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Fabio De Masi
BSW
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Frage von Nicole T. •

Frage an Fabio De Masi von Nicole T. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr De Masi ,

Ich habe eine kurze aber doch sehr umfangreiche Frage an sie.

Hat ihre Partei vor Kleinunternehmer zu unterstützen und falls ja , wie sähe diese Unterstützung aus?

Mit freundlichen Grüßen ,

N. T.

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Antwort von
BSW

Sehr geehrte Frau T.,

vielen Dank für Ihre Zuschrift.

DIE LINKE. setzt sich in etlichen Bereichen für KMUs ein. Regional verankerte KMUs, die ihrer Verantwortung für Kommune, Beschäftigte und Umwelt gerecht werden, sind für uns zentraler Bestandteil einer gemischten und nachhaltigen Wirtschaftsordnung. Folgend gebe ich Ihnen gerne eine Übersicht der für uns zentralen Punkte.

BÜROKRATIEABBAU
Im Bundestag haben wir die Bundesregierung und den Normenkontrollrat u.a. aufgefordert, die 10 aktuell aufwändigsten Verwaltungsverfahren für KMUs zu identifizieren und stark zu vereinfachen. In Gesetzen, Vorschriften und sonstigen Regelungen sollten – soweit nicht zwingende Gründe dagegen sprechen – Vereinfachungsbestimmungen und Bagatellgrenzen gelten. In Kooperation mit Vertretern der betroffenen Unternehmen könnten sehr schnell große Erleichterungen durchgesetzt werden. Der Normenkontrollrat war von Beginn an einseitig auf die Entlastung von Großunternehmen ausgerichtet und sollte nach unserer Vorstellung eine ausgewogenere Ausrichtung bekommen, welche die Entlastung von Bürgerinnen und Bürgern sowie von KMUs zum Hauptziel hat.

DIGITALISIERUNG
Wir wollen den Breitband-Versorgungsauftrag mit einer Mindestübertragungsgeschwindigkeit von 50 Mbit pro Sekunde gesetzlich verankern. Eine leistungsfähige Internetverbindung sowie auf zukünftige Entwicklungen der Digitalisierung geschultes Lehrpersonal im Bildungssystem sind Grundlage einer modernen Wirtschaft, auch außerhalb von Ballungszentren.

INNOVATION
Für uns sind die rückläufigen Innovations- und Forschungsaktivitäten des Mittelstandes ein großes Problem. Die meisten Strategien der Bundesregierung adressieren allerdings vor allem exportorientierte Großunternehmen. Wir fordern im Unterschied dazu eine deutlich stärkere KMU-Orientierung der Wirtschafts- und Forschungsförderung. Konkret wollen wir den Hightech-Gründerfonds stärken und die Firmengründung in Folge von praxisnahen Forschungsprojekten an Hochschulen und Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen erleichtern. Programme öffentlicher Förderbanken wie der KfW sind auszubauen. Dabei sind neben technischen auch soziale Innovationen und innovative Dienstleistungen stärker zu fördern. Gründungen profitieren auch von einem offeneren Umgang mit Nutzungsrechten an Forschungsergebnissen.

FINANZIERUNG
Wir setzen uns für ein Banken- und Finanzsystem ein, das der Finanzierung von Investitionen in der realen Wirtschaft dient. KMUs profitieren von einer stabilen Kreditvergabe vor Ort, oft durch Sparkassen und Genossenschaftsbanken, die keinem privatwirtschaftlichen Gewinnziel unterliegen, über stabile Institutssicherungssysteme und weniger Klumpenrisiken verfügen und Kredit- und Insolvenzrisiken der regionalen Wirtschaft besser bewerten können als anonyme und nervöse Investoren auf den Kapitalmärkten. Wir fordern eine gesetzliche Deckelung von Dispozinsen. Auch Selbstständige müssen zur Überbrückung von Liquiditätsproblemen immer häufiger Dispokredite nutzen.

STEUERN
Nach unserem Einkommensteuerkonzept werden Beschäftigte sowie alle Unternehmen, die der Einkommensteuer unterliegen, bis zu einem Einkommen von 7.100 Euro brutto pro Monat steuerlich entlastet. Dies begünstigt viele Kleinunternehmer und Selbständige sowie die große Mehrheit der Beschäftigten in KMUs. Wir befürworten die Erleichterung von Investitionen über depressive Abschreibungsregeln. Wir setzen uns zudem nachdrücklich gegen die Gewinnverschiebung und Steuervermeidung großer und multinationaler Konzerne ein, welche diesen unlautere Wettbewerbsvorteile gegenüber KMUs verschafft, die über keine internationalen Niederlassungen zur Steueroptimierung verfügen. Gleiches gilt für eine striktere Auslegung des Wettbewerbsrechts zur Verhinderung von Marktmacht. Beides würde KMUs sowie fairen Wettbewerb stärken.

SOZIALE SICHERUNG
Wir unterstützen die volle Einbeziehung der Selbständigen in die soziale Sicherung. Insbesondere die Integration von Selbstständigen in die gesetzliche Rentenversicherung ist ein längst überfälliger Schritt. Damit erhielten Selbstständige den Zugang zum vollständigen Leistungspaket der gesetzlichen Rentenversicherung: von der Absicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung bis hin zur Sicherung der Hinterbliebenen. Soloselbständige dürfen dabei nicht finanziell überfordert werden. Die Beiträge müssen sich an tatsächlichen Einkommen orientieren – und nicht an pauschalen oder fiktiven Mindesteinkommen. Hierzu haben wir in der vergangene Legislaturperiode entsprechende Anträge in den Bundestag eingebracht https://www.linksfraktion.de/themen/nachrichten/detail/gerechte-krankenkassenbeitraege-fuer-soloselbststaendige-muessen-endlich-her/.
Darüber hinaus fordern wir eine solidarische Gesundheitsversicherung, in die alle Erwerbstätigen gemäß ihrem tatsächlichen Einkommen einzahlen – auch Beamtinnen und Beamte, Abgeordnete und Selbständige. Im Gegenzug erhalten alle eine gleichermaßen hochwertige medizinische Versorgung – ohne Zuzahlungen und Zusatzbeiträge, paritätisch von Arbeitgebern und Beschäftigten finanziert. Wir fordern überdies Mindesthonorare für Soloselbständige.

FACHKRÄFTE
DIE LINKE fordert eine grundlegende Reform des Berufsbildungsgesetzes (BBiG), in der die Verbesserung der Ausbildungsqualität in den Mittelpunkt gerückt und ein Rechtsanspruch auf eine vollqualifizierende Ausbildung verankert wird. KMUs schultern zurzeit einen überproportionalen Anteil an der Berufsausbildung junger Menschen in Deutschland. Wir wollen sie durch eine Ausbildungsplatzumlage entlasten. Für uns ist und bleibt die duale Ausbildung zentrales Element. Sie spielt für die berufliche Perspektive jeder/jedes einzelnen sowie für die Fachkräftesicherung von Betrieben eine große Rolle. Daher sind die Inhalte einer Ausbildung gemäß dem technischen Fortschritt und den Anforderungen weiterzuentwickeln.

INVESTITIONSPROGRAMM
Das öffentliche Nettovermögen hat sich in den letzten Jahren aufgrund der restriktiven Haushaltspolitik auf Kosten zukünftiger Generationen stark verringert. Wir fordern ein massives Investitionsprogramm zur Modernisierung der Infrastruktur und Lösung des Investitionsstaus. Dies würde in vielen Bereichen – etwa Transport und Verkehr, Breitbandausbau, Energie – direkt auch KMUs nützen – etwa über öffentliche Aufträge und eine hochwertige Infrastruktur. Dringend nötige Investitionen im Bildungssystem schaffen die Grundlage für gut ausgebildete Beschäftigte in der Zukunft. Zugleich erzeugt ein Investitionsprogramm starke Nachfrageeffekte, auch in strukturschwachen Regionen, die gerade auch KMUs zusätzliche Aufträge schaffen und bestehende Kapazitäten sichern.

HANDELSPOLITIK
Die aktuell diskutierten Handels- und Investitionsverträge (TTIP, CETA, JEFTA, TiSA) sind gut für international tätige Konzerne und schlecht für die meisten KMUs. Wir wollen stattdessen das öffentliche Vergaberecht schützen, um weiterhin regionale Auftragsvergabe und Beschäftigung sowie die Einhaltung von sozialen und ökologischen Standards zu ermöglichen. Allgemein müssen aus unserer Sicht bei Handelsabkommen folgende Eckpunkte gelten: keine Geheimverhandlungen; volle Beteiligung der Zivilgesellschaft; keine Klageprivilegien für internationale Investoren; wirksame Regeln gegen Lohn-, Sozial- und Umweltdumping; strikte Regulierung der Finanzbranche; hohe Qualitätsstandards für Konsumgüter und Dienstleistungen; Maßnahmen gegen Steuerhinterziehung; klare Regeln beim Datenschutz.

Wenn Sie an weiteren Informationen zu meiner Arbeit interessiert sind, können Sie sich hier www.fabio-de-masi.de/de/topic/3.newsletter.html gerne in meinen ca. monatlichen Newsletter eintragen.

Mit freundlichen Grüßen,

Fabio De Masi

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