Frage an Florian Herrmann von Guido L. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Dr. Herrmann,
Ihr Parteivorsitzender und bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer will jetzt, nach dem Bürgerbegehren zur Abschaffung der Studiengebühren (Beteiligung: 14,4%) diese wieder abschaffen, obwohl die Studiengebühren im Koalitionsvertrag mit der FDP festgeschrieben wurden.
Seehofer droht momentan sogar mit einem Bruch der Koalition mit der FDP (siehe z.B. http://www.sueddeutsche.de/bayern/streit-um-studiengebuehren-csu-droht-fdp-mit-koalitionsbruch-1.1591307 ).
Meine Fragen:
- Was sagen Sie zum plötzlichen Sinneswandel von Horst Seehofer?
- Stimmen Sie meiner These zu, dass Seehofer (und die CSU insgesamt) mehr Angst vor einem (von den Freien Wählern initiierten) Volksentscheid zur Abschaffung der Studiengebühren hat als vor einem Koalitionsbruch?
Ihr Vater Prof. Dr. mult. Wolfgang A. Herrmann ist der Präsident der Technischen Universität München (siehe http://portal.mytum.de/tum/praesident/index_html ) und gleichzeitig CSU-Mitglied. Bei einem Wegfall der Studiengebühren würde (u.A.) die TUM keine regelmäßigen Geldeinnahmen durch die Studentenschaft mehr haben.
- Wissen Sie, wie die fehlenden Studiengebühren kompensiert werden sollen, ohne dass die Qualität der Ausbildung (nicht nur) an der TUM leidet?
- Wissen Sie, wie sich Ihr Vater zu diesem "Spagat" positioniert?
Wenn ja:
- Was sagt er?
- Wie positionieren Sie sich persönlich zur Abschaffung der Studiengebühren (dafür/dagegen)?
Für Ihre hoffentlich aufschlussreiche Antwort im Voraus herzlich dankend verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen aus Eching (Ihr Wahlkreis)
Guido Langenstück
Sehr geehrter Herr Langenstück,
meine Position zum Thema "Studienbeiträge" war eigentlich der Lokalpresse schon zu entnehmen. Gerne antworte ich aber auch hier auf Ihre Fragen.
Ich halte es für richtig, die Studienbeiträge nun abzuschaffen und die Hochschulen und Universitäten vollständig über Steuern zu finanzieren. Ich habe die Studiengebühren zwar nie für unsozial gehalten, weil sie eben tatsächlich durchaus an der Leistungsfähigkeit der Studierenden orientiert waren und weil natürlich ein Hochschulstudium eine ganz andere berufliche Perspektive eröffnet, die es grundsätzlich auch rechtfertigt, dafür einen eigenen finanziellen Beitrag zu leisten. Andere Berufe, wie beispielsweise bei der Meisterausbildung, müssen dies ja auch tun. Die soziale Komponente wird dadurch auch deutlich, dass über die reine Steuerfinanzierung der Hochschulen jeder mit seinen Steuern auch das Studium derer finanziert, die später allein den „Vorteil“ davon haben.
Letztlich haben sich die Pro- und Contra-Argumente bzgl. der Studienbeiträge nicht geändert.
Neu ist aus meiner Sicht folgendes: Bayern ist das einzige Land, das dann noch die Studierenden zu Beiträgen heranzieht. Mit Blick auf die gute Haushaltslage und der Tatsache, dass wir über den Finanzausgleich andere Ländern mitfinanzieren, die ihren Studierenden keine Beiträge auferlegen, ist das heute (im Gegensatz zu 2006) nur noch schwer vermittelbar. Daher ist es auch richtig, den Schritt zu gehen und die Studienbeiträge abzuschaffen.
Übrigens: Mehr als ein Drittel des bayerischen Staatshaushalts entfällt auf Schulen und Hochschulen! Im Doppelhaushalt 2013/14 sind dies von den ca. 94 Mrd. Euro 33 Mrd. Euro. Die Ergebnisse der diversen Untersuchungen zeigen übrigens, dass wir nicht nur viel Geld in Personal und Gebäude investieren, sondern dass dies auch sehr erfolgreich investiertes Geld ist. Andere Bundesländer haben übrigens nicht seit 2008 8.200 neue Lehrerstellen geschaffen und so viel in den Ausbau von Studienplätzen (seit 2007 50.000 neue Studienplätze!) und Hochschulgebäuden investiert wie Bayern. In Baden-Württemberg z.B. werden über 11.000 Lehrerstellen gestrichen. Wenn man die 180 Mio Euro Studienbeiträge (oder 360 Mio Euro für zwei Jahre) mit den 33 Mrd. Euro vergleicht, dann zeigt sich auch, dass dieser Betrag nur ein Bruchteil der Haushaltsmittel in diesem Bereich ist und daher auch aus Steuermitteln erbracht werden kann, weil wir es uns leisten können, weil Bayern eben wirtschaftlich und finanziell sehr gut da steht. Außerdem ist es schwer erträglich, dass die Studierenden in Bayern Beiträge leisten müssen, während gleichzeitig über den Länderfinanzausgleich andere Länder mitfinanziert werden, die keine Beiträge erheben bzw. Studierende mit „Begrüßungsgeld“ anlocken (Berlin).
Wichtig ist natürlich, dass die ca. 180 Mio Euro pro Jahr, die über die Beiträge eingenommen wurden, durch den Haushalt kompensiert werden, da das Geld ja in der Tat eine Verbesserung der Lehre an den Hochschulen bewirkt hat. Ich sehe halt mittelfristig das Problem darin, diesen Standard zu halten, wenn es mit den staatlichen Steuereinnahmen nicht mehr so gut aussieht. Die Krise in den Jahren 2008-2010 hat uns das sehr deutlich vor Augen geführt.
Angst haben wir vor gar nichts. Unser Ziel ist klar: Wir schaffen die Studiengebühren ab und zwar durch den bayerischen Landtag. Das haben wir übrigens bereits vor dem Bürgerbegehren so in unserer Fraktion beschlossen.
Die sehr differenzierte Meinung meines Vaters zu diesem Thema kenne ich natürlich. Aber wenn Sie Fragen an meinen Vater haben, dann sollten Sie ihm diese selbst stellen.
Mit freundlichen Grüßen,
Florian Herrmann