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Fabio De Masi
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Frage von Eric M. •

Frage an Fabio De Masi von Eric M. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr De Masi,

auf Ihrer Website findet sich ein Gespräch mit Ihrem Mitarbeiter (Hr. Höfgen) vom 20.1.21 mit dem Titel "Jobgarantie statt Grundeinkommen" (https://www.fabio-de-masi.de/de/article/3433.jobgarantie-statt-grundeinkommen.html).
Wie der Titel schon sagt, plädieren Sie darin für eine staatliche Jobgarantie als Mittel der sozialen Sicherung.

Meine Fragen dazu:
Was soll mit Menschen passieren, die keine Erwerbsarbeit machen wollen und deshalb von einer Jobgarantie nicht profitieren können?
Welche Jobs möchten Sie garantieren, d.h. welche Ansprüche dürfen die Menschen an ihre Jobs stellen?
Was passiert mit Menschen, die einen Job schlecht machen (z.B. weil sie ihn nicht wirklich gerne tun, weil ihnen dazu einfach die Befähigung fehlt oder aus anderen Gründen)?
Möchten Sie die Entstehung bzw. weitere Existenz von "Bullshitjobs" (David Graeber: Jobs, die keinen gesellschaftlichen Nutzen haben oder sogar schädlich sind) verhindern und wenn ja wie?

Mit freundlichen Grüßen
Eric Manneschmidt

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Manneschmidt,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Hinter der Jobgarantie steht die Idee, dass es sinnvoller ist, eine sinnvolle Arbeit zu finanzieren, als die Qualifikationen von Menschen in der Arbeitslosigkeit verkümmern zu lassen. Ein Ersatz für Sozialleistungen ist dies nicht.

Eine Beschäftigung unter der Jobgarantie müsste aber natürlich auskömmlich entlohnt sein und über dem Niveau von Sozialleistungen liegen! Es ist also das Gegenteil der bisherigen Praxis, bei der Menschen in mies bezahlte Jobs gedrängt werden! Die Jobs sollen so entlohnt werden, dass eine große Zahl von Menschen eine solche Tätigkeit freiwillig aufnimmt.

Die Jobs sollen gemeinnützig sein. Es gibt etliche sinnvolle Tätigkeiten, die derzeit nicht ausgeführt werden, weil der Privatsektor dort keine Profite erwartet und der Staat sich zurückgezogen hat. Wichtig ist nur, dass diese Jobs keine bisherigen regulären Tätigkeiten im öffentlichen Bereich ersetzen, sondern einer zusätzlichen Tätigkeit entsprechen. Entscheidend ist daher, dass die Jobgarantie so finanziert wird, dass Kommunen keinen Anreiz haben, bisherige Aufgaben in die Jobgarantie auszugliedern.

Verantwortlich für die Jobs sollen die Jobcenter in den Städten und Gemeinden sein. Das wird also dezentral organisiert, um Tätigkeiten zu entwickeln, die auf die Situation vor Ort passen. Die Regel sollte sein: Die Jobs sind der Qualifikation der Menschen anzupassen.

David Graeber würde gemeinnützige Tätigkeiten nicht zu „Bullshit-Jobs“ zählen, zumal seine Kritik ja vor allem auf McJobs im Privatsektor abzielt.

Auch in der Jobgarantie sollten die Menschen ihr Bestes geben und Leistungs- sowie Teamfähigkeit zeigen. Bei Qualifikationslücken werden selbstverständlich Weiterbildung und Training-on-the-Job-Maßnahmen angeboten. Heute sitzen die Menschen in Schulungen für Jobs, die gar nicht existieren. Die Weiterbildung in der Jobgarantie hingegen wäre unmittelbar praxisrelevant.

Falls Sie sich tiefer einlesen möchten, kann ich die Arbeit der Ökonomin Pavlina Tcherneva empfehlen. Hier finden Sie außerdem alle Artikel und Videos meines Mitarbeiters, Maurice Höfgen, zu diesem Thema: https://mauricehoefgen.com/tag/jobgarantie .

Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen. Abonnieren Sie gerne meinen Newsletter, um über meine politischen Aktivitäten auf dem Laufenden zu bleiben: https://www.fabio-de-masi.de/de/topic/3.newsletter.html.

Ihr,

Fabio De Masi

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