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Fabio De Masi
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Frage von Jerome K. •

Frage an Fabio De Masi von Jerome K.

Sehr geehrter Herr De Masi,

Ich schreibe Ihnen, als Kandidat Ihrer Partei zu den Europawahlen 2014 da ich gerne von Ihnen wissen würde

1. Wie stehen Sie zum Konflikt Russland/Ukraine?

2. Sind Ihnen die wöchentlichen Friedensdemonstrationen bekannt, die jede Woche an immer mehr Orten in Deutschland und auch Europa stattfinden? Wenn Ja, wie beurteilen Sie diese und haben Sie oder würden Sie an einer derartigen teilnehmen oder bereits teilgenommen?

3. In Europa werden viele Lebensmittelreste sinnlos vernichtet, statt diese Menschen in Armut zukommen zulassen, wie sehen Sie dies?

4. Wie stellen Sie sich in Europa den vernünftigen Umgang mit Ressourcen (Lebensmittel, Energie, Rohstoffe) vor?

5. Welche Meinung haben Sie zur Förderung von Bioenergiemasse?

Vielen Dank für Ihre Antwort

Jerome Kellermann

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BSW

 Sehr geehrter Herr Kellermann,

vielen Dank für Ihre Zuschrift. Ihre Fragen sind sehr umfangreich. Ich bitte daher um Verständnis, dass ich - zumal während meiner hohen Wahlkampfbelastung und noch ohne eigenen Mitarbeiterstab - nicht jeden Aspekt erschöpfend beantworten kann.

zu 1: Ich sehe eine erhebliche Verantwortung für die Eskalation des Konflikts auch in Washington und Brüssel. Ich unterstütze, wenn sich die ukrainische Bevölkerung im Westen wie im Osten gegen Korruption und Oligarchen zur Wehr setzt. Die Anerkennung der Sezession der Krim durch Russland war völkerrechtswidrig, wie die Anerkennung der Sezession des Kosovo in Serbien durch die USA, Deutschland und weitere EU-Staaten. Es wurden jedoch auch gegenüber den legitimen Sicherheitsbedürfnissen Russlands erhebliche Fehler gemacht: So wurde die Ukraine etwa vor die Wahl gestellt sich zwischen einem EU-Assoziierungsabkommen und der Eurasichen Zollunion zu entscheiden, die NATO wurde entgegen der Zusagen gegenüber Gorbatschow im Zuge der deutschen Wiedervereinigung gen Osten ausgeweitet, es wurde ein US-Raketenabwehrschirm gegen Russland in Europa errichtet und das Völkerrecht von NATO-Staaten permanent gebrochen (Kosovo, Irak, Afghanistan, Libyen) etc.

Ich wünsche mir ein Entwaffnung aller paramilitärischen Kräfte in der Ukraine in West wie Ost, einen runden Tisch unter Vermittlung des einstigen UN-Generalsekretärs Kofi Annan und unter Beteiligung aller wesentlichen Akteure mit dem Ziel der Bildung einer provisorischen Regierung der nationalen Einheit sowie der Verhandlung von Autonomierechten in den Regionen, eine Konfiszierung aller Oligarchen-Vermögen zum Wohle der Bevölkerung, eine internationale Untersuchungskommission zur Aufklärung der Todesschüsse auf dem Maidan sowie eine unabhängiges Justiz- und Pressewesen.

Wir brauchen eine zivile OSZE-Mission sowie Garantien gegenüber Russland, dass die Ukraine als Pufferstaat neutral bleibt und kein EU- oder NATO-Mitglied wird. Der Ukraine sollten sowohl wirtschaftliche Beziehungen mit der EU sowie mit der Eurasischen Zollunion ermöglicht werden. Allerdings lehne ich den Inhalt der Assoziierungsabkommen ab, die ähnlich wie in Griechenland zu massiven sozialen Verwerfungen im Interesse großer Konzerne und einer weiteren Privatisierung von Staatsvermögen führen würden.

Nicht nur Moskau, auch der "Westen" hat paramilitärische Kräfte unterstützt. Die USA haben nach eigenen Angaben etwa 5 Milliarden US-Dollar in die Opposition in der Ukraine "investiert". Bis heute ist unklar ob der erhebliche Gebrauch von Schusswaffen auf dem Maidan auf westliche Unterstützung zurückzuführen ist.

Der Westen hat auch mit Oligarchen wie Julia Tymoschenko zusammen gearbeitet, die in den 90er Jahren ihr Volk als Gasprinzessin beklaut hat und mit offen rechtsextremen Banditen zusammen arbeitet bzw. die Bewaffnung paramilitärischer Gruppen unterstützt. Bis heute sind die Todesschüsse auf dem Maidan nicht aufgeklärt. Es gibt starke Indizien, dass zahlreiche Schüsse aus dem Hotel Ukraina abgefeuert wurden, dass damals unter Kontrolle der Opposition bzw. jetzigen Regierung in Kiew stand. Hierzu verweise ich u.a. auf einen Beitrag der ARD-Sendung Monitor.
http://www.wdr.de/tv/monitor/sendungen/2014/0410/maidan.php5

Ich finde es einen Skandal, dass die Bundesregierung eine Regierung in Kiew anerkennt, die unter Umständen in politische Morde verwickelt ist, einen Faschisten zum Generalbundesanwalt macht und somit die Aufklärung der Todesschüsse bzw. das Justizsystem Verbrechern überträgt. Zumal die Regierung in Kiew den zweifelsfrei korrupten Präsidenten Janukowitsch nicht verfassungsgemäß abgeöst hat, (ein wesentlicher Faktor war, dass Oligarchen die Seiten gewechselt haben) bei der besagten Abstimmung bewaffnete Banden das Parlament umzingelten und Jagd auf Andersdenkende und Pressevertreter machen.

zu 2: DIE LINKE orientiert auf Friedensdemonstrationen am 31. Mai. Die von Ihnen angesprochenen Demonstrationen werden (weniger auf Seite der Demonstranten, aber der Organisatoren) teilweise von Akteuren aus dem rechten Spektrum oder Verschwörungstheoretikern unterstützt. Mein Eindruck ist jedoch, dass dies auf viele Demonstranten nicht zutrifft. Ich würde mir daher wünschen, dass DIE LINKE aktiv auf Menschen zugeht, die zu Recht die Entwicklungen in der Ukraine kritisieren und sich daher regelmäßig versammeln.

zu 3: Ich fände es nicht sinnvoll die Agrar- und Lebensmittelmärkte in Entwicklungsländer durch die Überflutung mit Lebensmitteln aus europäischer Überproduktion zu zerstören, sondern plädiere für eine Orientierung der Agrarförderung auf regionale Wirtschaftskreisläufe sowie die Möglichkeit von Entwicklungsländern sich vor Agrarexporten der Industrieländer zu schützen, um ihnen eine eigenständige wirtschaftliche Perspektive zu ermöglichen.

zu 4: Die Frage ist sehr unspezifsch bzw. umfangreich und würde hier den Rahmen von Abgeordnetenwatch sprengen. Ich verweise auf unser Wahlprogramm http://www.die-linke.de/wahlen/europawahlen-2014/europawahlprogramm/langfassung/ sowie die A-Z Papiere unserer Bundestagsfraktion www.linksfraktion. Themen die hier anzusprechen wären sind etwa Eindämmung der Nahrungsmittelspekulation, Rekommunalisierung der Energieversorgung sowie öffentliche Energienetze, soziale Energiewende (Strompreisaufsicht, Sozialtarife, Verringerung von Industrierabatten), sozial-ökologischer Umbau der Wirtschaft und insbesondere des Verkehrssektors durch ein Zukunftsinvestitionsprogramm u.v.m. Sollten Sie eine konkrete Nachfrage haben, können Sie sich diesbzgl. gerne wieder an mich wenden.

zu 5: Ich verweise auf unsere Positionen zu Bioenregie/Biokraftstoffen
http://www.linksfraktion.de/themen/bioenergie/

Beste Grüße,

Fabio De Masi

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