Frage an Frank Heinrich von Angelika H. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Heinrich,
vor kurzem lief im MDR eine Reportage über die Insassen der Haftanstalt in Dresden. U.a. erzählten die Häftlinge von ihren Arbeitsmöglichkeiten im " Knast ". Viele können dort in ihrem Beruf arbeiten bzw. erhalten die Möglichkeit zur Umschulung oder zur Erstausbildung. Das finde ich sehr gut, besonders in bezug auf die Resozialisierung. Aufhorchen ließen mich allerdings die Verdienstmöglichkeiten: Mindestlohn 8,50 €/Stunde bis 12 € Facharbeiterlohn. Hintergrund meiner Frage an Sie ist die Arbeitslosigkeit eines sehr nahen Verwandten. Dieser erhielt jetzt von der Arge eine Aufforderung, eine Tätigkeit in der Landwirtschaft anzunehmen, welche bei 4 €/h liegt. Da die Löhne in der Landwirtschaft in der Regel um die 5-6 €/h liege, sei nicht von einer Sittenwidrigkeit zu sprechen. Herr Heinrich, läuft hier nicht etwas an die Wand? Wie kann ich einem Arbeitslosengeld II-Empfänger (im Volksmund HartzIV) erklären, dass Strafgefangene eine größere Unterstützung erfahren als Arbeitslose? Wie kann es sein, dass durch staatliche Sanktionen seitens der Arge Arbeitgeber regelrecht aufgefordert werden, solche, meiner Meinung nach, sittenwidrigen Löhne zu zahlen, nach dem Motto "Das Amt zahlt zu"?
Mit freundlichen Grüßen
Angelika Hörner
Sehr geehrte Frau Hörner,
vielen Dank für Ihre Frage.
Nach Auskunft der Justizvollzuganstalt Dresden erhalten die Gefangenen einen durchschnittlichen Stundenlohn von 1,35 Euro. Der bundeseinheitliche Verdienst von Häftlingen liegt bei rund zehn Euro pro Tag. Nach den mir vorliegenden Informationen trifft es also nicht zu, dass Strafgefangene mehr Unterstützung erfahren als Arbeitsuchende. Möglicherweise hat die Sendung einfach einen falschen Eindruck vermittelt.
Die aktuelle Rechtslage besagt Folgendes zur Sittenwidrigkeit von Löhnen: "Wenn das Tarifniveau um zwei Drittel unterschritten wird, ist die Vergütung sittenwidrig." Daher argumentiert die Agentur für Arbeit in dem von Ihnen beschrieben Fall, dass es sich nicht um eine sittenwidrige Bezahlung handele. Ihre Schlussfolgerung, die Agentur würde Arbeitgeber auffordern, niedrige Löhne zu zahlen, kann ich nicht nachvollziehen. Mir läge stattdessen sehr daran, die Arbeitgeber in die Pflicht zu nehmen, eine gute Leistung entsprechend zu entlohnen. Den Sozialstaat für Niedriglöhne verantwortlich zu machen, ist hier meiner Meinung nach nicht gerechtfertigt.
Ich hoffe, Sie können meine Argumente nachvollziehen.
Mit herzlichen Grüßen
Frank Heinrich