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Fabio De Masi
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Frage von Ozan K. •

Welche Möglichkeiten gibt es, das Völkerrecht für die Staaten mit ständigem Sitz im Sicherheitsrat der UN verbindlicher zu machen?

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Sehr geehrter Herr K.,

Die Durchsetzung des Völkerrechts ist ein sehr großes Thema, über das seit Jahrzehnten gerungen wird. Es gibt keine Weltarmee oder Weltpolizei. Die Auffassungen darüber wer Völkerrecht gebrochen oder Kriege verursacht hat gehen zwischen Staaten auseinander. Nicht einmal internationale Gerichte, die das Völkerrecht auslegen, sind von einigen der mächtigsten Staaten (wie zB den USA) anerkannt. Denn die mächtigeren Staaten führen auch mehr Kriege und haben daher am meisten bei einem starken Völkerrecht zu verlieren. Daher gibt es seit vielen Jahrzehnten Forderungen nach einer Stärkung der UN Generalversammlung oder einer eigenen UN-Armee, die dem Zugriff der einzelnen Staaten und ihren jeweiligen Interessen entzogen sein soll. Seit dem Ende des Kalten Krieges wurde das UN-System eher geschwächt. Insbesondere die USA und der Westen spielten mit Militäreinsätzen wie im Irak eine führende Rolle und trugen so zur Erosion des Völkerrechts, wie aktuell in der Ukraine oder in Gaza, bei.

Die Alternative darf jedoch nicht lauten das Völkerrecht zu beerdigen, sondern die Friedenspflicht wieder in den Mittelpunkt der internationalen Diplomatie zu rücken. Auch die öffentliche Meinung spielt dabei eine erhebliche Rolle.

Mein Kollege im Europäischen Parlament, Michael von der Schulenburg, der Außenpolitiker des Bündnis Sahra Wagenknecht ist, war viele Jahrzehnte in führenden Positionen für UN Friedensprozesse verantwortlich. Er war für die UN unter anderem in New York, Haiti, Pakistan und Iran und Afghanistan tätig. Während des Golfkriegs entsandte ihn der humanitäre Koordinator des UN-Generalsekretärs, mit Sonderaufträgen nach Syrien und Iran. Am 14. Januar 2009 wurde er von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon zum Repräsentanten der UN in Sierra Leone ernannt. Bei dem von ihm geleiteten United Nations Integrated Peacebuilding Office in Sierra Leone (UNIPSIL) handelte es sich um die weltweit erste integrierte Peacebuilding-Mission, die 14 UN-Organisationen koordinierte.

Michael von der Schulenburg hat über die Reform der UN ein Buch veröffentlicht, das ich dazu empfehlen kann. Dort finden Sie weitergehende Vorschläge, die den Rahmen von Abgeordnetenwatch sprengen.

https://www.aup.nl/en/book/9789462984271/on-building-peace

Mit freundlichen Grüßen

Fabio De Masi

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