Frage an Eva Möllring von Markward Dr. R. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Verehrte Frau Möllring,
unabhängig vom Antrag der "Linken" kann ich nicht verstehen, warum die CDU gegen die Einführung der Mindestlöhne ist. Ich kann nicht verstehen, warum ein Familienvater seine Familie nicht ernähren kann, obwohl er 40 Std. p.W. arbeitet. Er muß evt. Harz iV oder Wohngeld u. s. w. beantragen. Ist das nicht unwürdig?! Gestern wurde im Fernsehen die Situation der "Fleischer" in Schlachthöfen gezeigt: meistens Ausländer, die 3,5€ verdienten und menschenunwürdig untergebracht waren und dafür noch 110€ zahlen mußten. Das ist Deutschlands und der Regierung der "C"DU unwürdig!
Sehr geehrter Herr Dr. Ringeling,
ich bedanke mich für Ihre Anfrage zum Thema “Mindestlohn“ vom 11.09.2007.
Die Forderung eines gesetzlichen Mindestlohns hat auf Anhieb einen guten Klang, aber erlauben Sie mir einige Überlegungen zu dem Thema, die ein weiteres Licht auf die Problematik werfen.
So würde nach einer Studie, die das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) und das Ifo-Institut Dresden im Auftrag der Zeitung “Die Welt“ erstellt haben, die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns voraussichtlich mehrere hunderttausend Arbeitsplätze im Niedriglohnbereich kosten. Bei einem Mindestlohn von 6,50 Euro gingen demnach rund 465 000 Jobs verloren, bei 7,50 Euro sogar 621 000. In der Prognose wird davon ausgegangen, dass Arbeitgeber unter dem Druck Rationalisierungen durchführen würden, wodurch ein Teil der Geringverdiener ihren Arbeitsplatz verlieren würden und Unternehmen auch zwangsweise Preise erhöhen würden.
Das entscheidende Argument gegen die Einführung eines staatlichen Mindestlohns ist für mich die Tatsache, dass dies ein erster und unumkehrbarer Schritt zur Abschaffung der Tarifautonomie wäre.
Ich bin grundsätzlich der Meinung, dass der Staat die Höhe der Löhne nicht “ex cathedra“ bestimmen sollte. Das ist aus guten Gründen Sache der Gewerkschaften und der Arbeitgeber. Würde die Politik sich hier einmischen, wäre die Lohnfindung sehr schnell von parteitaktischen und wahlkampforientierten Interessen überlagert. Von der erheblichen Bürokratie, der Problematik der Überwachung der Einhaltung und der Sanktionen will ich gar nicht reden. Sicherlich sind Ihnen auch Veröffentlichungen und Informationen bekannt, die darauf hinweisen, wie häufig die bestehenden Mindestlöhne, die bereits für einzelne Berufszweige bestehen, unterlaufen werden.
Gesetzliche Mindestlöhne bedeuten also in Wahrheit mehr Risiko als Nutzen. Verantwortliche Politik darf nicht suggerieren, sie würde durch Mindestlöhne im Handumdrehen Wohlstand für alle Arbeitnehmer schaffen.
Vielmehr sind die Tarifparteien und auch die Politik aufgefordert, Instrumente zu entwickeln, um Arbeitnehmern eine faire Bezahlung zukommen zu lassen. Insbesondere die Einstufungskriterien müssen m. E. teilweise zutreffender ausgerichtet werden. Insofern haben gerade die Gewerkschaften noch einen weiten Weg vor sich und sind dabei zu unterstützen. Auch die Rechtsprechung spielt eine entscheidende Rolle, wenn es um die Unterbindung sittenwidriger Entlohnung geht.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre
Dr. Eva Möllring