Frage an Farid Müller von Heide J. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Müller!
Monitor hat Ende November berichtet, dass schon jetzt deutsche Arbeitgeber "in den Startlöchern stehen", um ab 1. Mai mit ostpolnischen Arbeitern billigst westdeutsche Arbeitsplätze besetzen zu können. Was das für unsere Sozialkassen bedeutet (ob durch erhöhte Arbeitslosenzahlen oder noch mehr Aufstocker, die von Niedriglöhnen trotz Fulltimejob nicht leben können), ist ja absehbar. Solche Selbstwert vernichtenden Arbeitsplätze sind menschenunwürdig. Wegen der freundlichen Unterstützung aus Berlin und nur 1/3 Lohnkosten halten dänische Schweinemäster und dänische fleischverarbeitende Betriebe schon länger Deutschland für ein Eldorado. Für ihre Zunft sind wir Niedriglohnland, und deshalb haben sie ihre Betriebe zu uns ausgelagert.
Es ist also überfällig, dass flächendeckende Mindestlöhne für alle Arbeitnehmer in Deutschland eingeführt werden. Wenn die Politik wieder im Interesse von Lobbyisten Schlupflöcher schafft - Frau von der Leyen denkt z.B. nur an Mindestlohn für Leiharbeiter - dann wird der Ausbeutung doch wieder Tür und Tor geöffnet. (Es ist doch merkwürdig, dass jeder halbwegs intelligente Mensch sofort die gesetzlichen Lücken erkennt, die Politiker aber unfähig, oder doch eigentlich unwillig sind, die Gesetze so eindeutig abzufassen, dass sie asozialen findigen Arbeitgebern keine Gewinnmaximierung auf Kosten von Steuerzahlern ermöglichen.)
Also, Herr Müller, was gedenken sie zu tun, damit nicht der Druck wegen der billigen Konkurrenz weitere (weniger qualifizierte) Arbeitnehmer dazu nötigt, Dumpinglöhnen zuzustimmen.
Mit freundlichem Gruß
Heide Jurczek
Sehr geehrte Frau Jurczek,
danke für Ihre Anfrage. Ich muss vorausschicken, dass ich den Monitorbericht, auf den Sie sich beziehen, nicht kenne.
Tatsächlich wird im kommenden Jahr die Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit für EU-Bürger aus Rumänien und Bulgarien enden. Das kommt aber nicht ganz überraschend, vielmehr war dies bereits seit mehr als sieben Jahren bekannt. Die Verschiebung der Arbeitnehmerfreizügigkeit für EU-Bürger aus Rumänien und Bulgarien auf Mai 2011 wurde übrigens unter Rot-Grün ausgehandelt.
Nicht ganz richtig ist Ihre Formulierung, dass diese dann automatisch westdeutsche Arbeitsplätze besetzen dürfen. Abgesehen davon, dass wir immerhin sei 1990 in West- und Ostdeutschland leben, müssen Arbeitnehmer zunächst nach den hier geltenden Regeln qualifiziert sein.
Sie äußern die Sorge, dass es zu Dumpinglöhnen kommt. Diese Sorge ist berechtigt, allerdings hat sie nichts mit der Herkunft der Arbeitnehmer zu tun. Sie ist besonders in bestimmten Niedriglohnbranchen berechtigt. Das zeigen schon die Zahlen der so genannten Aufstocker. Hiergegen gibt es meiner Ansicht nach nur ein wirksames Mittel und zwar Mindestlöhne. Dafür setze ich mich bereits seit Jahren ein. Durch Mindestlöhne würde dafür gesorgt, dass kein Dumpinglohn-Wettbewerb stattfindet. Daher stimme ich Ihnen insoweit zu, als Sie Mindestlöhne für richtig halten.
Diese werden auf Bundesebene festgelegt. Hamburg hat nur geringe Mitwirkungsmöglichkeiten - als eines von 16 Bundesländern über den Bundesrat. Als grüner Abgeordneter werde ich mich dennoch (weiter) dafür einsetzen, dass Mindestlöhne vermehrt eingeführt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Farid Müller