Sehr geehrter Herr Mehring, wie ist Ihre persönliche Meinung hinsichtlich gendergerechter Sprache?
Sehr geehrter Herr Mehring,
ich möchte Sie gerne frage, wie Ihre Haltung zur gendergerechten Sprache ist. Denken Sie, es ist ein wichtiger Schritt in Richtung Gleichberechtigung, da sich hiermit auch Menschen angesprochen fühlen, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugehörig fühlen, oder empfinden Sie die Debatte darum eher irrelevant bzw. deplatziert? Nutzen Sie eventuell selbst gendersensible Sprache in Form von Sternchen, Unterstrichen, Doppelpunkt oder lehnen Sie diese ab?
Über Ihre ausführliche Antwort bin ich sehr gespannt !
Mit freundlichen Grüßen
A. M.
Liebe Frau M.
haben Sie herzlichen Dank für Ihre Frage hinsichtlich meiner Haltung zu gendergerechter Sprache, die ich Ihnen gerne differenziert beantworten möchte.
Als Wissenschaftler und Politiker ist unsere Sprache für mich mein wichtigstes "Werkzeug" und bedeutend mehr als ein technischer Transmitter zum Austausch von Begriffen. Vielmehr transportieren wir mit unseren Formulierungen - ebenso unbewusst wie unweigerlich - auch unsere Überzeugungen und Werte stets mit und beeinflussen daher fortlaufend die soziale Konstruktion der Wirklichkeit.
Zu reflektieren wie wir sprechen und dass wir damit gesellschaftliche Herausforderungen mitbearbeiten, halte ich daher für angezeigt und lohnenswert. Folgerichtig habe ich daher etwa die über 1000 Seiten meiner Dissertationsschrift konsequent in gendergerechter Sprache verfasst und achte auch bei meiner schriftlichen Kommunikation sowie in meinen Reden auf die explizite Nennung der je femininen Form.
Ebenso bin ich mir aber freilich bewusst darüber, dass dies zuvorderst einen symbolischen Aspekt der Bewusstseinsbildung befördern kann, während unsere tatsächlichen Aufgaben im Bereich der Gleichstellung ungleich tiefer liegen. Vor diesem Hintergrund halte ich es persönlich für sinnvoll und wichtig, sozusagen "freiwillig" und bewusst gendergerecht zu formulieren. Eine Debatte über das Umschreiben deutscher Klassiker oder gar eine rechtliche Verpflichtung zum Gendern schießt meines Erachtens aber über das Ziel hinaus...etwas zugespitzt formuliert: Die Gebrauchsanweisung des Kühlschranks oder die Montageanleitung des neuen IKEA-Regales muss aus meiner Sicht nicht rechtsverbindlich umformuliert werden - darf es aber!
Mit herzlichen Grüßen
Ihr
Dr. Fabian Mehring