Frage an Frank Heinrich von Petra A. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Herr Heinrich,
wenn eine Zuwanderung unkontrolliert und nicht in Abstimmung mit den Menschen sondern rein aus ökonomischen oder politischen Gründen erfolgt, ist diese dann gut? Verlierer sind aus meiner Sicht unqualifizierte Zuwanderer, die mit zu großen Erwartungen und Versprechungen nach Deutschland kommen, aus ihrem gewohnten Lebensumfeld herausgerissen werden und mit der Kultur und der Gesellschaft in unserem Land nicht zurechtkommen. Aber aus meiner Sicht kann auch die hiesige Bevölkerung ein Verlierer sein, wenn eine zu hohe Zuwanderung zu Arbeitsplatzmangel und Ghettoisierung ihres Lebensumfeldes führt, der Sozialstaat belastet wird und somit der Innere Frieden gestört wird. Stimmen Sie dem zu?
Gerne sende ich Ihnen diesen Link mit:
www.fr-online.de/arbeit---soziales/armutsmigration-riexinger-greift-csu-an,1473632,25746234.html
Wie Sie anhand dieses Links sehen können, sagte Herr Riexinger u.a. folgendes:
„Wenn eine Regierungspartei gegen Ausländer hetzt, darf man sich nicht wundern, wenn braune Gewaltbanden Taten folgen lassen. Hetze hilft niemandem.“
Was soll denn an dem CSU-Vorstoß "Hetze" sein? Bisher stand besagten Personen meines Wissens diese Sozialleistungen auch nicht zu.
Bei rp-online.de steht u.a. folgende Arbeitsmarktprognose:
"Arbeitslose würden von den neu geschaffenen Arbeitsplätzen aber nur vergleichsweise wenig profitieren. Ihnen fehle es oft an der erforderlich Qualifikation. "Arbeitslose und das Angebot an offenen Stellen passen oftmals nicht zusammen", stellen die IAB-Wissenschaftler fest. Daher würden Unternehmen neue Stellen immer häufiger mit gut ausgebildeten Zuwanderern aus Süd- und Osteuropa besetzen".
Wenn man dieser Prognose glauben darf, wird es für viele Arbeitslose wohl keine neue Chance auf einen neuen Job geben.
Warum missachtet die Politik das?
Seit Jahren beschäftige ich mich mit dem Thema und habe viele ausländische Freunde.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Althoff
Sehr geehrte Frau Althoff,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Sie sprechen einige Probleme an, die sich im Bereich Zuwanderung ergeben. Vielleicht zunächst zu dem Begriff „Hetze“, den Sie bei Herrn Riexinger gefunden haben. Ich stimme Ihnen zu, dass man den Hinweisen und Vorschlägen der CSU nicht vorschnell und pauschal Ausländerfeindlichkeit unterstellen oder sie gar in die Nähe „brauner Gewaltbanden“ rücken darf. Vielmehr geht es darum, auch die Probleme zu benennen und die Befindlichkeiten der Bürger wahrzunehmen. Leider sind dabei einige Äußerungen über das Ziel hinaus geschossen. So wurde von „Sozialtourismus“ gesprochen. Das wurde nicht zu Unrecht zum Unwort des Jahres. Es suggeriert das vermeintlich bequeme Leben einer Pauschalreise - aber so ist die Lebenswirklichkeit der Zuwanderer nicht, weder in den Herkunftsländern und für viele auch nicht in Deutschland, wie Sie ja auch feststellen.
Deutschland braucht aus ökonomischen und demographischen Gründen eine qualifizierte Zuwanderung. Die Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU ist - neben anderen - ein Instrument dafür. Unqualifizierte Zuwanderer können sonst auch in Deutschland tatsächlich schnell zu Verlierern werden, die in prekären Beschäftigungsverhältnissen landen. Eine Schattenseite dieser qualifizierten Zuwanderung ist der sogenannte „brain drain“, der Verlust an gut ausgebildeten Fachkräften in den Herkunftsländern, die sich besonders in Entwicklungs- und Schwellenländern negativ auswirkt.
Was sich bisher nicht verifizieren lässt, ist die Behauptung, durch Zuwanderung gingen Arbeitsplätze für die, wie Sie es nennen, „hiesige Bevölkerung“ verloren. Im Gegenteil, viele Fachkräfte sichern den Fortbestand von Firmen, auch schaffen viele Migranten als selbstständige Unternehmer Arbeitsplätze. Mit einer Beschäftigtenzahl von knapp 42 Millionen hat die Bundesrepublik 2013 den höchsten Stand nach 1990 erreicht, zugleich ist die Arbeitslosenquote deutlich auf ca. 5% gesunken - und das bei einem „Wanderungsgewinn" von rund 350.000 Migranten im vergangenen Jahr (eine Million Zuzüge, 650.000 Wegzüge, Zweidrittel Zuwanderung aus der EU). Qualifizierte Fachkräfte werden weiterhin gesucht. Das Problem des Arbeitsmarktes ist nicht Migration, sondern Qualifikation.
Das Thema Innerer Frieden, das Sie ansprechen, und damit die gesamte Frage nach Integration wird uns weiter beschäftigen. Insbesondere im Bereich des Spracherwerbs und der Schulbildung besteht Nachholbedarf.
Übrigens ist mir wichtig, die Themenfelder Arbeitsmigration und Flüchtlingshilfe nicht zu vermengen. Flüchtlingen steht eine grundgesetzlich garantierte Hilfe bzw. Asyl zu. Die Kriterien dafür sind politische, ethnische oder andere Verfolgungen in ihrem Herkunftsland. Ihre Ausbildung oder ein ökonomischer Nutzen spielen in diesem Verfahren keine Rolle. Und das ist gut so - es geht ausschließlich um humanitäre Hilfe.
Nochmals vielen Dank für Ihre Kontaktaufnahme. Wenn Sie regelmäßig über meine Arbeit für Chemnitz in Berlin informiert werden möchten, abonnieren Sie gern meinen monatlichen Newsletter (http://www.frankheinrich.de/dabei-sein/newsletter.html). Einmal monatlich findet auch mein Stammtisch statt im City Pub, Brückenstraße 3, 21-23 Uhr, bei dem sich in lockerer Runde über alle möglichen Themen ausgetauscht werden kann. Die nächsten Termine sind 23. Januar und 6. Februar. Wenn Sie mögen, schauen Sie mal vorbei.
Mit freundlichen Grüßen
Frank Heinrich