Vor 3 Jahren waren auf Ihren Wahlplakaten noch Friedenstauben, heute propagieren Sie Waffenlieferungen. Wie soll ich zu dieser Wahl Ihren Versprechen glauben?

Guten Tag Frau B.,
vielen Dank für Ihre Frage und dass Sie Ihre Bedenken mitteilen.
Wir haben in unserer Geschichte stets für Frieden, Menschenrechte und globale Gerechtigkeit eingestanden - und tun dies auch weiterhin. Allerdings ist die Welt heute auf vielen Ebenen eine grundlegend andere als die unserer Gründungsjahre. Und als Teil der Regierung stehen wir in einer anderen Verantwortung. Um unseren Zielen und Grundwerten treu bleiben zu können, mussten wir bereits angesichts der Kriege im ehemaligen Jugoslawien erkennen, dass das Prinzip der Gewaltfreiheit an Grenzen stößt.
Deutlich sichtbar ist dies im völkerrechtswidrigen russischen Angriff auf die Ukraine und seinen Auswirkungen auf die europäische Friedens- und Sicherheitsordnung. Dieser Krieg ist eine Zäsur. Im Gegensatz zu vielen osteuropäischen Staaten, haben SPD, Union, FDP und andere Parteien die Entwicklungen in Russland unter Putin lange falsch eingeschätzt. Spätestens nach der Annexion der Krim hätte ein Umdenken stattfinden müssen. Wie man an Nordstream2 sieht, war das Gegenteil der Fall. Auch wir Grüne haben bei aller Skepsis gegenüber Putin nur in Teilen den Ernst der Lage erkannt. Bis Anfang 2022 haben wir mit voller Überzeugung eine Unterstützung der Ukraine mit Waffen abgelehnt. Die Entscheidung, Waffenlieferungen zu unterstützen, fiel uns nicht leicht. Aber die Ukraine, die lange auf internationale Sicherheitszusagen vertraut hatte, hat ohne Zweifel das Recht, sich gegen diesen Vernichtungs- und Unterwerfungskrieg zu verteidigen.
Wir sind uns der Dilemmata bewusst, die diese Entscheidungen mit sich bringen. Dennoch sehen wir uns in der Verantwortung, eine Politik zu verfolgen, die verhindert, dass autoritäre Regime ihre Macht durch Gewalt und Unterdrückung ausbauen können. Die umfassende Unterstützung der Ukraine ist in diesem Kontext ein notwendiger Schritt, um die europäische Friedensordnung zu bewahren und weitere Eskalationen zu verhindern. Denn Wladimir Putin hat wiederholt klar gemacht, dass seine Ambitionen über die Ukraine hinausreichen; auch wir in Deutschland sind Zielscheibe seiner hybriden Angriffe.
In diesem Kontext ist auch die Debatte über die Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit Deutschlands und Europas zu betrachten. Es ist uns wichtig, eine Diskussion über unsere zivile und militärische Verteidigungsfähigkeit, hybride Angriffe, die Zukunft der Verteidigungspolitik in Deutschland und die Rolle der Bundeswehr zu führen.
Gleichzeitig dürfen militärische Maßnahmen niemals die einzige Antwort sein. Wir Grünen im Bundestag setzen weiterhin auf Entwicklungszusammenarbeit, faire Handelsbeziehungen, Diplomatie, Dialog und auch Abrüstungsbemühungen. Die Klimakrise ist einer der größten Konflikt- und Fluchtursachen. Ungerechte Handelsbeziehungen und die Missachtung von Freiheits- und Menschenrechten führen zu Not und Elend. Wir streben auch in dieser komplizierter gewordenen Welt danach, Konflikten vorzubeugen und bestehende Spannungen durch Verhandlungen, internationale Kooperation und den Einsatz ziviler Mittel zu lösen.
Wir danken Ihnen für Ihre offenen Worte und die Gelegenheit, Ihnen antworten zu dürfen. Wir hoffen, dass wir gemeinsam an einer friedlichen und gerechten Zukunft arbeiten können.
Mit freundlichen Grüßen
Team Banaszak