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Frage von Joachim H. •

Frage an Erwin Huber von Joachim H. bezüglich Europapolitik und Europäische Union

Sehr geehrter Herr Huber,

die Ratifizierer der EU-Verfassung begründen ihre positive Entscheidung damit, daß mit der Umsetzung das Subsidiaritätsprinzip dem EU-Bürger, den Regionen wie Bayern oder Deutschland größere Mitsprache- und Vetorechte eingeräumt werden. Leider konnte mir bisher kein Berufspolitiker ein konkretes Beispiel nennen. Ihr Europaminister Dr. Söder setzt sich massiv für ein gentechnikfreies Bayern ein, so zumindest verbal in einem Zeitungsinterview mit dem linksliberalen Berliner Tagesspiegel http://www.tagesspiegel.de/politik/deutschland/Markus-Soeder-CSU;art122,2585298 . Wäre das nicht der konkrete Fall für die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips durch die Bayerische Staatsregierung? Handeln würde hier mehr überzeugen als alle Sprüche in Interviews der verantwortlichen Politiker. Können Sie sich dieser Meinung anschließen? Diese Frage habe ich natürlich auch Ihrem Ministerkollegen Dr. Söder, der sie noch nicht beantwortet hat http://www.kandidatenwatch.de/index.php?cmd=120&id=16311&fragen=p687 , gestellt.

Vielleicht können Sie mir und den interessierten Bürger hier, auch noch andere konkrete Beispiele nennen, bei dem die Bayerische Staatsregierung das Subsidiaritätsprinzip anwenden würde und könnte. Der Europaabgeordnete der Grünen, Özdemir, der scheinbar auch ein begeisterter Befürworter der EU-Verfassung, oder wie sie sich jetzt nennt, Reformvertrag von Lissabon, ist, nannte als Beispiel, daß die Gemeinden über die Ausstattung ihres Fuhrparks selbst entscheiden sollten. Dieses Beispiel ist ein Witz und ich schloß daraus, dieser Europaabgeordnete hat keine Ahnung von der EU-Verfassung, die mir natürlich hier vorliegt und die ich durchgearbeitet habe.

Mit freundlichen Grüßen
Joachim Hahn

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Hahn,

vielen Dank für Ihre Fragen. Die CSU lehnt den Weg in einen "europäischen Staat" ab. Das in Art. 5 EU-Vertrag verankerte Prinzip der Subsidiarität gestattet der Europäischen Union nur solche Aufgaben wahrzunehmen, die von den Mitgliedsstaaten nicht ausreichend selbst, sondern nur auf europäischer Ebene gelöst werden können (z. B. gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, Bekämpfung des internationalen Terrorismus etc.). Die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips ist für mich ein wesentlicher Grundsatz, um ein friedliches und konstruktives Zusammenleben in der Europäischen Union mit 27 Mitgliedsstaaten zu ermöglichen.

Im Vertrag von Lissabon wird das Subsidiaritätsprinzip künftig durch das Protokoll "Über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit" weiter vertieft. Die nationalen Parlamente erhalten mit der "Subsidiaritäts-Rüge" ein Frühwarnsystem an die Hand, welches sie in die Lage versetzt Rechtsakte der EU-Kommission in der Frühphase ihrer Entstehung auf ihre Vereinbarkeit mit dem Subsidiaritätsprinzip zu überprüfen. Außerdem können zukünftig Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof wegen der Verletzung des Subsidia-ritätsprinzips erhoben werden. Die Subsidiaritätsklage wird das schärfste Instrument werden, um Überregulierungen durch die Brüsseler Bürokratie einzuschränken.

Aufgrund der Stärkung der parlamentarischen Kontrollmechanismen im Wege der Subsidiaritätsrüge bzw. -klage ist es absolut notwendig, dass der Vertrag von Lissabon so schnell wie möglich in Kraft treten kann. Der Vertrag von Lissabon macht die EU fit für die institutionellen Herausforderungen einer heterogenen Gemeinschaft von 27 EU-Mitgliedsstaaten.

Anwendungsbereiche des Subsidiaritätsprinzips sind z. B. die Bodenschutzrichtlinie, die Organisation des Katastrophenschutzes oder die geplante Ausweitung der bestehenden Antidiskriminierungsvorschriften durch Europa. Hier sehen wir keinen zusätzlichen Bedarf. Wirksame Vorkehrungen gegen Diskriminierungen werden genauso gut durch die Mit-gliedsstaaten selber getroffen. Mit dem Allgemeinen Gleichstellungsgesetz (AGG) hat die Bundesrepublik Deutschland die bisherigen europäischen Vorgaben zum Schutz vor Dis-kriminierungen bereits mehr als erfüllt. Die EU-Kommission hat zudem keinen Beleg dafür vorgelegt, dass die Mitgliedsstaaten nicht in der Lage sind eine effektiven den Schutz vor Diskriminierungen zu gewährleisten. So verstößt für mich die geplante Ausweitung der Anti-Diskriminierungsvorschriften durch die EU-Kommission gegen das Subsidiaritätsprinzip und schafft lediglich zusätzliche Bürokratiemonster.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr
Erwin Huber