Was lernen Sie und Ihre Partei aus der Flugblatt-Affäre?
Sehr geehrter Herr Mehring,
im Zuge der Affäre um Hr. Aiwanger war das einzige Statement, dass ich von Ihnen vernommen habe, dass dies eine Medienkampagne ist.
Halten Sie es für richtig, sich in der Opferrolle zu präsentieren? Das sind Vorgehensweisen, die man sonst vorwiegend bei Rechten und v.a. in den USA findet. Dies für eine demokratische Partei zu übernehmen, sehe ich als falsch an. Was ist mit aufrichtigen Entschuldigungen, einer internen Aufarbeitung? Wird das der neue Weg Ihrer Partei: wenn was unpassendes in den Medien berichtet wird, dies als Hetzkampagne abzutun? Keine Selbstreflexion? Dass dadurch die Gesellschaft gespaltet wird, sollte Ihnen bewusst sein. Generell scheint der Wahlkampf Ihrer Partei auf Spaltung und weniger auf Inhalte zu setzen. Sehen Sie diese Entwicklung nicht als bedenklich an?
Viele Grüße
M. T.
Lieber Markus T.,
wie Sie vielleicht wissen, war ich in den letzten fünf Jahren der profilierteste Anti-Rechts-Redner im Bayerischen Parlament und wurde deshalb sogar auf "Feindeslisten" rechter Sekten geführt, womit sich der Verfassungsschutz befassen musste. Nachstehende Zeilen schreibe ich Ihnen folgerichtig als jemand, den nicht einmal der linkeste Flügel der Grünen auch nur einen Jota rechts der Mitte verorten würde.
Ich kenne Hubert Aiwanger seit nunmehr 15 Jahren persönlich. Seit fünf Jahren arbeite ich als Parlamentarischer Geschäftsführer seiner Regierungsfraktion täglich eng mit ihm zusammen. In all dieser Zeit gab es nicht eine einzige Begebenheit, die auch nur einen Funken Zweifel an seiner politischen Gesinnung rechtfertigen würde. Im Gegenteil: Aiwanger unterstützte mich sogar massiv dabei, erhebliche Landesmittel für die Etablierung eines jüdischen Lernortes in unserer gemeinsamen Heimat zu akquirieren.
Ihn gleichwohl sechs Wochen vor Wahlen, "zufällig" am Tag des Beginns der Briefwahl in Bayern auf Basis anonymer Schilderungen eines Lehrers aus den Reihen der SPD mit Vorgängen in ein rechtes Licht zu rücken, die sich vermeintlich vor knapp 40 Jahren auf einem niederbayerischen Schulklo ereignet haben sollen, kann selbstverständlich als "Kampagne" gedeutet werden. Wieso sonst hätten die hieran beteiligten Protagonisten Aiwangers Arbeit als Stellv. Ministerpräsident über knapp fünf Jahre unaufgeregt begleiten sollen, um ihn kurz vor Wahlen - auf Basis 40 Jahre alter Infos - für untragbar zu erklären?
Wie die einschlägigen Umfragen hierzu zeigen, stehe ich mit dieser Bewertung nicht alleine, sondern an der Seite der überwältigenden Mehrheit der Menschen im Freistaat. Umso mehr freut es mich, dass selbst der Chefredakteur der SZ unterdessen in der Talkrunde von Frau Maischberger Fehler erkannt und eingeräumt hat.
An meiner Haltung und erfolgreichen Arbeit für unsere Region ändern all diese Begebenheiten, die in einen Zeitraum vor meiner eigenen Geburt fallen, freilich ohnedies nicht das Geringste.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr
Dr. Fabian Mehring, MdL