Frage an Florian Graf von Peter M. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Graf,
vergangenen Samstag fuhr ich mit der Bahn von Rostock nach Berlin. Im Zug befand sich unter ca. 300 Fahrgästen ein Grüppchen von lautstark & aggressiv auftretenden Personen. In deren Abteil wurde während der Fahrt eine Glasscheibe zerstört. Dies erfuhren die Fahrgäste durch Lautsprecherdurchsagen. Am Bhf. Gesundbrunnen wurde der Zug von Polizeibeamten umstellt & alle Fahrgäste festgehalten. Alle Fahrgäste wurden einzeln von Beamten der Berliner Polizei auf den Platz vor dem Gesundbrunnen-Center abgeführt. Dort wurden die Personalien festgestellt, Personen und Sachen durchsucht und fotografische Aufnahmen erstellt. Dies geschah unter den Augen von Passanten, dabei wurden den Fahrgästen Nummern vor den Körper gehalten. Dies dauerte bis tief in die Nacht. Bei mir mehr als zwei Stunden, bis zwei Uhr morgens. Die Fahrgäste wurden nicht als Zeugen einer Straftat, sondern ausdrücklich als Tatverdächtige behandelt.
Ich habe Beamte angesprochen, ob Ihnen das gewählte Vorgehen erfolgversprechend und verhältnismäßig in Bezug auf die unbeteiligten Fahrgäste erscheine. Mehrere Beamte meinten entschuldigend, dass sie die Maßnahme für „ungewöhnlich“ hielten. Sie gingen nicht davon aus, unter den festgehaltenen den oder die Täter zu ermitteln. Die Entscheidung sei an anderer Stelle getroffen worden. Diese Aussage veranlasst mich zu den Fragen:
Liegen Ihnen oder den Vertretern ihrer Fraktion im Innenausschuss Informationen vor, dass es an diesem Tag besondere Anweisungen gab, die zu einem solchen unverhältnismäßigen Polizeieinsatz führen konnten?
Falls ja, wer gab diese und welche Überlegungen führten dazu?
Falls nein, entspricht das geschilderte Vorgehen aus Ihrer Sicht dem Leitbild bürgerrechtsorientierter Polizeiarbeit?
Muss ich davon ausgehen, dass sich dergleichen in Zukunft wiederholen kann?
Welche Möglichkeiten sehen Sie als Mitglied der Regierungsfraktion eine Behelligung von Unbeteiligten durch derartige Polizeieinsätze zu verhindern?
Sehr geehrter Herr Müller,
vielen Dank für Ihre Anfrage über abgeordnetenwatch.de!
Bei dem von Ihnen geschilderten Sachverhalt kann es sich nur um ein Vorgehen der Bundespolizei gehandelt haben. Die Bundespolizei ist für die polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung örtlich zuständig, wenn die Straftat in ihrem räumlichen Zuständigkeitsbereich begangen wurde. Da die Bundespolizei die Aufgabe hat, auf dem Gebiet der Bahnanlagen der Eisenbahnen des Bundes Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren, war sie auch hier für die Verfolgung der in der Zerstörung der Scheibe liegenden Straftat zuständig.
Die Bundespolizei ist eine Polizei des Bundes im Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern und wird in bundeseigener Verwaltung geführt. Daher liegen dem Berliner Abgeordnetenhaus keine Informationen über den von Ihnen geschilderten Sachverhalt vor. Eine Bewertung des Vorgehens der Bundespolizei ist mir aus diesem Grunde auch nicht möglich. Sie sollten sich mit Ihrer Beschwerde am besten direkt an die Bundespolizei wenden: https://www.bundespolizei.de/DE/01Buergerservice/Lob-und-Beschwerde/Lob-und-Beschwerde_node.html
Mit freundlichen Grüßen
Florian Graf