Frage an Fabio De Masi von Georg Z. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr De Masi,
ich ersuche um baldige Mitteilung, ob Sie gegen das am 11. Juli 2014 vom Bundespräsidenten ausgefertigte dreiundzwanzigste Gesetz zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes klagen und dieses durch das Bundesverfassungsgericht prüfen lassen werden.
Die Sprecherin des Bundespräsidenten selbst teilte dazu mit:
„Im Ergebnis waren die verfassungsrechtlichen Bedenken nicht so durchgreifend, dass sie den Bundespräsidenten an einer Ausfertigung gehindert hätten.“
Wie Sie wissen, haben viele Bürger und anerkannte Staatsrechtler wie Herr Prof. von Arnim weiter sehr große verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Gesetz.
Ich verweise hierzu auf
1.) die öffentliche Petition „Keine Diätenerhöhung für Abgeordnete“ https://www.openpetition.de/petition/online/keine-diaetenerhoehung-fuer-abgeordnete oder
2.) die Stellungnahme von Herrn Prof. von Arnim zur verfassungswidrigen Diätenerhöhung für Abgeordnete
http://www.stern.de/politik/deutschland/staatsrechtler-von-arnim-die-diaetenerhoehung-ist-verfassungswidrig-2089942.html
Herr Prof. von Arnim stellt hierzu u. a. fest:
„Ich habe … keinen Zweifel (an der Verfassungswidrigkeit des Diätengesetzes), ebenso wie auch die ganz große Mehrheit der anderen staatsrechtlichen Autoren. Wir können uns dabei auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichts stützen …
Die geplante Abgeordnetenrente ist ein großes Privileg, das sich die Volksvertreter in eigener Sache bewilligen. Für ein einziges Jahr im Parlament erwerben die Abgeordneten einen monatlichen Versorgungsanspruch von 227 Euro. Das ist achtmal so viel wie ein normaler Arbeitnehmer für ein Arbeitsjahr erwirbt. Der bekommt nämlich für ein ganzes Arbeitsjahr eine monatliche Rente von 28 Euro.“
Werden Sie auf rasche einstweilige Anordnungen des Bundesverfassungsgerichts dringen?
Sehr geehrter Herr Zenker,
herzlichen Dank für ihre Anfrage. DIE LINKE hat die Diätenerhöhung im Deutschen Bundestag abgelehnt. Das Grundgesetz fordert eine "angemessene, die Unabhängigkeit sichernde Entschädigung" für die Abgeordneten ein. Nicht weniger, aber eben auch nicht mehr. Die Reallöhne stagnieren aufgrund von politischen Entscheidungen wie der Agenda 2010 seit etwa 15 Jahren. Eine Erhöhung der Abgeordnetenbezüge um 830 Euro innerhalb von sieben Monaten ist daher skandalös. Darum spenden die Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE im Bundestag die Diätenerhöhung an die SOS Kinderdörfer.
DIE LINKE setzt sich seit Jahren für ein anderes Diäten-System ein. Wir haben seit jeher die Anpassung der Abgeordnetenbezüge an die allgemeine Lohnentwicklung gefordert. Dies sollte den ein oder anderen Abgeordneten anderer Parteien anregen, mit uns für höhere Löhne zu streiten. Jedoch wollen wir, dass etwaige Erhöhungen auch weiterhin vor der Öffentlichkeit diskutiert werden. Das nun ab Juli 2016 greifende Indexierungsverfahren erhöht die Diäten automatisch, ohne öffentliche Debatte.
Zur Klage: Ich finde eine Klage prinzipiell sinnvoll, wenn begründete Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit bestehen. Dies heisst jedoch nicht, dass eine solche Klage immer am Besten durch Abgeordnete wahrgenommen werden kann. Unsere Bundestagsfraktion hat nach rechtlicher Abwägung nicht gegen die Änderung des Abgeordnetengesetzes geklagt. Soweit hier eine sogenannte abstrakte Normenkontrolle angesprochen ist, wäre unsere Fraktion aufgrund der Stärke der Großen Koalition in Deutschland nicht einmal klagebefugt: Art. 93 Absatz 1 Nr.2 des Grundgesetzes ermöglicht dies nur "einem Viertel der Mitglieder des Bundestages". Denn das Recht zur Normenkontrolle wurde im Rahmen der Anpassung verschiedener Minderheitsrechte an die Mehrheitsverhältnisse in der 18.Wahlperiode des Bundestages ausdrücklich nicht angepasst. Selbst eine “vereinte Opposition” aus LINKEN und GRÜNEN könnte nicht klagen, da sie nicht auf ein Viertel der Abgeordneten kommt.
Es bestünde dann nur die Möglichkeit für einzelne Abgeordnete zu klagen, wenn diese nachweisen können durch die Änderung des Abgeordnetengesetzes bzw. die Diäten-Erhöhung in ihren Rechten beschnitten zu werden - was nach meiner Einschätzung eher schwierig zu begründen wäre (ggf. ließe argumentieren, dass die automatische Indexierung der Diäten ein Eingriff in die Entscheidungsbefugnisse des Abgeordneten darstellt. Das Gesetz wurde jedoch von den Abgeordneten selbst beschlossen. Das Bundesverfassungsgericht stellt zudem hohe Anforderungen an den Nachweis der Abgeordneten bei der Ausübung ihres Mandats beeinträchtigt zu sein).
Zur Situation der Europaabgeordneten: Seit der neuen Legislaturperiode 2014 – 2019 werden die Diäten einheitlich und zentral von der EU bezahlt und nicht mehr von den Herkunftsländern. Siehe hierzu auch
Die Diätenerhöhung gilt nur für diejenigen Europaabgeordneten, welche sich nach der Übergangsbestimmung des Abgeordnetenstatuts des Europäischen Parlaments für die weitere Anwendung des nationalen Systems entschieden haben. Da ich jedoch 2014 zum ersten Mal in das Europäische Parlament gewählt wurde, gilt für mich diese Diätenerhöhung nicht. Auch von meiner Seite wäre eine Klage daher wenig aussichtsreich,
Über meine Einkünfte und deren Verwendung werde ich nach Überarbeitung meiner Homepage unter http://www.fabiodemasi.de berichten. Grob skizziert erhalte ich nach Abzug der EU-Steuer etwa 6200 Euro netto monatlich (exklusive Kranken- und Pflegeversicherung, Unterhaltsleistungen u.ä.). Davon spende ich etwas mehr als 2000 Euro monatlich. Zusätzlich erhalte ich eine steuerfrei Kostenpauschale von über 4000 Euro, die ich für Aufwendungen meines Mandats nutze sowie Tagegelder von 304 Euro pro Sitzung, die Kosten der mehrfachen Haushaltsführung decken soll. Darüber hinaus erhalte ich etwa 21 000 Euro für die Gehälter meiner Mitarbeiter. Ich erziele keine Nebeneinkünfte und stehe somit auf keiner „Gehaltsliste“ wirtschaftlicher Interessengruppen.
Mit freundlichen Grüßen,
Fabio De Masi