Frage an Fabian Mehring von Magnus W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Lieber Fabian,
die Idee "Region vor Partei" finde ich durchaus löblich, da gerade der schwäbische Raum in der Vergangenheit nicht besonders berücksichtigt wurde. Allerdings stellen sich mir einige Fragen, wenn ich mir die Konsequenzen dieses Gedankens in Parlamenten vorstelle:
1. Was heißt für dich Region?
Welche Region meinst du? Ganz Schwaben, also den Bezirk. Das mittlere Schwaben, also abgegrenzt vom Allgäu oder Nordschwaben? Oder gar nur den südlichen Landkreis?
Je nach Definition der Region verändert sich ja der Kreis von Menschen, in deren Dienst du dich später stellen möchtest.
2. Was bedeutet das für dich in einer Koalition?
Auf eine vorhergehende Frage hast du eingeräumt, dass du dir die Freien Wähler als Korrektiv der CSU gut vorstellen kannst, auch da dort mehr inhaltliche Gemeinsamkeiten zu finden seien. Ob ihr wirklich ein Korrektiv wäret, lass ich mal dahingestellt, bei den Gemeinsamkeiten besteht wohl kein Zweifel.
Aber auch hier stellt sich doch die Frage, wie eine Koalition bestehen soll? Läuft das nicht de facto auf eine Tolerierung der CSU durch die FW hinaus, wenn es aufgrund des eigenen Anspruchs für dich kaum möglich ist, Initiativen der Opposition abzulehnen, wenn diese die Stärkung Schwabens vorsieht... Stabile Verhältnisse wird es doch so nicht geben...
Ich freue mich auf deine Antworten.
Viele Grüße
Magnus
Lieber Magnus,
zunächst herzlichen Dank für deine "fraktionsübergreifende" Zuschrift via abgeordnetenwatch. Dank Facebook weiß ich, dass du heute auch noch Geburtstag hast, sodass ich dir hierzu eingangs herzlich gratulieren möchte. Deine Rückfragen beantworte ich gerne wie folgt:
"1. Was heißt für dich Region? Welche Region meinst du? Ganz Schwaben, also den Bezirk. Das mittlere Schwaben, also abgegrenzt vom Allgäu oder Nordschwaben? Oder gar nur den südlichen Landkreis?"
Im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bayerischen Landtag habe ich den Eindruck gewonnen, dass die staatstragende Partei im Hinblick auf den 15. September vor allen Dingen ein Ziel verfolgt: Zurück zur absoluten Mehrheit. Wer aber die absolute Mehrheit erobern möchte, benötigt hierfür außerordentlich viele Stimmen. Diese sind aufgrund der Bevölkerungsstruktur im Freistaat nicht in unserer gemeinsamen Heimatregion zu gewinnen, sondern im ungleich einwohnerstärkeren Speckgürtel der Landeshauptstadt München. Deshalb soll dieser nun mit Milliardenprojekten wie einer dritten Startbahn oder einem zweiten S-Bahn-Tunnel "versorgt" werden, während die bayerischen Regionen am langen Arm der Staatsregierung verhungern. Möglich ist das nur deshalb, weil die Volksvertreter unserer Heimat sich in München auf Fraktionslinie zwingen lassen und dort gegen die Interessen der von ihnen vertretenen Stimmkreise stimmen. Für eine andere Verteilung landesweiter Mittel, die letztlich zu gleichwertigen Lebensverhältnissen in GANZ Bayern führt, benötigen wir deshalb nach meiner festen Überzeugung Abgeordnete, die sich nicht als Vertreter einer Partei, sondern als Kämpfer für ihre Region verstehen. Ich selbst bewerbe mich um das Direktmandat im südlichen Landkreis Augsburg und bin Zweitstimmenkandidat in Schwaben. Sollten mir die WählerInnen am 15. September ihr Vertrauen schenken, werde ich wohl über die schwäbische Bezirksliste in den Landtag einziehen. Dies würde ich als Auftrag sehen, in München für die Interessen Schwabens einzutreten - freilich mit einem Schwerpunkt auf dem Landkreis Augsburg, für den ich mich in einer besonderen Verantwortung sehe.
2. Was bedeutet das für dich in einer Koalition? ? Läuft das nicht de facto auf eine Tolerierung der CSU durch die FW hinaus, wenn es aufgrund des eigenen Anspruchs für dich kaum möglich ist, Initiativen der Opposition abzulehnen, wenn diese die Stärkung Schwabens vorsieht? Stabile Verhältnisse wird es doch so nicht geben...
Zunächst einmal bin ich der Meinung, dass die FREIEN WÄHLER vor niemandem im Staub kriechen sollten, um ein paar Ministerposten zu ergattern. Im Zuge der Abschaffung der Studiengebühren, bei den Verfassungsänderungen zum Ehrenamt und den gleichwertigen Lebensverhältnissen oder mit Blick auf den Fall Mollath haben wir bewiesen, notfalls auch aus der Opposition heraus Politik gestalten zu können. Wir sind die zweitstärkste kommunalpolitische Kraft in Bayern und stellen in Bayern mehr Bürgermeister, Stadt- und Gemeinderäte, als einige "etablierte Parteien" Mitglieder haben. Eine Marginalisierung der FW zum Steigbügelhalter und Machtgehilfen der CSU, so wie es die FDP in der letzten Legislaturperiode erleben musste, wird es deshalb nicht geben. Wir sind nur dann dazu bereit Regierungsverantwortung zu übernehmen, wenn wir hierbei unsere wesentlichen Vorstellungen auch umsetzen können.
Mein persönlicher Anspruch, meine politischen Entscheidungen keiner Parteiideologie zu unterwerfen, sondern an den Interessen der von mir vertretenen Region auszurichten, wird mir in einer denkbaren Koalition wohl parteiintern den Ruf eines "unangenehmen Abgeordneten" einbringen. Wie beschrieben fühle ich mich allerdings in erster Linie nicht einer Partei verpflichtet, sondern den Menschen die mich gewählt haben, sodass ich hiermit leben kann. Schließlich kann ich bis heute keinen Sinn daran erkennen, weshalb die Opposition gegen jeden Vorschlag der Regierung stimmen muss und andersherum. Dieses inhaltlich völlig belanglose "Lagerdenken" halte ich für überholt. Deshalb will ich mir auch im Landtag - so wie es in unseren Kommunalparlamenten stets gelebte Praxis ist - ein eigenes Bild von den zu treffenden Entscheidungen machen und werde mir im Zweifel durchaus auch herausnehmen, anders abzustimmen als mein "Lager" es mir vorzugeben müssen glaubt. Wieso sollte ich - wie jüngst geschehen - als Heimatabgeordneter unserer Region Initiativen zugunsten meines Stimmkreises (Drittes Gleis, Bahnhalt an der SGL-Arena, Erhebung Königsbrunns zum Mittelzentrum) in München verhindern, weil sie von Opposition/Regierung kommen und ich dem anderen Lager angehöre? - Das wird es mit mir nicht geben. Deine Sorge, dass ein auf diese Weise sachorientierter Politikstil zu "Instabilität" führen könnte, teile ich nicht. Würde jede(r) Abgeordnete in München konsequent agieren wie von mir beschrieben und seinen Auftrag darin sehen, im Maximilianeum die Interessen der von ihm repräsentierten Region zu vertreten, würden nämlich einzig echte Mehrheiten entstehen, die nicht weniger stabil wären, als die derzeit durch Hinterzimmerabsprachen in den Parteigremien künstlich erzeugten "stabilen" Entscheidungen. Mir jedenfalls wäre es lieber zu wissen, dass bereits die ersten Bagger an der Staudenbahn, dem dritten Gleis oder der FOS in Bobingen arbeiten, als mir "stabiler Verhältnisse" zu Lasten Schwabens in München sicher sein zu können.
Sonnige Grüße nach Augsburg und einen rundum gelungenen Geburtstag
Fabian
Lieber Magnus,
zunächst herzlichen Dank für deine "fraktionsübergreifende" Zuschrift via abgeordnetenwatch. Dank Facebook weiß ich, dass du heute auch noch Geburtstag hast, sodass ich dir hierzu eingangs herzlich gratulieren möchte. Deine Rückfragen beantworte ich gerne wie folgt:
"1. Was heißt für dich Region? Welche Region meinst du? Ganz Schwaben, also den Bezirk. Das mittlere Schwaben, also abgegrenzt vom Allgäu oder Nordschwaben? Oder gar nur den südlichen Landkreis?"
Im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bayerischen Landtag habe ich den Eindruck gewonnen, dass die staatstragende Partei im Hinblick auf den 15. September vor allen Dingen ein Ziel verfolgt: Zurück zur absoluten Mehrheit. Wer aber die absolute Mehrheit erobern möchte, benötigt hierfür außerordentlich viele Stimmen. Diese sind aufgrund der Bevölkerungsstruktur im Freistaat nicht in unserer gemeinsamen Heimatregion zu gewinnen, sondern im ungleich einwohnerstärkeren Speckgürtel der Landeshauptstadt München. Deshalb soll dieser nun mit Milliardenprojekten wie einer dritten Startbahn oder einem zweiten S-Bahn-Tunnel "versorgt" werden, während die bayerischen Regionen am langen Arm der Staatsregierung verhungern. Möglich ist das nur deshalb, weil die Volksvertreter unserer Heimat sich in München auf Fraktionslinie zwingen lassen und dort gegen die Interessen der von ihnen vertretenen Stimmkreise stimmen. Für eine andere Verteilung landesweiter Mittel, die letztlich zu gleichwertigen Lebensverhältnissen in GANZ Bayern führt, benötigen wir deshalb nach meiner festen Überzeugung Abgeordnete, die sich nicht als Vertreter einer Partei, sondern als Kämpfer für ihre Region verstehen. Ich selbst bewerbe mich um das Direktmandat im südlichen Landkreis Augsburg und bin Zweitstimmenkandidat in Schwaben. Sollten mir die WählerInnen am 15. September ihr Vertrauen schenken, werde ich wohl über die schwäbische Bezirksliste in den Landtag einziehen. Dies würde ich als Auftrag sehen, in München für die Interessen Schwabens einzutreten - freilich mit einem Schwerpunkt auf dem Landkreis Augsburg, für den ich mich in einer besonderen Verantwortung sehe.
2. Was bedeutet das für dich in einer Koalition? ? Läuft das nicht de facto auf eine Tolerierung der CSU durch die FW hinaus, wenn es aufgrund des eigenen Anspruchs für dich kaum möglich ist, Initiativen der Opposition abzulehnen, wenn diese die Stärkung Schwabens vorsieht? Stabile Verhältnisse wird es doch so nicht geben...
Zunächst einmal bin ich der Meinung, dass die FREIEN WÄHLER vor niemandem im Staub kriechen sollten, um ein paar Ministerposten zu ergattern. Im Zuge der Abschaffung der Studiengebühren, bei den Verfassungsänderungen zum Ehrenamt und den gleichwertigen Lebensverhältnissen oder mit Blick auf den Fall Mollath haben wir bewiesen, notfalls auch aus der Opposition heraus Politik gestalten zu können. Wir sind die zweitstärkste kommunalpolitische Kraft in Bayern und stellen in Bayern mehr Bürgermeister, Stadt- und Gemeinderäte, als einige "etablierte Parteien" Mitglieder haben. Eine Marginalisierung der FW zum Steigbügelhalter und Machtgehilfen der CSU, so wie es die FDP in der letzten Legislaturperiode erleben musste, wird es deshalb nicht geben. Wir sind nur dann dazu bereit Regierungsverantwortung zu übernehmen, wenn wir hierbei unsere wesentlichen Vorstellungen auch umsetzen können.
Mein persönlicher Anspruch, meine politischen Entscheidungen keiner Parteiideologie zu unterwerfen, sondern an den Interessen der von mir vertretenen Region auszurichten, wird mir in einer denkbaren Koalition wohl parteiintern den Ruf eines "unangenehmen Abgeordneten" einbringen. Wie beschrieben fühle ich mich allerdings in erster Linie nicht einer Partei verpflichtet, sondern den Menschen die mich gewählt haben, sodass ich hiermit leben kann. Schließlich kann ich bis heute keinen Sinn daran erkennen, weshalb die Opposition gegen jeden Vorschlag der Regierung stimmen muss und andersherum. Dieses inhaltlich völlig belanglose "Lagerdenken" halte ich für überholt. Deshalb will ich mir auch im Landtag - so wie es in unseren Kommunalparlamenten stets gelebte Praxis ist - ein eigenes Bild von den zu treffenden Entscheidungen machen und werde mir im Zweifel durchaus auch herausnehmen, anders abzustimmen als mein "Lager" es mir vorzugeben müssen glaubt. Wieso sollte ich - wie jüngst geschehen - als Heimatabgeordneter unserer Region Initiativen zugunsten meines Stimmkreises (Drittes Gleis, Bahnhalt an der SGL-Arena, Erhebung Königsbrunns zum Mittelzentrum) in München verhindern, weil sie von Opposition/Regierung kommen und ich dem anderen Lager angehöre? - Das wird es mit mir nicht geben. Deine Sorge, dass ein auf diese Weise sachorientierter Politikstil zu "Instabilität" führen könnte, teile ich nicht. Würde jede(r) Abgeordnete in München konsequent agieren wie von mir beschrieben und seinen Auftrag darin sehen, im Maximilianeum die Interessen der von ihm repräsentierten Region zu vertreten, würden nämlich einzig echte Mehrheiten entstehen, die nicht weniger stabil wären, als die derzeit durch Hinterzimmerabsprachen in den Parteigremien künstlich erzeugten "stabilen" Entscheidungen. Mir jedenfalls wäre es lieber zu wissen, dass bereits die ersten Bagger an der Staudenbahn, dem dritten Gleis oder der FOS in Bobingen arbeiten, als mir "stabiler Verhältnisse" zu Lasten Schwabens in München sicher sein zu können.
Sonnige Grüße nach Augsburg und einen rundum gelungenen Geburtstag
Fabian