Frage an Frank Henkel von Andrea C. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Henkel,
was ist Ihre Vorstellung von einem sozialen Arbeitgeber ? Ich habe im Laufe meiner Berufsjahre feststellen müssen, dass es immer weniger gerechte Arbeitgeber gibt bzw. diese sehr rar werden.
Selbst ältere Chefs/Chefinnen werden zunehmend im Kleinen - sprich bei Arbeitnehmern - geiziger, gönnen sich selbst immer mehr. Beispiel: Überstunden werden gemacht, jedoch gern, wenn überhaupt, gegen Rechnung oder Quittungen abgerechnet - der "Boss" selbst gönnt sich alles und die Pakete und privaten Bestellungen gehen gut sichtbar ein. Selbst Vorschläge, dass alles als Prämie abgesetzt werden kann, finden kein Gehör.
Ich habe selbst gesundheitsbedingt nur noch einen Minijob, bin aber dennoch hoch motiviert und engagiert. Sollten die kleinen Arbeitnehmer in den Streik treten, können so einige Firmen dicht machen. Ich weiss auch, dass Moral und Ethik nicht gesetzlich festgelegt werden können, aber wie sonst soll es weitergehen ?
Betrachten Sie auch einfach mal die Mieten: Ein Berufsanfänger kann heute, selbst mit einer Bürgschaft der Eltern, nur noch extrem selten eine eigene Wohnung erhalten - weil sich Verwaltungen, Hauseigentümer u.a. darauf nicht einlassen. Im Gegenteil: diese Jammern, aber kaufen eine Wohnung oder ganze Häuser wie die Verrückten. - Ja, klar, die haben alle Angst vor der nächsten Finanzblase...
Thema Schule und Förderung: Schaffen Sie bitte unbedingt und zwingend, die jahrgangsübergreifenden Klassen ab und stellen mehr Lehrer ein, die den Job nicht nur wegen der Absicherung machen. Verbeamten Sie solche Personen, die aus Berufung den Job machen, und vergessen Sie den Rest - vor Allem Frontalunterricht ist gar nicht mehr zeitgemäß.
In Erwartung einer baldigen, nicht mit Politiker-Blabla ergänzten, Antwort verbleibe ich
mit herzlichen Grüßen
Andrea Carls (Jahrgang 1969, Allgemeine Hochschulreife, echte Berliner Pflanze)
Sehr geehrte Frau Carls,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage.
Wahrscheinlich haben Sie persönlich eine schlechte Erfahrung gemacht, aber es gibt nach meinen Eindrücken aus vielen Gesprächen mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nach wie vor in großer Zahl den von Ihnen so genannten „sozialen Arbeitgeber“. Tausende kleiner und kleinster Handwerksbetriebe in Berlin können nur bestehen, weil hier ein kooperativer Führungsstil gepflegt wird, in Krisenzeiten alle verzichten und bei guter Auftragslage von allen richtig ’rangeklotzt´ wird. Lange Betriebszugehörigkeitszeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zeugen davon. Und auch in den großen und größten Unternehmen ist bundesweit Anerkennung und Motivation ein Standard in der Unternehmensführung - weil sonst gute Leute abwandern und die Arbeitsergebnisse schlechter werden. Die Audi AG hat z.B. für 2010 jedem Arbeitnehmer 6.513 € Prämie gezahlt, die Daimer AG 4.150 €.
Berlin hat im Vergleich zu den nächstgrößeren deutschen Städten die niedrigsten Mieten. warum im Einzelfall ein Mietvertrag trotzdem nicht zustande kam, lässt sich ohne Detailinformationen nicht bewerten. In Hinblick auf die Begrenzung der Miethöhe, aber auch um den Abschluss von Mietverträgen generell zu befördern, brauchen wir auch weiterhin ein Überangebot auf dem Wohnungsmark. Daher müssen wir die Neubauleistung auf etwa 6.000 Wohnungen pro Jahr steigern. Es ist kein Geheimnis, dass Berlin nur wenig Haushaltsmittel für Neubauförderung aufbringen kann. Wir wollen deshalb, dass die Wohnungsbaufördermittel des Bundes auch über 2013 hinaus in voller Höhe erhalten bleiben. Gleichzeitig wollen wir die Vergabepolitik des Liegenschaftsfonds im Hinblick auf Grundstückpreise und Parzellengröße so verändern, dass die Kosten für Grund und Boden sinken und damit günstigere Mieten erzielt werden können. Die CDU lehnt daher auch den Verkauf der städtischen Wohnungsbaugesellschaften - auch von Teilbeständen - ab.
Wir teilen Ihre Auffassung zum jahrgangsübergreifenden Lernen. In unserem Wahlprogramm heißt es dazu: „Die Pflicht zum jahrgangsübergreifenden Lernen muss abgeschafft werden. JüL stellt für viele Schulen aufgrund seines komplizierten und eigenwilligen Unterrichtsprinzips eine Überforderung dar. Nichts spricht dagegen, darauf spezialisierte Schulen JüL fortführen zu lassen. JüL funktioniert nur dort, wo es freiwillig stattfindet.“
Und auch zur Verbeamtung der Lehrer haben wir in unserem Wahlprogramm eine klare Position: „Solange die anderen Bundesländer nicht bereit sind, die Verbeamtung von Lehrern aufzugeben, muss auch Berlin wieder zur Verbeamtung zurückkehren.“ Es ist nämlich nicht hinnehmbar, dass die anderen Bundesländer in Berlin auf unsere Kosten gut ausgebildete Lehrer durch eine bessere Bezahlung abwerben und die Berliner Schüler entweder keinen Unterricht bekommen oder aber immer mehr Seiteneinsteiger unterrichten. Der Rot-Rote Senat hat hier seit Jahren nicht gehandelt.
Mit freundlichem Gruß
Ihr Frank Henkel