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Farid Müller
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Frage von Niels B. •

Frage an Farid Müller von Niels B. bezüglich Soziale Sicherung

Lieber Herr Müller,

drei Fragen zur Stadtteilentwicklung:

- Wie lassen sich Ihres Erachtens Ausverkauf von Immobilien an Fonds und eine Mietpreisexplosion auf St. Pauli aufhalten? Der Prozess hat ja schon begonnen. Wäre Zeit, was dagegen zu tun.

- Was passiert mit dem Gebäude Reeperbahn 1 (ehemalige Bowlingbahn)? Werden Alternativen zum Abriss ernsthaft geprüft, oder werden wir da unweigerlich mit einem weiteren "Tower" beglückt?

- Wie stehen die Grünen zu dem Riesenumbauprogramm in Wilhelmsburg? Ich habe den Eindruck, dass zum einen die Wilhelmsburger nicht restlos begeistert sind von dem, was da auf sie zukommt, und dass zum anderen die Kulturszene in anderen Stadtteilen wie St. Pauli nun auch nicht nur auf Rosen gebettet ist und durchaus noch etwas Förderung vertragen könnte.

Ansonsten viel Erfolg am Sonntag,

ciao, Niels Boeing

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Lieber Herr Boeing,

vielen Dank für Ihre Fragen. Dank der Einführung von Wahlkreisen wird die Stadtteilentwicklungspolitik viel stärker Thema in der Bürgerschaft werden.

Zu Ihren Fragen im Einzelnen:

Mietpreisexplosionen auf St. Pauli
Die Steigerung von Mieten ist, nicht nur auf St. Pauli, in vollem Gange. Wir Grüne lehnen diese Entwicklung ab. Da wir in der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte eine Rot-Grüne Koalition haben, steuern wir, soweit das von der bezirklichen Ebene möglich ist, bereits aktiv dagegen.

Leider sind bereits zahlreiche Kinder in diverse Brunnen gefallen. Denn Immobilien, die unter dem CDU-Senat verscherbelt wurden, können nicht einfach so an die Stadt zurück übertragen werden.

Jetzt geht es darum, den unheilvollen Trend zur Verteuerung und Verdrängung zu stoppen. Dazu braucht es zwei Dinge:
1. Für St. Pauli brauchen wir dringend eine soziale Erhaltensverordnung, die die Mietpreissteigerungen in den nächsten Jahren stark begrenzt. Darüber hinaus muss eine Umwandlungsverordnung in Kraft gesetzt werden, die eine Umwandlung von Mietwohnungen in luxussanierte Eigentumswohnungen zu verhindern hilft. Beide Instrumente zur Steuerung der Stadtteilentwicklung laufen (vor 2001 von Rot-Grün beschlossen) bereits seit Jahren erfolgreich in der Neustadt und waren auch für Hoheluft/Eimsbüttel in Kraft. Wir Grüne wollen diese Instrumente auch in St. Pauli und St. Georg einsetzen.
2. Wir müssen mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen. Unter der CDU hat die SAG/GWG den Bau solcher Wohnungen fast völlig eingestellt. Außerdem fordert SAGA/GWG viel zu oft die höchst mögliche Miete. Dass wollen wir Grüne beenden.

Wir müssen alles daran setzen, dass die Verdrängung durch Mietsteigerungen beendet wird. Hamburg ist für alle da und nicht nur für die, die es sich leisten können. Übrigens unterstütze ich auch die Forderungen des MieterInnenRat Hamburg:
http://www.farid-mueller.de/cms/default/rubrik/13/13453.html

Bauruine Reeperbahn
Die Bauruine am Eingang der Reeperbahn ist wirklich eine Schande. Das Grundstück gehört einer Immobilienfirma, die sich vom Bezirk einen Bauplan hat absegnen lassen, nun aber nicht baut. Es gibt Hinweise, dass diese Firma das Grundstück weiterverkaufen will, um Spekulationsgewinne mitzunehmen.
Laut Auskunft von Experten kann die Stadt zur Zeit rechtlich nichts dagegen unternehmen.

Ich denke nun darüber nach, ob es - auch wirtschaftlich - Sinn machen würde, wenn die Stadt das Grundstück zurückkaufen selbst entwickeln und dann wieder veräußern würde. Dadurch würde dieser zentrale, wichtige Ort eine angemessene Nutzung erhalten. Der Nachteil wären wohl die immens hohen Kosten. Hier brauchen wir noch den Rat weiterer Experten.

Umbau Wilhelmsburg
Wilhelmsburg wird in wenigen Tagen wie St. Pauli ein Stadtteil von Mitte sein. Die Politik ist gut beraten, allen Stadtteilen, für die sie Verantwortung trägt, das Beste zu bieten.

Was das Beste ist, lässt sich nicht von Oben, also "Top-Down", verordnen.
Ich habe im Laufe meiner politischen Arbeit mehr als einmal erlebt, dass die Menschen über ihren Wohnort ganz andere Vorstellungen haben, als die Politik oder die Verwaltung. Um diese Wünsche zu respektieren, brauchen wir ein gut funktionierendes System der Bürgerbeteiligungen. Positive Beispiele dafür sind die Sanierungsbeiräte (z. B. im Karoviertel).

Das vorausgeschickt muss ich Ihnen sagen, dass mir mancher Vorstoß von Oben echte Sorgen bereitet. Es ist gut, dass Wilhelmsburg entwickelt wird. Diese Entwicklung darf aber die Menschen nicht überfordern. Und schon gar nicht, etwa durch eine neue Autobahn (Hafenquerspange), den Stadtteil auf ewig zerschneiden. Also: Neue Chancen auch für Wilhelmsburg, aber immer auf die Menschen vor Ort bezogen und nur mit ihrer Beteiligung.

Viele Grüße,
danke für die guten Wünsche
Farid Müller

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