Frage an Florian Post von Helmut P. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Post,
in den letzten Tagen wurde ein Urteil des Sozialgerichts Dortmund (Az: S19AS5107/13 ER) bekannt, in dem einer im Juli 2013 aus Spanien angereisten Familie ( Eltern + 4 Kinder), zumindest vorläufig , Hartz IV –Unterstützung in Höhe von 1.033 € monatlich zuerkannt wurde.
Außerdem gehe ich davon aus, dass ab dem Einreisedatum bereits Kindergeld fällig wurde.
Diese Familie ist auf „Gut Glück“ eingereist, ohne jemals einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachzugehen.
Das behaupten unsere Politiker : „Wo Sozialleistungen zu Unrecht beansprucht werden, muss dies unterbunden werden. EU-Ausländer, die in Deutschland nicht arbeiten, haben grundsätzlich keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II“. Nach dieser stets geäußerten Stellungnahme dürfte eine Unterstützung dann ja keinesfalls gerechtfertigt sein !
Das ist genau die Gefahr, die wir Bürger aus der grenzenlosen Globalität mit Zahlmeister Deutschland innerhalb der EU sehen. Die etablierten Parteien sollten aus dem Beispiel Schweiz lernen, die Befürchtungen der Bürger ernst zu nehmen, sie nicht einfach in die rechtsgerichtete Ecke zu stellen, sondern den Ursachen nachzugehen. Die Familie aus Spanien ist zu bedauern, dass sie ihre Zukunft nicht in ihrem Heimatland sieht, aber Deutschland kann die Probleme der EU und dieser Welt nicht schultern !
Wie wollen Sie und Ihre Partei diesen Griff in unsere Sozialkassen unterbinden ?
Mit freundlichen Grüßen
Helmut Pögl
Sehr geehrter Herr Pögl,
vielen Dank für Ihre Frage vom 10.02. zum Urteil des Dortmunder Sozialgerichts. In Bezug auf die rechtsspezifischen Besonderheiten dieses Einzelfalles kann ich Ihnen auf Grund fehlenden Detailwissens nur begrenzte Antworten geben.
Die populistische Annahme (und politische Behauptung), unsere Sozialsystem werden derzeit von EU-Bürgern aus finanziell schwächeren Staaten überschwemmt, ist schlichtweg falsch. So waren etwa Mitte 2013 7,4 Prozent der Bulgaren und Rumänen in Deutschland arbeitslos gemeldet. Das sind zwar 0,7 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr, aber immer noch weniger als im Bevölkerungsdurchschnitt (7,7 Prozent).
Rein rechtlich gilt in Bezug auf „den Griff in unsere Sozialkassen“ das Sozialgesetzbuch (konkret: § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II) wonach „Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen“ vom Erhalt von Hartz IV ausgeschlossen sind.
Das Dortmunder Gericht verfolgte in seinem Urteil wohl die Ansicht, dass Hartz IV keine Sozialleistung sei, sondern eine sogenannte "besondere Leistung", die etwa zur gezielten Unterstützung bei der Job-Suche gedacht sind. Diese Leistungen zur Job Suche müssen laut Gemeinschaftsrecht auch anderen EU-Bürgern zugutekommen. Da das Gericht vorläufig und in einem Eilverfahren entschieden hat und ein Gerichtsurteil des EUGH in diesem Zusammenhang erwartet wird, ist diese Betrachtung alles andere als abschließend. Im Sinne des deutschen Gesetzgebers ist sie nicht.
Soviel zum rechtlichen Rahmen. Grundsätzlich sollten wir im Zweifel nicht nationalistischen Tendenzen (wie etwa in der Schweiz geschehen) nachgeben. Freizügigkeit ist eine der großen Errungenschaften Europas und ausländische Fachkräfte eine Stütze der deutschen Wirtschaft. Eine ablehnende oder gar feindliche Haltung gegenüber anderen EU-Bürgerinnen und -Bürgern würde uns somit nicht nur finanziell, sondern auch der Europäischen Idee schaden.
Mit besten Grüßen
Florian Post