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Fabio De Masi
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Frage von Christoph B. •

Frage an Fabio De Masi von Christoph B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr De Masi,

nach den abscheulichen Terroranschlägen in Paris hat die Europäischen Kommission in ihrem EU-Änderungsvorschlag vom 18. November 2015 für die Europäische Feuerwaffenrichtlinie (91/477 EWG) einige sicherlich sinnvolle aber auch eine sehr große Zahl vom Deutschen Schützenbund² und anderen Verbänden deutlich kritisierte Vorschläge eingebracht.
Dabei ist u.a. das pauschale Verbot aller halbautomatischen Langwaffen ohne die notwendige Differenzierung zu vollautomatischen Kriegswaffen, die in Deutschland eh schon verboten sind. Zudem wird kritisch betrachtet, dass die EU-Kommission eine Richtlinie, die zur Gewährleistung des freien Waren und Personenverkehrs geschaffen wurde, nun für Zwecke der Inneren Sicherheit missbraucht, für die in Deutschland Bund und vor allem Länder zuständig sind.

Dieser Änderungsvorschlag setzt die legalen, gesetzestreuen Waffenbesitzer und Sportschützen mit Terroristen gleich, deren Waffen sowieso nicht auf dem kontrollierten legalen Waffenmarkt erworben wurden und als solche auch nie legal waren. Wie ist Ihre Position zu diesem Vorschlag der Europäischen Kommission?

Vorab vielen Dank und mit freundlichen Grüßen

C. B.

²Deutscher SchützenBund e.V.: Klare Position des DSB zum Änderungsvorschlag der Europäischen Kommission vom 18. November 2015 für die Europäische Feuerwaffenrichtlinie (91/477 EWG); 03.12.2015; online unter: http://www.dsb.de/aktuelles/meldung/6132-Klare-Position-des-DSB-zum-Aenderungsvorschlag-der-Europaeischen-Kommission-vom-18.-November-2015-fuer-die-Europaeische-Feuerwaffenrichtlinie-91-477-EWG/

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Bauer,

Ich danke Ihnen für Ihre Zuschrift zur Verschärfung des EU-Waffenrechtes. Eine Überarbeitung der einschlägigen Bestimmungen (Feuerwaffenrichtlinie von 1991 sowie Verordnung über Mindeststandards bei Deaktivierung von Feuerwaffen) war bereits seit April 2015 beabsichtigt. Ich hielte es daher auch für falsch die Debatte auf die schrecklichen Morde von Paris zu verengen.

Grundsätzlich befürworte ich ein strengeres Waffenrecht, denn es gibt unabhängig von den Terroranschlägen von Paris einen deutlichen und unleugbaren Zusammenhang zwischen der Verbreitung von Waffen im Privatbesitz und tödlichen Zwischenfällen sowie Gewaltkriminalität. Strenge Waffengesetze haben sich im internationalen Vergleich bewährt.

Richtig ist hingegen, dass der missbräuchliche Waffengebrauch überwiegend auf dem Schwarzmarkt illegal erworbene Waffen betrifft. Das Problem des Erwerbs von Waffen und Sprengstoff auf dem Schwarzmarkt wurde von der EU-Kommission daher unzureichend adressiert.

Die Verbände hingegen blenden aber aus, dass auch Sportwaffen missbräuchlich eingesetzt werden (so wurden laut Recherchen von Opferverbänden alleine in Deutschland seit dem Winnender Amoklauf 2009 etwa 60 Menschen mit Sportwaffen getötet). Und beim versuchten Anschlag auf einen Thalyszug zwischen Amsterdam und Paris im August 2015 kam eine in Eigenregie komponierte Waffe mit im Internet erhältlichen Bauteilen zum Einsatz.

Die Verbände argumentieren, dass etwa Waffen militärischen Ursprungs im Jagdgebrauch eine präzisere und somit schmerzfreie Jagd ermöglichen. Nach meinem Kenntnisstand existieren aber hinreichende Alternativen bei Jagdwaffen. Sollte dies tatsächlich nicht der Fall sein, bitte ich um einen entsprechenden Hinweis.

Die Verbände kritisieren insbesondere das geplante Verbot halbautomatischer Feuerwaffen mit automatischen Mechanismen (z.B. Kat B7) bzw. Einschränkungen beim Besitz nicht mehr funktionstüchtiger Waffen. Hier muss allerdings in Betracht gezogen werden, dass bei dem Anschlag auf Charlie Hebdo reaktivierte Kriegswaffen zum Einsatz kamen.

Die Verpflichtung zu einem Waffenschein für Sammler halte ich für eine zumutbare und gerechtfertigte Maßnahme. Dies betrifft ebenso die medizinische Untersuchung von Jägern, die bereits heute in einigen EU-Staaten Pflicht ist und sich bewährt hat.

Gleichwohl gebrauchen viele Jäger und Sportschützen Ihre Waffen mit hohem Verantwortungsbewusstsein. Es gibt bei der regelmässigen Debatte um das Waffenrecht auch ungeklärte organisatorische, finanzielle und rechtliche Fragen, die beantwortet werden müssen. Dies betrifft etwa die Befürchtungen dass eine zentralere Lagerung von Waffen das Risiko von Einbrüchen und der illegalen Verbreitung von Waffen erhöhen oder dass Verbote von großen Kalibern in Privatbesitz nicht sachgemäß sind und - wie vom Bayerischen Sportschützenverband empfohlen - die maximale Geschossenergie ein geeigneterer Maßstab sei. Weiterhin müssen zahlreiche Details hinsichtlich der Entschädigung, des Bestandsschutzes, der personellen Ausstattung zur Waffenkontrolle sowie der sicheren Einlagerung und Entsorgung eingezogener Waffen in den Kommunen adressiert werden.

Die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit und das staatliche Gewaltmonopol rechtfertigen es in der Abwägung unterschiedlicher Interessen an den Waffenbesitz zu Berufs- oder Sportzwecken strenge und für die Betroffenen zuweilen auch lästige Maßstäbe anzulegen. Der Opferschutz hat für mich grundsätzlich Vorrang. Ein verantwortungsbewusster Abgeordneter muss hier auch Gegenwind und Verärgerung von Verbänden aushalten.

Ich nehme Probleme und Einwände jedoch sehr ernst. Selbstverständlich müssen Maßnahmen, die nicht die beabsichtigte Wirkung erzeugen, vorurteilsfrei überprüft werden. Ich empfehle Ihnen daher, sich in den Konsultationsprozess der EU-Kommission einzubringen.

Mit freundlichen Grüßen,

Fabio De Masi

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