Frage an Fabio De Masi von Gisela W. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Masi,
bei der heutigen aktuellen Stunde im Bundestag zum Cum Fake Steuerskandal scheint der große Erfolg im EU-Parlament zum Cum Ex Steuerskandal gar keine Rolle gespielt zu haben:
"Die EU-Volksvertreter wollen die beiden EU-Aufsichtsbehörden für Banken (Eba) und Börsen (Esma) dazu bringen, den Cum-Ex-Skandal zu untersuchen. „Wir fordern die Europäische Börsenaufsicht und die Europäische Bankenaufsicht auf, eine Untersuchung der Dividenden-Arbitrage-Geschäfte Cum-Ex und Cum-Cum aufzunehmen“, heißt es in einer Entschließung der EU-Volksvertretung.
Es müsse geprüft werden, ob von diesen illegalen Deals „eine Bedrohung für die Integrität der Finanzmärkte“ ausgehe. Die Eba und die Esma sollten dabei auch feststellen, ob die „Finanzaufsicht der Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen“ gegen diese illegalen Machenschaften ergriffen hätten.
Das Plenum der EU-Volksvertretung stimmt am Mittag über die Entschließung ab. Eine Mehrheit dafür ist sicher, weil sich fünf Fraktionen – die christdemokratische EVP, die sozialdemokratische S&D, die liberale Alde, die Grünen und die linke GUE dahinter gestellt haben. „Das ist ein einmaliger Vorgang, das gab es noch nie“, meint Sven Giegold, einer der Initiatoren des parlamentarischen Vorstoßes."
https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/cum-ex/steuerbetrug-eu-parlament-fordert-untersuchung-des-cum-ex-steuerskandals/23696130.html?ticket=ST-4549196-7A7lP1R5pDIFAafPJqHj-ap1
"Das EU-Parlament hat eine europaweite Untersuchung zu den Enthüllungen über sogenannte Cum-Ex-Geschäfte gefordert. Die Abgeordneten riefen die europäischen Behörden für Banken- und Börsenaufsicht dazu auf, Ermittlungen aufzunehmen, heißt es in einer Entschließung vom Donnerstag."
https://www.zeit.de/news/2018-11/29/eu-parlament-fordert-europaeische-ermittlungen-im-cum-ex-skandal-20181129-doc-1b73y7
Welche Auswirkungen wird diese Entschließung auf die Aufklärung der Cum Ex, Cum Cum und Cum Fake Skandale haben?
Mfg
G. W.
Sehr geehrte Frau W.,
vielen Dank für Ihre erneute Zuschrift. Im Deutschen Bundestag haben wir als Fraktion eine Aktuelle Stunde zu den Cum-Fake Skandalen erbeten, nachdem wir bereits die Cum-Ex und Cum-Cum Skandalen auf die Tagesordnung gesetzt hatten. Meine Rede in der Debatte finden Sie hier: https://www.fabio-de-masi.de/de/article/2128.cumfake-bankster-geh%C3%B6ren-in-den-knast.html.
Wie Sie richtig festgestellt haben, hat auf europäischer Ebene das Europäische Parlament (EP) einen Entschließungsantrag zum Cum-Ex Skandal mit großer Mehrheit angenommen (der Antrag ist hier einsehbar: http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+TA+P8-TA-2018-0475+0+DOC+XML+V0//DE).
Entschließungsanträge des EPs haben keine rechtlich bindende Wirkung. Sie können aber dazu beitragen, politischen Druck aufzubauen. Im konkreten Fall ist es allerdings so, dass das EP die europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA und die europäische Bankenaufsichtsbehörde EBA dazu auffordern kann, eine Untersuchung bestimmter Aktivitäten durchzuführen - dies ist begründet im Artikel 22 (4) der ESAs (European Supervisory Authority) Verordnung, die nach der Wirtschafts- und Finanzkrise analog für ESMA und EBA aufgesetzt wurde. Nach meiner Kenntnis wird diese Aufforderung derzeit im EP vorbereitet.
Die sogenannten "Maßnahmen im Krisenfall" unter Artikel 18 der ESAs Verordnung, anhand welcher die jeweilige europäische Behörde (EBA oder ESMA) die Aktivitäten der jeweils national zugeordneten Behörde (BaFin) steuern und/oder koordinieren kann, können meines Wissens allerdings nur vom Europäischen Rat veranlasst werden. Entsprechend plant das EP den Rat aufzufordern, solche Notfallmaßnahmen anzuordnen. Laut Artikel 18 muss eine Aufforderung an den Rat allerdings entweder von der Europäischen Kommission, ESRB (European Systemic Risk Board) oder einer der ESAs (EBA oder ESMA) erfolgen. Außerdem ist offen, ob der Europäische Rat dann auch eine entsprechende Entscheidung fällt. Artikel 18 würde die ESAs auf jeden Fall mit weitreichenden Eingriffsmaßnahmen gegenüber nationalen Aufsichtsbehörden ausstatten (die Verordnung können Sie hier einsehen: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:32010R1093).
Insgesamt könnte sich durch den Entschließungsantrag des EPs der politische Druck erhöhen, gegen Cum-Geschäfte vorzugehen. Ob Letzteres stattfindet, bleibt abzuwarten.
Im Kampf für Aufklärung, Steuergerechtigkeit und gegen organisierte Kriminalität in Nadelstreifen bleiben wir am Ball.
Herzliche Grüße,
Ihr Fabio De Masi