Frage an Filiz (Phyliss) Demirel von Benjamin H. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Demirel,
zwei Fragen habe ich Ihnen bereits gesendet. Herzlichen Dank für Ihre Antworten. Auf Bitte von Abgeordnetenwatch kommen die übrigen Fragen hier gesammelt.
3. Freihandelsabkommen: Was ist Ihre persönliche Meinung zu TTIP, CETA und zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit?
4. Bebauungspläne: Wie können die letzten größeren Grünflächen erhalten werden? Sind Sie für Bebauungspläne, die der vorhandenen Bebauung gerecht werden?
5. Umwelt- und Naturschutz: Lärmschutz, Luftreinheit, Klimaschutz und Naturschutz - was wollen Sie zuerst verbessern?
6. Energiewende: Wie können Endverbraucher Windstrom nachts günstig speichern; kann Hamburg Energie variable Stromtarife einführen?
7. Flüchtlinge: Wie können wir HamburgerInnen unsere Verantwortung wahrnehmen?
8. Bildung oder Kultur: Welches Projekt liegt Ihnen persönlich besonders am Herzen?
9. Wirtschaft: Wie können wir den lokalen Einzelhandel stärken und in den Stadtteilzentren mehr Aufenthaltsqualität erreichen?
Hier kommen schon mal die Antworten auf die Fragen 3, 4, 5 und 7. Der Rest folgt.
Herzliche Grüße,
Filiz Demirel, MdHB
3. Freihandelsabkommen: Was ist Ihre persönliche Meinung zu TTIP, CETA und zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit?
Ich sehe die derzeitige Version des Freihandelsabkommen zwischen Europa und den USA und Europa und Kanada ausgesprochen kritisch. Ein Abkommen in dieser Form würde wichtige soziale und ökologische Standards gefährden.
Nach wie vor beinhalten beide Abkommen die Möglichkeit zu Investor-Staat-Klagen. Das bedeutet, dass Konzerne nationale Gerichte umgehen können und Staaten vor einem internationalen privaten!!! Schiedsgericht verklagen können. Ein gutes Beispiel für eine solche Investorenklage ist der Fall Vattenfall. Der Konzern verklagt Deutschland auf 4,7 Mrd. Euro Schadenersatz für entgangene Gewinne durch den Atomausstieg. Ein anderes Beispiel ist die Klage des US-amerikanischen Zigarettenkonzerns Philip Morris, der den Staat Uruguay auf Entschädigungen in Milliardenhöhe verklagte, weil Uruguay eine auf Nichtrauchen angelegte Gesundheitspolitik verfolgt. Konzerne können über den Weg der privaten Klagen demokratisch legitimierte Standards anfechten und verhindern. Hier sehe ich die Gefahr, dass demokratisch legitimierter politischer Gestaltungsspielraum zu Gunsten von Investoreninteressen aufgegeben wird und ausländische Konzerne mehr Rechte erhalten als Staaten.
Außerdem gefährden die beiden Freihandelsabkommen die öffentliche Daseinsversorgung. Durch die Freihandelsabkommen könnte zum Beispiel die Liberalisierung der Hamburger Wasserversorgung erzwungen werden. Die Abkommen könnten auch dazu führen, dass z.B. die im Hamburger Vergabegesetz festgeschriebene Tariftreue gestrichen werden muss. Das heißt, mit öffentlichem Geld würden dann Dumpinglöhne und schlechte Arbeitsbedingungen finanziert. Das lehne ich ab. Deswegen fordert die Grüne Bürgerschaftsfraktion, dass Hamburg im Bundesrat TTIP und CETA in der aktuellen Fassung nicht unterstützt.
Für uns zählt: nur fairer Handel ist freier Handel.
4. Bebauungspläne: Wie können die letzten größeren Grünflächen erhalten werden? Sind Sie für Bebauungspläne, die der vorhandenen Bebauung gerecht werden?
Ich bin für den Erhalt der großen Grünflächen im Bezirk. Nachverdichtung bereits bebauter Flächen muss die absolute Priorität haben von der Neuerschließung von Grünflächen. Wir wollen nicht in einer Stadt leben, in der es keine Bäume mehr gibt, keine Freiflächen und zu wenig Naturraum gerade für Kinder. Siehe auch Frage 5.
5. Umwelt- und Naturschutz: Lärmschutz, Luftreinheit, Klimaschutz und Naturschutz - was wollen Sie zuerst verbessern?
Wir können in dieser Frage nicht priorisieren, sondern müssen in allen Bereichen gleichzeitig handeln. Dem Naturschutz muss effektiver und konsequenter umgesetzt werden. Zum Beispiel durch zeitnahe Ersatzpflanzungen und Schaffung von Ausgleichflächen im Falle von unvermeidbaren Umwidmungen.
Bäume in der Stadt erfüllen zahlreiche wichtige Funktionen: Sauerstoff, Bindung von Schadstoffen, Erosionsschutz, Lärmschutz, Lebensraum für Tiere, Erholungsräume. Wir wollen eine Nachpflanzung 1 zu 1. Also für jeden gefällten Baum einen neuen pflanzen.
Klimaschutz, Lärmschutz, Luftreinheit müssen als Querschnittaufgabe in allen relevanten Behörden mitgedacht und konzertiert umgesetzt werden.
Noch immer gibt in der Grünpflege ein unübersehbares Finanzierungsdefizit. Noch immer werden noch Grünanlagen für den Wohnungsbau verkleinert oder bebaut. In der so verdichteten Stadt müssen mehr Grünflächen für das Erholungsbedürfnis der EinwohnerInnen geschaffen werden.
Auch der Rückbau von nicht mehr benötigten Verkehrsflächen zu Gunsten von Parks sollte befördert werden. Die SPD hat diese Möglichkeit am „Ballinufer“ leider verworfen.
Im Übrigen reicht gute Aufenthaltsqualität alleine nicht. Wir wollen Grünflächen, die auch einen effektiven Nutzen für die Umwelt haben. Deshalb setzen wir uns für eine naturnahe Pflege und eine Erweiterung der Grünflächen ein.
7. Flüchtlinge: Wie können wir HamburgerInnen unsere Verantwortung wahrnehmen?
Unser Motto ist Wohnen statt unterbringen. Die meisten Flüchtlinge werden viele Jahre in Hamburg verbringen und müssen deshalb in Nachbarschaften und nicht isoliert in Sammelunterkünften leben können. Die Bereitschaft zur nachbarschaftlichen Integration von Sozialwohnungen, Flüchtlings- und Obdachlosenprojekten möchten wir vorrangig fördern. Der Standard muss angemessen sein, die Kapazitäten müssen ausgebaut werden, und vor allem die Außenstelle in Nosdorf/Horst soll nicht mehr belegt werden.
Hamburg setzt immer noch auf große Sammelunterkünfte, die Fremdkörper in den Nachbarschaften sind und die Menschen isolieren. Ein Mindestmaß an Schutz und Normalität zu gewährleisten gelingt am besten in normalen Wohnungen und kleineren Unterkünften. Hier muss Hamburg mutiger neue Wege gehen, etwa beim wohngerechten Umbau von Bürogebäuden oder bei der Integration von Wohnungen für Flüchtlinge in Neubauprojekte. Wir wollen, dass bei der Planung der Unterbringung immer auch die Frage der Bildung mitgedacht wird. Wir wollen die Rahmenbedingungen in den Unterkünften verbessern. Durch mehr Personal, durch ehrenamtliche Arbeit und Betreuung. Wir wollen, dass Institutionen, die sich um Flüchtlinge kümmern, wie z.B. Kitas, Schulen und Jugendeinrichtungen, zur Wahrnehmung ihrer notwendigen weiteren Regelaufgaben entsprechend unterstützt werden.