Frage an Frank Heinrich von Andreas R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Heinrich,
heute hat in einer historischen Abstimmung die deutliche Mehrheit des Stimmvolks in Irland den Weg frei gemacht für die Abschaffung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Beziehungen, denen bislang eine Ehe verwehrt blieb. Historisch war die Abstimmung deshalb, weil in allen anderen Staaten, in denen diese Diskriminierung bislang behoben wurde, Parlamente entschieden haben.
Leider gehört Deutschland zu den sehr wenigen Staaten der westlichen Hemisphäre, in denen die Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare beim Thema Ehe anhält. Auch mir bleiben somit Rechte verwehrt, die von der Bevölkerungsmehrheit wahrgenommen werden können. Umfragen zeigen, dass Deutsche ähnlich positiv abstimmen würden wie Iren.
Geht es den Paaren darum, unabhängig von der Konstellation der sich Liebenden Gleichstellung im Sinne gleicher Rechte und Diskriminierungsfreiheit im Sinne der Anerkennung ihrer Liebe in der Gesellschaft zu erfahren, so wird insbesondere von Seiten der Union argumentiert, dass die Ehe das Ziel habe, Kinder zu erziehen. Gleichzeitig wird Männern, die Männer lieben, und Frauen, die Frauen lieben die Adoption verwehrt. Niemand erwartet hingegen von gemischtgeschlechtlichen Paaren das Kinderkriegen, gleichgeschlechtenlichen Paare verwehrte Rechte können auch kinderlose Ehepartner wahrnehmen.
Mir ist keine Studie bekannt, die belegt, dass Kinder, die in gleichgeschlechtlichen Ehen aufwachsen, Defizite vorweisen würden. Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt zugunsten einer Gleichstellung entschieden, die vom Gesetzgeber ignoriert bleibt.
Was ist die Ursache für die Diskriminierung meiner sexuellen Orientierung? Sollte der Schutz vor Diskriminierung nicht gerade Minderheiten einbeziehen?
Meine Frage daher: Wann wird Deutschland seinem Ruf einer modernen Gesellschaft gerecht und schafft die Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare ab und öffnet die Ehe für alle sich Liebenden?
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Reichhardt
Sehr geehrter Herr Reichardt,
vielen Dank für Ihre Nachfrage. Die Abstimmung in Irland ist tatsächlich von historischem Ausmaß und ein Zeichen gegen die Diskriminierung von Menschen in gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften. Als solche ist sie ausdrücklich zu würdigen. Wie Sie vielleicht wissen, setze ich mich in meiner Fraktion seit längerem dafür ein, Benachteiligungen für Lebenspartnerschaften politisch auszugleichen, und nicht immer wieder erst auf Urteile des Bundesverfassungsgerichtes zu warten (Stichwort: „Wilde Dreizehn“).
Zugleich - und ich bin immer wieder überrascht, dass diese beiden Positionen von verschiedenen Seiten als unvermittelbar angesehen werden - halte ich daran fest, dass die Ehe zwischen Mann und Frau im Grundgesetz einen besonderen Schutz genießt. Es geht für meine Begriffe nicht darum, Ehe und Lebenspartnerschaft ineinander aufgehen zu lassen, sondern als zwei unterschiedliche Rechtsinstitute bestehen zu lassen. Dabei darf natürlich eine Privilegierung des einen nicht zur Diskriminierung des anderen führen. Dafür werde ich mich weiterhin einsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Frank Heinrich