Frage an Ewald Schurer von robert s. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrter Herr Schnurer,
ich bin Landwirt und bewirtschafte einen Milchviehbetrieb mit ca. 40 Milchkühen zuzügl. Nachzucht. Im Oktober 2008 wurde die Blauzungenimpfung durchgeführt. Ab November 2008 verendeten im wöchentl. bis 24-täg. Rhytmus bis Februar 2009 ein Jungtier nach dem anderen (insg. 8 Stück)Es wurde die Viruskrankeit MD(BVD festgestellt. Obwohl der Hoftierarzt und das Veterinäramt Erding als Auslöser der Krankheit die Impfung verantwortlich machen, weigert sich die Tierseuchenkasse für meinen Schaden aufzukommen. Ich bekomme lediglich eine Beihilfe als Entschädigung für MD/BVD. Wie stehen Sie zur Blauzungenimpfung angesichts der Schadensfälle?
Weiterhin frage ich Sie, ob Sie die Milchbauern in ihren Forderungen nach einem flexiblen europ. Mengensteuerungssystem unterstützen?
Sehr geehrter Herr Strasser,
herzlichen Dank für Ihr Schreiben, dass Sie mir über das Internetportal www.abgeordnetenwatch.de haben zukommen lassen. Wie im Juli mitgeteilt, hatte ich mich zur Impfung gegen die Blauzungenkrankheit an das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) gewandt.
Das Antwortschreiben des BMELV liegt mir nun vor und ich möchte Ihnen hier die wichtigsten Punkte zusammenfassen:
Zur Bekämpfung der Blauzungenkrankheit wurden in Deutschland im Jahr 2008 flächendeckende Impfkampagnen durchgeführt. Aufgrund der Dringlichkeitsverordnung wurde der Einsatz von drei nicht-zugelassenen inaktivierten Impfstoffen erlaubt. Die Impfungen wurden im Bundesland Hessen in Form eines arzneimittelrechtlichen Verfahrens (Pharmakovigilanz) an über 900.000 Rindern, Schafen und Ziegen durchgeführt. Die Studienergebnisse wurden an die zuständige Sammelstelle für Impfzwischenfälle, das Paul-Ehrlich-Institut (PEI), geschickt.
Zwar gibt es laut Studie tatsächlich eine relativ hohe Fehlgeburtenrate, doch die Studien geben keinerlei Aufschluss darüber, ob dies direkt im Zusammenhang mit der Blauzungenimpfung steht. Höher bewertet wird von Seiten der EU und vom BMELV die positive Schutzleistung und den damit verbundenen Beitrag zum Tierschutz. Die Zahlen sprechen dafür. Im Jahr 2009 wurden lediglich 117 Fälle angezeigt, während im Vorjahr 2008 noch 1.968 infizierte Tiere angezeigt wurden. Zuvor hatte sich das Virus explosionsartig ausgebreitet und erheblichen Schaden in der Landwirtschaft angerichtet.
Auch andere europäische Staaten haben Konsequenzen aus der schnellen Verbreitung des Blauzungen-Virus gezogen und mit Impfpflicht reagiert. Verpflichtend ist die BTV-8-Impfung jetzt in Österreich, Frankreich, Tschechien und Schottland. In den Niederlanden und im Vereinigten Königreich ist die Impfung noch freiwillig.
Der Vollzug der Impfung obliegt der Behörde. Da das Ländersache ist, ist das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit (StMUG) hier zuständig. Das StMUG kann auch Ausnahmen der Impfpflicht erteilen, die allerdings im Einzelfall zu prüfen sind.
Bei den Impfungen gegen BTV-8 im Rahmen der staatlichen Tierseuchenbekämpfung sind Impfschäden aufgrund der hohen Anzahl der zu impfenden Tiere zu erwarten. Bei gravierenden Zwischenfällen mit Todesfolge – wie in Ihrem dramatischen Fall - greifen eigentlich die Entschädigungsregelungen nach § 66-72 des Tierseuchengesetzes. Zudem können in einigen Bundesländern bei Verkalbungen Härtebeihilfen beantragt werden, wenn diese in nahen zeitlichem Abstand zur Impfung aufgetreten sind.
Die Schäden durch das Virus sowie das Leiden der Tiere werden insgesamt höher eingestuft, als die möglichen Verluste durch Impfschäden. Das Virus hatte sich so schnell ausgebreitet, dass nur durch eine effiziente Impfkampagne gezielt dagegen vorgegangen werden konnte. Da mit freiwilliger Impfung kaum gute Erfahrungen gemacht wurden, war die Impfpflicht die logische Konsequenz.
Auch das BMELV vertritt den Standpunkt, dass die Sicherheit der Allgemeinheit schwerer wiegt als Einzelinteressen. Das ist Konsens zwischen der EU-Kommission, dem Bund und den Ländern. Eine Verletzung der Impfpflicht stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Auch hier kann der Bund nicht in Länderinteressen eingreifen. Im Land Hessen hatte sich das Verwaltungsgericht allerdings für die Länderinteressen entschieden. Zuvor hatte ein Landwirt sich auch nach Androhung von Zwangsmaßnahmen der Impfungen seiner Tiere verweigert.
Ich kann Ihnen deswegen nur raten, sich erneut an die Tierseuchenkasse zu wenden. Gern unterstütze ich Sie hierbei, wenn Sie mögen.
Mit freundlichen Grüßen
gez.
Ewald Schurer, MdB