Frage an Florian Graf von Sebastian D. bezüglich Finanzen
Hallo Herr Graf,
der Berliner Haushalt bereitet mir immer mehr Sorgen. Was möchten sie und die CDU gegen die jährlichen Haushaltslöcher und immensen Schulden tun?
Vielen Dank
Sehr geehrter Herr Dunkel,
herzlichen Dank für Ihre Frage, die sich aus meiner Sicht nur ausführlich beantworten lässt.
In der Tat ist die Finanzlage Berlins dramatisch. Berlin ist mit aktuell 60 Milliarden Euro völlig überschuldet. Neben Wachstumsschwäche und hoher Arbeitslosigkeit ist auch der schnelle Rückzug des Bundes aus der Berlin-Förderung in den 90er Jahren Ursache der Berliner Haushaltsnotlage.
Die CDU unterstützt deshalb das Klageverfahren des Landes Berlin beim Bundesverfassungsgericht zur Feststellung der Haushaltsnotlage und wird unabhängig davon mit dem Bund über eine faire Übernahme der hauptstadtbedingten Kosten verhandeln. Notwendig ist dabei ein auf viele Jahre angelegter Hauptstadtpakt zwischen Bund, Ländern und Berlin. Dies muss eine faire Vereinbarung sein, die es Berlin ermöglicht, auch in den kommenden Jahren in Zukunft zu investieren, damit die Stadt auch morgen leben kann.
Übrigens hat Rot-Rot allein in den letzten fünf Jahren 20 Milliarden(!) Euro Schulden angehäuft. Sparen sieht anders aus!
Angesichts dieser Ausgangslage gibt es zur Haushaltskonsolidierung keine vertretbare Alternative, wobei Konsolidierung mehr als Kürzung mit dem Rasenmäher erfordert. Gerade ein Bundesland mit Rekordverschuldung muss gezielt investieren, Verwaltung modernisieren und Prioritäten für Wachstum und Beschäftigung setzen. Ohne eine nachhaltige wirtschaftliche Belebung können die Einnahmen des Landes Berlin nicht erhöht werden und die Sanierung der Finanzen nicht gelingen.
Die CDU-Fraktion hat als Oppositionsfraktion im Abgeordnetenhaus mit zahlreichen Gesetzesinitiativen und Einzelanträgen immer wieder die Ordnung der Staatsfinanzen konstruktiv eingefordert hat. Mit dem "Masterplan Haushalt" sowie den "Leitlinien zur Haushaltskonsolidierung" hat sie zuletzt im Sommer 2003 ihre strategischen Vorstellungen für die Konsolidierung der Berliner Finanzen in der extremen Haushaltsnotlage vorgelegt. Durch einen konkreten Maßnahmenkatalog hat sie Sparvorschläge in Höhe von zunächst etwa 2 Mrd. Euro unterbreitet.
Wie sich Ausgabenkürzungen im notwendigen Umfang auswirken werden, ist klar: Dem Berliner Markt wird ein Nachfragepotenzial in erheblichem Ausmaß entzogen. Dies wird zwangsläufig auf das Bruttosozialprodukt und die Arbeitsmarktsituation durchschlagen. Andererseits besteht zur Konsolidierung keine Alternative, um der Schuldenfalle zu entkommen.
Im Mittelpunkt der Konsolidierungsstrategie muss deshalb die Stärkung des privaten Sektors ohne den Einsatz zusätzlicher öffentlicher Mittel stehen. Der Rückgang der öffentlichen Nachfrage muss durch eine Zunahme privater Nachfrage auch im Investitionsgüterbereich so weit wie möglich kompensiert werden. Dies lässt sich nur erreichen, wenn in Berlin im privaten Sektor mehr Geld als bisher verdient werden kann. Wenn die Konsolidierung des Landeshaushalts das primäre Ziel ist, muss sich also die Politik in Berlin in erster Linie um die Erhöhung der Einkommen im privaten Sektor kümmern. Dies bezieht die Schaffung von Arbeitsplätzen mit ein.
Da eine weitere kreditfinanzierte Investitionsförderung nicht mehr möglich ist, verbleibt als einzige Alternative für die Politik, die Wirksamkeit der öffentlichen Ausgaben zu erhöhen. Das heißt, Berlin muss sich auf die Entwicklung neuer eigener Kompetenzfelder wie z. B. Tourismus, Biotechnologie, Verkehrs- oder Medizintechnik konzentrieren, über die eine Erhöhung der Einkommen möglich ist. Nur so kann die besorgniserregende wirtschaftliche und finanzpolitische Entwicklung in Berlin durchbrochen werden. Unüberlegte Einzelmaßnahmen, "Kahlschlagsanierung" der "Rasenmähermethode" werden uns mit Sicherheit in den Staatsbankrott führen. Als wesentlicher Baustein einer seriösen Haushaltskonsolidierung muss stattdessen eine Strategie entwickelt werden, die nicht auf die Kahlschlagsanierung, sondern auf die strukturelle, auf mehr Wirtschaftlichkeit gerichtete und sozialverträgliche Sanierung der "Berliner Verwaltung" gerichtet ist. Berlin hat nur dann eine Chance, wenn es sich ein positives Ziel setzt: Wir müssen uns auf unsere Stärken und Möglichkeiten konzentrieren, um wieder ein nachhaltiges Wachstum zu erreichen. Durch folgende Maßnahmen:
1. Der Landeshaushalt muss vollständig in den Dienst der wirtschaftlichen Entwicklung gestellt werden.
2. Die Prioritätensetzung muss konsequent zu Gunsten der zukunftsorientierten Felder (z. B. Wissenschaft, Forschung oder Tourismus) erfolgen; vorrangige Finanzierung der Maßnahmen, die die Zukunftsfelder unterstützen.
3. Alle staatlichen Aktivitäten müssen daraufhin überprüft werden, ob sie der Entwicklung der zukunftsorientierten Felder nutzen oder diese eher behindern (Aufgabenkritik).
4. Konsequente Modernisierung der Verwaltung / Wirksame Steuerung der landeseigenen Beteiligungen
- Die vorliegenden Konzepte zur betriebswirtschaftlichen Ausrichtung der Hauptverwaltung wird unverzüglich umgesetzt.
- Verabschiedung eines Beteiligungsmanagementgesetzes, das eine wirksame Steuerung und Führung der landeseigenen Beteiligungen ermöglicht.
- Durch neue gesetzliche Regelungen wird die persönliche Haftung für Misswirtschaft von Senatsmitgliedern, Aufsichtsräten und Geschäftsführungen bzw. Vorständen öffentlicher Unternehmen verschärft.
- Privatisierungen von Beteiligungen und Verwaltungsaufgaben werden zur Stärkung des Standorts und zur Finanzierung von Zukunftsinvestitionen verwendet.
Mit freundlichen Grüßen
Florian Graf