Frage an Florian Herrmann von Hans-Georg B. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Herrmann,
im merkur-online (http://www.merkur-online.de/aktuelles/bayern/mollath-ausschuss-endet-streit-2986203.html) wird berichtet, dass Sie an Herrn Mollath appellieren gegenüber der Psychiatrie kooperativ zu sein. „Es wäre hilfreich für alle, wenn Mollath sagen würde: Ich wirke mit.“ Bestandteil zivilisierten Rechtssysteme ist es, dass einem Beschuldigten zugestanden wird, dass er sich nicht selber belasten muss. Die Ankläger müssen dem Beschuldigtem nachweisen, was sie meinem ihm Nachweisen zu können. Warum sollte Herr Mollath sich also begutachten lassen? Verlangen Sie nicht von ihm dass er auf dieses Grundrecht europäischer Strafrechtskultur verzichtet zu Anschuldigungen - hier der Anschuldigung Wahnkrank zu sein – schweigen zu dürfen? Ist es generell Ihre Absicht generell Beschuldigten dieses Recht zu schweigen zu nehmen? Sollen nach Ihren Absichten in Zukunft Beschuldigte ihre Unschuld beweisen müssen? Begreifen Sie die Ungeheuerlichkeit Ihrer Aufforderung an Herrn Mollath mit seinen Peinigern zu kooperieren? Und wenn schon psychiatrische Gutachten: warum werden die Gutachten die Herrn Mollath bescheinigen nicht krank zu sein nicht berücksichtigt?
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Georg Beuter
Sehr geehrter Herr Beuter,
vielen Dank für Ihre Zuschrift. Sie haben natürlich Recht, dass die Unschuldsvermutung gilt und niemand sich selbst belasten muss. Aber darum geht es hier nicht. Herr Mollath wurde wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen und aufgrund der vom Gericht angenommenen Gemeingefährlichkeit in die Psychiatrie eingewiesen. Dieses Urteil ist rechtskräftig und wurde vom BGH auch nicht aufgehoben. Das ist aus der Sicht der Gerichte und des psychiatrischen Krankenhauses der Stand der Dinge. Im Rahmen der Unterbringung wird regelmäßig geprüft, ob die Unterbringung noch notwendig ist. Dies können die Gerichte nicht aus eigener Sachkunde entscheiden, sondern beauftragen dafür Psychiater mit der Erstattung von Gutachten. Auch an der Erstellung des Gutachtens muss niemand mitwirken. Herr Mollath soll dazu auch nicht gezwungen werden. Ich hielte es nur für sinnvoll, da dies dem Arzt, der das Gutachten erstatten muss, die Arbeit deutlich erleichtern würde. So bleibt dem Arzt doch nichts anderes übrig, als von Beobachtungen aus dem Klinikalltag, der Aktenlage etc. zu seinen Schlussfolgerungen zu kommen. Könnte der Arzt zB durch persönliche Gespräche sich einen unmittelbareren Eindruck verschaffen, käme er möglicherweise schneller zu der Einschätzung, dass Herr Mollath nicht mehr untergebracht werden muss. Nur um das geht es.
Das Problem im Fall von Herrn Mollath ist doch, dass bestritten wird, dass das seinerzeitige Urteil richtig ist. Ob das so ist oder nicht, kann ich auch nicht beurteilen (das ist übrigens auch nicht Gegenstand unseres Untersuchungsausschusses, weil der Landtag nicht in die Unabhängigkeit der Gerichte eingreifen kann). Daher wurde ja auch vom Verteidiger und von der Staatsanwaltschaft das Wiederaufnahmeverfahren beantragt. Dort wird sich zeigen, ob unter Berücksichtigung der neuen Fakten, die bekannt wurden, das Urteil richtig war oder aufgehoben werden muss.
Unabhängig vom Fall Mollath, wo es eben Zweifel am Urteil gibt, würden Sie doch auch in anderen Fällen (in denen es diese Zweifel nicht gibt), nicht sagen, dass ein gefährlicher Gewalttäter deshalb nicht mehr psychiatrisch untergebracht werden soll, weil er seine Gemeingefährlichkeit leugnet und sich daher an Untersuchungen nicht mitwirkt.
Mit freundlichen Grüßen,
Florian Herrmann