Frage an Farid Müller von Mira W. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Guten Tag,
nachdem das Thema "Bedingungsloses Grundeinkommen" immer populärer wird und nun endlich auch Machbarkeitsberechnung seriöser Wirtschaftswissenschaftler ansatzweise in die Diskussion miteinbezogen werden, wüsste ich gern auch Ihre fundierte Meinung zum Thema.
Danke und viele Grüße
Mira Weiß
Sehr geehrte Frau Weiß,
die materielle Sicherung von Menschen ist für mich ein soziales Bürgerrecht. Deswegen setze ich mich für eine Gesellschaft ein, in der niemand ausgegrenzt wird und alle ihre Chancen zur Entfaltung ihrer Fähigkeiten bekommen.
Dazu scheint auf den ersten Blick ein Grundeinkommen hilfreich zu sein. Die Debatte um das Grundeinkommen hat auch die Debatte um soziale Bürgerrechte befruchtet.
Als pragmatischem Politiker, also als jemandem, dem es immer um die praktische Machbarkeit geht, stelle ich mir allerdings die Frage, ob ich das Ziel von Teilhabe mit diesem Instrument wirklich erreiche.
Das größte Problem scheint mir dabei die Unvereinbarkeit von Grundeinkommen und den bestehenden sozialen Sicherungssystemen zu sein. Dabei denke ich vor allem an die Rente. Die Rentenversicherung kann nicht auf einen Schlag abgeschafft werden. Was aber machen wir mit den Anwartschaften? Sollen bereits erworbene Ansprüche ausgezahlt werden? Und wie finanzieren wir dies?
Ähnliches gilt für Kranken- und Pflegeversicherung.
Es gibt eine Bevölkerungsgruppe, auf die dieses Problem nicht zutrifft, weil sie noch keine Anwartschaften erworben haben: Die Kinder. Deswegen bin ich für eine Kindergrundsicherung. Darin können die Leistungen der Ehe- und Familienförderung gebündelt und auf Kinder konzentriert werden.
Für die ältere Bevölkerung halte ich es für dringlicher, geringe Einkommen zu stärken (Mindestlohn, Grundfreibetrag bei der Steuer, Beträge zur Sozialversicherung senken), Einkommenslose Menschen zu stärken (Regelsätze für Hartz IV auf 420,- Euro erhöhen und Zuverdienstmöglichkeiten deutlich verbessern) und vor allem: Der Grundbedarf der Menschen muss geschützt werden. Hier darf es keinerlei Zugriff des Staates, z. B. durch Sanktionen geben.
Was für uns Grüne und mich in der Debatte um Grundeinkommen viel zu kurz kommt, ist die Schaffung von Chancengerechtigkeit durch sehr viel bessere Bildung. In Hamburg schaffen wir gerade mit der Primarschule dir Vorausetzung dafür, dass Menschen in den benachteiligten Stadtteilen die gleichen Chancen auf gute Bildung haben wie in Blankenese und Ottensen.
Mit diesem Mix aus Teilhabe, sozialen Bürgerrechten und Chancengerechtigkeit lassen sich Armut und Ausgrenzung am wirksamsten bekämpfen. Diesen Kampf zu führen, muss zu den vordringlichsten Aufgaben von Parlament und Regierung gehören.
Wir Grüne wollen außerdem mit unserem Green New Deal eine Million neue Jobs schaffen. Dazu finden Sie eine Reihe von Informationen auf http://www.duell-um-berlin.de
Viele Grüße
Ihr
Farid Müller