Frage an Florian Post von Joschka M. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Post,
in den letzten Tagen habe ich viel über das Verbot der Kastration ohne Betäubung von männlichen Ferkeln gehört.
Das Gesetz sollte am 1. Januar 2019 in Kraft treten. Leider hat die GroKo für eine Verschiebung des in-kraft-tretens gesorgt.
Nun meine Frage: Warum wird das Tierschutzgesetz (Tiere dürfen keinen unnötigen Qualen ausgesetzt werden) einfach ignoriert?
Welche Gründe gibt es für den die Verschiebung?
Und wenn die Betäubung für die Betriebe zu teuer ist: Warum wird das nicht einfach auf den Verbraucher umgelegt? (Pro Kastration ca. 5 Euro. Das würde die Wurst am Ende nur weniger als 50 Cent teurer machen)
Und nun eine persönliche Frage an Sie: wie stehen Sie zu der Verschiebung?
Danke schon mal für Ihre Antwort
Mit freundlichen Grüßen
J. M.
Sehr geehrter Herr M.,
vielen Dank für Ihre Frage vom 12. November 2018, in der Sie Ihre Enttäuschung über die Einbringung des Gesetzentwurfs zur Fristverlängerung der betäubungslosen Ferkelkastration zum Ausdruck bringen.
Am Donnerstag, dem 29. November 2018, hat der Bundestag über den Gesetzentwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes abgestimmt, der u.a. die Möglichkeit, Ferkel ohne Betäubung zu kastrieren, um zwei Jahre ausdehnt. Für mich stand hierbei das Tierwohl im Vordergrund. Daher habe ich als einer von neun Bundestagsabgeordneten der SPD-Bundestagsfraktion gegen den Gesetzentwurf gestimmt.
In der Vergangenheit hat das CSU-geführte Bundeslandwirtschaftsministerium es unterlassen, für Rahmenbedingungen zu sorgen, die in der Ferkelaufzucht tierschutzgerechte Alternativen zulassen. Dieser Fehler lässt sich heute nicht mehr korrigieren. Allerdings trifft dies nicht den eigentlichen Kern der Fragestellung, der lauten sollte, ob eine Fristverlängerung der betäubungslosen Ferkelkastration notwendig ist. Dies ist meiner Einschätzung nach nicht der Fall.
Wir haben in den letzten Wochen über die verschiedenen Varianten der Ferkelkastration diskutiert: sowohl über die lokale Betäubung (Spritze), die Narkose mit dem Mittel Isofluran (Inhalationsnarkose) unter Verwendung von Masken als auch über den Weg ohne chirurgischen Eingriff, die Immunokastration. Auch die Ebermast kann ein Weg sein, schließlich entwickeln nur wenige Prozente der Schweine den sogenannten Ebergeruch und -geschmack. Und selbst dies muss einer Verwertung des Fleisches nicht im Wege stehen. Sicher bringt die Ebermast eigene Anforderungen in der Tierhaltung, um zu verhindern, dass sich die Eber nicht gegenseitig verletzen. Letztlich ist dies aber eine Anforderung, die mit der Schweinezucht einhergehen muss.
Während Isofluran erst seit wenigen Tagen zum Zweck der Ferkelkastration allgemein zugelassen ist und die Landwirte heute in der Breite auch noch nicht über die erforderlichen Apparaturen verfügen, ist die Immunokastration bereits im Einsatz, etwa in Biobetrieben. Es gibt hier offenbar keine Lieferengpässe. Sie wird auch in anderen Ländern schon praktiziert und die Landwirte können diese in zwei Schritten erfolgende Behandlung selbst vornehmen, nachdem sie entsprechend geschult worden sind. Die Sachverständigen haben dieses Verfahren im Rahmen der Öffentlichen Anhörung für sich genommen nicht in Frage gestellt und teilweise klar favorisiert. Einige wandten nur ein, dass immunokastrierte Schweine, ebenso wie Schweine aus der Ebermast (ohne Kastration), von Großschlachtereien und Groß-Fleischverarbeitern nicht angenommen würden.
Fakt ist aber auch - und dies blieb in der Anhörung ebenfalls unbestritten, dass es Länder gibt, die gänzlich auf Kastrationen verzichten und dennoch sogar zu Ferkel- bzw. Fleisch-Exporteuren zählen, so etwa Spanien.
Mit freundlichen Grüßen
Florian Post