Frage an Farid Müller von Felix S. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrter Herr Müller,
leider muss ich aufgrund der Bitte der Moderatoren hier meine Fragen zum Einsatz der Bundeswehr und zur Kontrolle der Nachrichtendienste zusammenfassen.
Zur inneren Sicherheit:
Wie kommt es, dass quasi die gesamte Fraktion der Grünen (laut ZDF Parlameter) am 29.05.2009 GEGEN eine stärkere parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste gestimmt hat?
Zum Auslandseinsatz der Bundeswehr:
Sie fordern Transparenz im Bezug auf den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan. Zur Sache: Meinen Sie wirklich, die Bundeswehr ist die richtige Institution für humanitäre Einsätze? Meinen Sie wirklich, es geht dabei, darum die afghanischen Frauen davor zu bewahren, die Burka tragen zu müssen? Diese schlimme (!) vereinfachende Wahlkampf-Floskel, mit der derzeit alle Politiker (auch Grüne) der etablierten Parteien den Afghanistan Einsatz zu rechtfertigen hat den Ausschlag für mich gegeben, dieses mal erstmalig nicht die Grünen zu wählen.
Glauben Sie nicht, dass Afghanistan seit ca. 1840 permanent aufgrund geostrategischer und ökonomischer Interessen umkämpft ist?
Wäre es nicht zur Abwechslung mal ganz erfrischend, dass wir sagen, wir versuchen dort unser politisch, gesellschaftlichen und ökonomischen Interessen durchzusetzen?
Oder auch nur: Wir sind da rein, wir kommen da nicht mehr raus... (verzeihen Sie die ganzen Suggestivfragen...)
Oder irre ich? Überzeugen Sie mich, warum ich dieses Jahr meine Stimme nicht der Piratenpartei geben soll.
Mit freundlichen Grüßen,
Felix Segebrecht
Sehr geehrter Herr Segebrecht,
Wir haben - wie auch die Fraktion die Linke - im Bundestag gegen den Gesetzentwurf mit dem Titel für eine stärkere parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste gestimmt, weil wir in diesem Antrag tatsächlich eine SCHWÄCHUNG des Parlaments gegenüber den Nachrichtendiensten gesehen haben.
Die Grundgesetzänderung enthält nämlich den Satz: "Der Bundestag bestellt ein Gremium zur Kontrolle der nachrichtendienstlichen Tätigkeit des Bundes."
Zukünftig wird also einzelnen Abgeordneten des Bundestags, die sich z. B. nach der Anwesenheit von BND-Agenten in Bagdad zur Zeit des Irak-Kriegs erkundigen, mit dem Hinweis auf dieses Kontrollgremium die Auskunft verweigert werden.
Das schmälert die Rechte des Parlaments, weil wir Grüne glauben, dass das Parlament als Ganzes verantwortlich für die Kontrolle ist und nicht nur ein Ausschuss.
Es ist sogar schon jetzt ein Rechtsstreit beim Bundesverfassungsgericht anhängig, in dessen Rahmen wir Grüne versuchen, die Rechte der einzelnen Abgeordneten auf Auskunftserteilung durch die Bundesregierung in diesem Bereich durchzusetzen.
Daher sind wir Grüne nicht gegen, sondern FÜR eine Ausweitung der Kontrolle der Nachrichtendienste durch das Parlament. Nur eben nicht gegen die Verkürzung dieser Rechte auf einen Geheimausschuss.
Zu Ihrer Frage zum Auslandseinsatz der Bundeswehr: Nein, die Bundeswehr ist nicht die richtige Institution für humanitäre Einsäze, auch wenn sie in gewissem Umfang geeignet dazu ist.
Es ist ja gerade ein erheblicher Fehler der von Außenminister Steinmeier verantworteten Planung ( http://www.duell-um-berlin.de/2009/09/1350/#more-1350 ) für Afghanistan, dass die zivile Aufbauhilfe so gering ist. Deswegen fordern wir Grüne auch in unserem Sofortprogramm die Verdoppelung zivilen Hilfe dort, vgl. http://www.duell-um-berlin.de/2009/09/sofortprogramm-fur-den-aufbruch/#more-1501
Wenn wir wirklich so blauäugig wären, zu glauben, dass Militäreinsätze Frauengleichstellung fördert, dann würde ich Ihre Zweifel verstehen. Militäreinsätze sind in Afghanistan aber (noch) nötig, um die zivile Hilfe zu sichern, weil es in Afghanistan an jeglichen Sicherheitsstrukturen mangelt. Was wir kritisieren, ist die schleppende Unterstützung zum Aufbau dieser Sicherheitsstrukturen und der allenfalls halbherzige Ausbau ziviler Hilfe. Daneben fordere auch ich eine Exit-Stragie für die Bundeswehr. http://www.duell-um-berlin.de/2009/09/afghanistan-wir-brauchen-eine-exit-perspektive/#more-1313
Sie haben völlig recht, dass Afghanistan auch geostrategisch umkämpft ist. Das aber leitet nicht die Entscheidungen der Grünen. Wir wissen, dass Afghanistan ein Land ist, in dem in Folge der Instabilität und der Taliban-Herrschaft elementarste Menschenrechte mit Füßen getreten wurden und das zu einem Ausbildungs- und Schulungsort für Terror geworden ist. Wir haben uns dort viel zu lange nicht engagiert (und damit meine ich zivilgesellschaftliches Engagement, nicht militärisches). Der Preis dafür waren Terroranschläge in New York, Madrid, London und anderswo. Erst diese Eskalation hat uns dazu veranlasst, in einem von den Vereinten Nationen gedeckten Mandat auch militärisch aktiv zu werden.
Das alles darf und wird uns aber nicht davon abhalten, uns entschieden für die Stärkung der Zivilgesellschaft einzusetzen. Nur das bringt dem Land am Hindukusch Stabilität und Selbstbestimmung und uns Sicherheit.
Und deswegen lautet meine Antwort: Nein, wir versuchen dort nicht nur unsere Interessen durchzusetzen, sondern wir versuchen unserer Verantwortung in einer vernetzten Welt gerecht zu werden.
Mit freundlichen Grüßen
Farid Müller