Frage an Farid Müller von Frankmartin W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Müller,
vielen Dank für Ihren offenen Brief an die Abgeordneten der CDU-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft zum Thema des Neuen Wahlrechts ( http://www.farid-mueller.de/cms/default/dok/89/89525.offener_brief_zum_wahlrechtsraub_an_die.htm ), und dass Sie darin das vom Volk bestimmte Recht verteidigen.
In Ihrer Rede vom 10. Mai sprechen Sie von Politikverdrossenheit, die durch die Pläne der Hamburger CDU gefördert werden. Aber ist es hier nicht vielleicht der Punkt überschritten, wo die Verdrossenheit in Wut überschlägt? Hat die CDU überhaupt noch Chancen zur Wiederwahl, wenn sie so weitermacht? Man muss auch nicht nur auf das Volk (herab-)schauen, um von Politikverdrossenheit zu sprechen. Ist es nicht eine Art von Volksverdrossenheit, die die Verantwortlichen in der CDU hier ans Licht bringen? Was kann man tun um der CDU die Angst vorm Volk zu nehmen? Was ist überhaupt die Perspektive für die parlamentarische Demokratie, wenn Formen der direkten Demokratie an Bedeutung gewinnen? Fürchten Parlamentarier um Ihre Position angesichts von Volksgesetzgebung?
Mit freundlichem Gruß
Frankmartin Wiethüchter
Nienhagener Straße 84
22147 Hamburg-Rahlstedt-Oldenfelde
Jahrgang 1964
Beruf Software-Entwickler
Verheiratet, Vater von 3 Kindern
Sehr geehrter Herr Wiethüchter,
bitte entschuldigen Sie meine verspätete Antwort. Die CDU hält nicht nur mich mit immer neuen Wendungen in Sachen Wahlrechtsmanipulationen auf Trab.Gerade jetzt erfahren wir, dass die CDU-Fraktion erneut die Abstimmung zu ihren Gesetz wieder vertagt hat.
Aber trotzdem vielen Dank für Ihre sehr interessanten Fragen zu meiner Rede vom 10. Mai 2006. Genau wie Sie es ausdrückten, ist es unzweifelhaft richtig, dass bei der Frage der Politikverdrossenheit nicht nur auf das Volk (herab-) geschaut werden darf. Und genau dies ist auch meine Position. Eine Entmündigung der Bürger bzw. die von ihnen beschriebene "Volksverdrossenheit" der CDU kann keine befriedigende Reaktion auf das Problem sein. Hier liegt vielmehr oftmals die Ursache für die von mir angesprochene Politikverdrossenheit. Die parlamentarische Demokratie hat die Pflicht, eine weit gehenste Mitgestaltung der Bürger zu fördern, denn nur so kann sie ihrer Legitimation gerecht werden. Zahlreiche Entscheidungen können von den Bürgern selbst am besten bewertet werden; denken Sie dabei beispielsweise an Bestimmungen zur besseren Kinderbetreuung oder mehr Kindergartenplätzen. Eine Partizipation der Wähler kann jedoch nur gestärkt werden, wenn seitens der Politik eine größtmögliche Beteiligung gewährt wird. Für die Abgeordneten stellt dies meiner Meinung nach eher einen Gewinn anstatt einen Wirkungsverlust ihrer Position dar. Denn: Diejenigen Parlamentarier, die es mit ihrer Aufgabe der Volksvertretung ernst meinen, profitieren von jeglicher Form der direkten Demokratie und so auch von der Ausweitung des Wählereinflusses.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen. Selbstverständlich stehe ich Ihnen auch für weitere Fragen und Anmerkungen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Farid Müller