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Frage von Robert S. •

Frage an Frank Henkel von Robert S. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben

Sehr geehrter Herr Henkel
wir haben letzte Woche versucht, im Bezirksamt Tiergarten einen Kinderreisepass für unsere fünf Monate alte Tochter zu beantragen. Als wir freitags um 10:20 Uhr mit Kind am Mathilde-Jacobs-Platz ankamen, wurde uns mitgeteilt, dass bereits keine Nummern mehr ausgegegeben werden würden. Offiziell ist das Bezirksamt an dem Tag bis 13 Uhr geöffnet. Auch persönliche Vorsprache bei der Leiterin der Abteilung brachte nichts, ebenso wie deren Verweis auf die Möglichkeit einer vorherigen Terminvereinbarung (frühester angebotener Termin in einem Monat) so dass meine Frau am darauf folgenden Montag um halb acht beim Bezirksamt erneut vorstellig werden musste, um eine Nummer zu ergattern - wieder mit Kind und Kinderwagen, denn das Kind muss für die Antragstellung vorgezeigt werden.
Ich hatte zwar in der Zeitung schon gelesen, dass die Bezirksämter über einen Stopp der Nummernausgabe indirekt ihre ohnehin mäßigen offiziellen Öffnungszeiten aushebeln, es in dem Ausmaß aber noch nicht selbst erlebt. Dazu kam die aggressive Stimmung sowohl auf Seiten der Besucher als auch der Mitarbeiter, die von allem endlos genervt zu sein schienen, und man insgesamt den Eindruck hatte, es sei nur noch eine Frage der Zeit, bis der Laden explodieren würde. Bekannte konnten mir bestätigen, dass dieser Zustand eher die Regel als die Ausnahme zu sein scheint.
Meine Frage an Sie ist, was Sie zur Verbesserung der gegenwärtigen Situation unternehmen werden, wenn Sie gewählt werden.

Mit freundlichen Grüßen,
Robert Schleicher

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Schleicher,

die chaotischen Zustände in den Berliner Bürgerämtern sind der Öffentlichkeit seit Monaten bekannt. Großen "Erfolg" hatte der Finanzsenator bei seinem Besuch eines Bürgeramts, weil er vorschlug, einfach anders Urlaub zu nehmen und Personal aus anderen (allgemein auch unterbesetzten) Abteilungen abzuziehen. Stadträte aller Parteien waren über diesen realitätsfernen Auftritt entsetzt.

Dies zeigt deutlich, dass es noch manche Baustelle auf dem Weg hin zu mehr Bürgerfreundlichkeit in den Berliner Behörden gibt. Die Ursachen für das Chaos in den Bürgerämtern sind indes schnell gefunden: In vielen Bürgerämtern sind derzeit viel zu wenig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Einsatz, was grundsätzlich nicht auf urlaubs- oder krankheitsbedingte Abwesenheiten zurückzuführen ist. In den letzten Jahren wurden Bürgerämter oder deren Außenstellen geschlossen, Öffnungszeiten verringert und Stellen abgebaut oder nicht neu besetzt. Besonders dramatisch stellt sich die Lage in den östlichen Bezirken dar. So gab es im Bezirk Marzahn-Hellersdorf im Jahr 2006 noch 68 Mitarbeiter in den Bürgerämtern, im Jahr 2010 waren es hingegen nur noch 39. Deutliche Personalreduzierungen gab es auch in Lichtenberg und Treptow-Köpenick sowie in Reinickendorf.

Selbst Bürgerämter in Bezirken, in denen die Beschäftigtenzahl gleich geblieben oder sogar gestiegen ist, scheinen kurz vor einem Kollaps zu stehen, wie die Beispiele in Charlottenburg-Wilmersdorf, Mitte und Neukölln zeigen. Das hat damit zu tun, dass man fast alle Leistungen in allen Bezirken nachfragen kann und die Bürger ausweichen, aber auch damit, dass immer mehr Aufgaben auf den Schultern der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bürgerämter abgeladen wurden.

Es ist daher dringend erforderlich, dass alle freien Stellen in den Berliner Bürgerämtern sofort besetzt werden! Nur so kann man dem derzeitigen Ansturm auf die Berliner Bürgerämter Herr werden. Darüber hinaus muss den Bezirken kurzfristig mehr Geld zur Verfügung gestellt werden, damit diese zusätzliches Personal einstellen können, darunter auch Personal von außerhalb des öffentlichen Dienstes. Dies lässt sich auch durch den Verzicht auf laufende überflüssige Sachausgaben an anderer Stelle finanzieren.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr Frank Henkel