Frage an Florian Post von Sandra B. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Post,
wie Ihren "KollegInnen" in meinem Wahlkreis, stelle ich auch Ihnen ein paar Fragen zu Griechenland:
Das Griechenland-Thema ist in aller Munde - und mir stellt sich die Frage, nachdem in sämtlichen Umfragen klar ist, wie der Souverän dazu steht, wie die "Volksvertreter", also auch Sie, die in dessem Namen abstimmen sollen, diese Aufgabe wahrnehmen?
Es gibt einige offene Fragen, die ich Ihnen heute deshalb stellen möchte:
Wieviel Geld verliert Deutschland als Gläubiger, wenn es für Griechenland zu einem 100% Schuldenschnitt kommt? Wieviel Geld verliert Deutschland, wenn Griechenland aus dem EURO austritt? Wieviel Geld hat Deutschland unwiderbringlich an Griechenland bis heute gezahlt und um welchen Betrag erhöht sich das, wenn das Hilfsprogramm um 4 Monate verlängert wird? Was bedeutet all das für das deutsche Sozialsystem - und dabei insbesondere auf Themen wie Rente etc.? Bitte beantworten sie diese Fragen mit konkreten Zahlen oder teilen sie mir mit, wenn diese Ihnen nicht vorliegen. Es wäre sehr nett, wenn Sie auf algemeine Antworten ohne Fakten, oder Phrasen, die mir bereits aus der Tagespresse bekannt sind, verzichten könnten. Vielen Dank.
Was mich außerdem natürlich, besonders hinsichtlich meines zukünftigen Wahlverhaltens, interessiert, sind Antworten auf meine folgenden Fragen:
Werden sie der Verlängerung des Hilfsprogramms am Freitagvormittag 27.02 zustimmen ? Wenn ja, unter welchen Bedingungen werden sie der Verlängerung des Hilfsprogramms am Freitagvormittag 27.02 zustimmen?
Es würde mich freuen, auf diese - für unsere Gesellschaft elementaren - Fragen, Antworten zu erhalten. Vielen Dank dafür!
Herzliche Grüße,
Sandra Baumann
Sehr geehrte Frau Baumann,
vielen Dank für Ihre Frage vom 26. Februar 2015 zur Verlängerung der EU-Kredite an Griechenland.
Ich möchte gerne Ihre Fragen nacheinander beantworten.
1) Wieviel Geld verliert Deutschland als Gläubiger, wenn es für Griechenland zu einem 100% Schuldenschnitt kommt?
Deutschland ist über verschiedene Institutionen (IWF, EZB und vor allem dem ESM) Gläubiger von 70 Milliarden Euro. Diese würden bei einem hypothetischen 100%igen Schuldenschnitt wertlos. Da sich der IWF nie an Schuldenschnitten beteiligt und ein Schuldenschnitt für die EZB auf Grund des Staatsfinanzierungsverbotes ausgeschlossen ist, wird es zu diesem kompletten Schuldenschnitt aber nicht kommen.
2) Wieviel Geld verliert Deutschland, wenn Griechenland aus dem EURO austritt?
Es ist davon auszugehen, dass der sogenannte Grexit wenigstens ebenso teuer wäre, da die neue Drachme zu schnell an Wert verlieren würde, um eine Rückzahlung irgendwelcher Schulden möglich zu machen und übrige Staatsanleihen oder Bankensicherheiten von Krisenländern auch unsicherer würden (allen voran Italien und Spanien). Eine klare Zahl lässt sich hier allerdings nicht nennen, da es auch auf Marktreaktionen auf diesen Austritt ankommt.
3) Wieviel Geld hat Deutschland unwiederbringlich an Griechenland bis heute gezahlt?
Die Bundesrepublik Deutschland hat direkt bis zu diesem Zeitpunkt kein Geld unwiederbringlich verloren. Der Schuldenschnitt im Frühjahr 2012 betraf nur private Institutionen unter denen aber auch u.a. die Commerzbank war, die anschließend durch die Bundesregierung gerettet werden musste. Ob es sich bei dieser Rettung aber vor allem um schlechtes Risikomanagement der Banken handelte – schließlich haben diese an den hohen Zinsen zuvor auch gut verdient – oder eine Hilfe für Griechenland, darüber lässt sich streiten.
Bei den direkt geleisteten Hilfen handelte es sich um Kredite mit relativ niedrigen Zinssätzen, die dem deutschen Staat zugutekommen. Alleine Im letzten Jahr hat die EZB mit Zinseinnahmen aus griechischen Staatsanleihen etwa 298 Millionen Euro Gewinn gemacht. Entsprechend ihres Kapitalanteils an der EZB von 26 Prozent dürfte die Deutsche Bundesbank davon rund 77 Millionen Euro erhalten. Auch in den Vorjahren hat die Bundesrepublik über Zinserträge ähnliche Einnahmen erhalten, so dass die Gesamtzahlungen von Griechenland seit Anfang der Krise etwa eine halbe Milliarde betragen dürften.
4) Um welchen Betrag erhöht sich das [der Verlust], wenn das Hilfsprogramm um 4 Monate verlängert wird?
Um 0 Euro, da es sich um eine Verlängerung von Krediten handelt – nicht um eine Ausweitung – und diese Verlängerung direkt Einnahmen statt Ausgaben generiert.
5) Was bedeutet all das für das deutsche Sozialsystem - und dabei insbesondere auf Themen wie Rente etc.?
Das kommt sehr auf den Ausgang der Griechenlandkrise an. Ein Austritt Griechenlands aus dem Euro hätte große finanzielle Verluste zur Folge, da dadurch eine Rückzahlung praktisch ausgeschlossen wäre. Eine langfristige Rückzahlung der Schulden hätte keine Einschnitte zur Folge. Das Thema hat leider keine einfache Antwort und ist vor allem auch nicht damit gelöst, Griechenland mit seinen Problemen alleine zu lassen.
6) Wie werde/habe ich zur Verlängerung der Finanzhilfen an Griechenland gestimmt?
In der Eurokrise hat der Bundestag große Verpflichtungen aufgenommen um den Bankrott von Griechenland aufzuhalten, der ähnliche Situationen in Italien, Spanien, Portugal und Irland wahrscheinlich gemacht hätte. Heute ist ein wirtschaftlich am Boden liegendes Griechenland der schlechteste Partner, um diese Schulden zurückzuerhalten. Die versprochenen Reformen lassen hoffen, dass endlich die Steuerhinterziehung in Griechenland bekämpft und somit Einnahmen erhöht werden können. Griechenland wird aller Wahrscheinlichkeit nach für 2015 einen ausgeglichenen Primärhaushalt erreichen. Jetzt die Kredite nicht zu verlängern, würde den deutschen Steuerzahler deutlich teurer zu stehen kommen als eine Verlängerung, die nicht mit zusätzlichen Kosten verbunden ist.
Darum habe ich für die Verlängerung der Kredite gestimmt.
Mit freundlichen Grüßen
Florian Post