegen jede Form der Kriminalität und des Vandalismus durchgesetzt werden.
Ich halte daher nicht alternativ das eine oder das andere für den besten Weg, sondern die Kombination verschiedener Instrumente, zu denen sowohl die Videoüberwachung als auch eine höhere Polizeipräsenz gehört.
Viele Grüße
Ihr
Frank Henkel