Frage an Eva Möllring von Kristina L. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Dr. Möllring,
wie stehen Sie als Mitglied des Familienausschusses zur geplanten Reform des Unterhaltsrechts? Den Argumenten, mit denen die CDU/CSU-Fraktion derzeit versucht, diese Reform zu kippen, kann ich nämlich beim besten Willen nicht folgen.
Seit das Schuldprinzip Mitte der 70er Jahre aus dem Scheidungsrecht verschwunden ist, liegt das Risiko einer Scheidung doch ganz auf Seiten der Männern. Wenn eine Ehefrau ihren Ehemann betrügt und verlässt, kann sie es sich dennoch ein Leben lang auf deren Kosten finanziell bequem machen. Ein völlig unzeitgemäßes und ungerechtfertigtes Privileg, das auch mit moralischen Werten von Ehe und Familie nicht vereinbar ist.
Aufgrund hoher Unterhaltsverpflichtungen an die Exfrau haben verlassene Männer oft keine Chance mehr auf einen Neuanfang. Zweitfamilien bleibt einfach nicht genug zum Leben.
Das neue Unterhaltsrecht würde die Lasten ein wenig gerechter verteilen und gäbe „Zweitfamilien“ endlich eine Chance.
Die von der Bundesregierung geplante Reform ist fair und kommt allen Kindern zugute. Kinder aus zweiten Ehen würden dann endlich nicht mehr benachteiligt. Ich kann daran beim besten Willen nichts moralisch Verwerfliches finden - im Gegenteil.
Die Reform des Unterhaltsrechts ist für viele Zweitfamilien schlichtweg eine Frage der Existenz.
Ich bitte Sie dringend, diese Aspekte in der politischen Diskussion über die Reform des Unterhaltsrechts zu berücksichtigen.
Kinder sind unsere Zukunft und diese Gesetzesreform ist eine gute Investition in die Zukunft.
Hochachtungsvoll
Kristina Lerch
Sehr geehrte Frau Lerch,
vielen Dank für Ihre Frage vom 12.2.07. Eine Ehefrau, die ihren Mann betrügt und verlässt, hat bereits heute – und auch in Zukunft – per Gesetz gar keinen Unterhaltsanspruch, ebenso wenig dann, wenn sie später eine neue Lebenspartnerschaft eingeht.
Aber auch in allen anderen Fällen der Trennung kann sie es sich keineswegs „ein Leben lang auf seine Kosten bequem machen“, sondern ist (bereits heute) angehalten, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Wenn sie gleichzeitig die Kinder erzieht, müssen diese allerdings betreut werden können bzw. zur Schule gehen, damit sie erwerbstätig sein kann und muss.
Das Justizministerium hat einen Durchschnittsfall berechnet, wonach eine Mutter mit 2 kleinen Kindern nach der Reform insgesamt 791,-- EURO Unterhalt bekommt, wenn der Ehemann 2.400,-- EURO verdient und Vater eines dritten Kindes wird. Das ist nicht besonders bequem.
Leider reicht oft das Geld nicht dafür aus, dass Ehemänner mit zwei Familien sowohl den Neuanfang als auch die zurückgelassene Familie finanzieren können. In diesen Fällen müssen zunächst einmal die Kinder den notwendigen Unterhalt bekommen. Das nützt allerdings nicht viel, wenn die zurückgelassenen Kinder mit ihrer Mutter trotzdem um ihre Existenz bangen müssen. Deshalb gilt es, bei der Reform alle Interessen zu berücksichtigen.
Das versuchen wir derzeit im Bundestag zu klären. Dabei steht fest, dass der Anspruch der Kinder und der unverheirateten Mütter verbessert wird und die getrennt lebenden Mütter schon sehr früh neben der Kindererziehung erwerbstätig sein müssen. Ob wir die geschiedenen Ehefrauen allerdings dann noch weiter benachteiligen sollten, ist fraglich.
Ich hoffe, Ihnen damit einen kleinen Einblick in die aktuelle Diskussion gegeben zu haben.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihre
Dr. Eva Möllring