Frage an Erwin Huber von Wolf Michael K. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Huber!
In der Südwestpresse (1) war zu lesen, dass jeder fünfte deutsche Industriebetrieb aufgrund der unsicheren und qualitativ schlechten Stromversorgung hervorgerufen durch die angefangene Abschaltung der Atomkraftwerke in Deutschland gezwungen ist, in das Ausland abzuwandern. Andererseits höre ich auf B5 aktuell, dass Ihr Kollege Seehofer in 18 Jahren in Bayern Schuldenfreiheit erreichen will. Wie soll das aufgrund wegbrechender Steuern und damit einhergehender steigender Sozialausgaben für Hartz IV-Empfänger wegen abziehender Betriebe funktionieren?
Mit freundlichen Grüßen,
Wolf Michael Kröger
Quellen
(1) Südwestpresse: "Strompreise elektrisieren Betriebe", http://www.swp.de/ulm/nachrichten/wirtschaft/Strompreise-elektrisieren-Betriebe;art4325,1297967
(2) Süddeutsche Zeitung: "CSU in Wildbad Kreuth - Bayern soll bis 2030 schuldenfrei sein", http://www.sueddeutsche.de/bayern/csu-in-wildbad-kreuth-bayern-soll-bis-schuldenfrei-sein-1.1261463
Die beiden Themen lassen keine Antwort ja oder nein zu, denn der Verlauf hängt von vielen Parametern ab. Dennoch versuche ich eine Einschätzung zu geben.
1. Belastung mit Stromkosten: Die Energiewende wird zu höheren Stromkosten führen. Das belastet Wirtschaft und Verbraucher. Für besonders energieintensive Betriebe ist gesetzlich eine Befreiung von den EEG-Umlagen und von Leitungsentgelten beschlossen, so dass eine zusätzliche Belastung für sie nicht stattfindet.
Ob es wegen gestiegener Stromkosten für die übrigen Teile der Wirtschaft zu Verlagerungen ins Ausland kommt, kann man nicht prognostizieren. Für Investitionen im Ausland gibt es viele Gründe, die Produktionskosten im Inland sind nur ein Teil von Ursachen. Außerdem und das ist für das zweite Thema viel wichtiger, kann niemand den Konjunkturverlauf über die nächsten Jahre oder Jahrzehnte vorhersagen. Das hängt von der Weltwirtschaft und vielen Faktoren ab. Eine Periode permanenten konjunkturellen Sonnenscheins werden Realisten nicht erwarten. Wir müssen uns immer im weltweiten Wettbewerb behaupten.
2. Die Ankündigung, Bayern bis 2030 schuldenfrei zu machen ist sehr ehrgeizig. Das Ziel von Schuldentilgung ist sicher richtig. Ob Bayern 2030 dieses Ziel erreicht, hängt wiederum von vielen Faktoren ab. Es ist dann sicher, wenn wir permanent ein Wachstum von 2 - 3 % erreichen . Außerdem will Bayern beim Länderfinanzausgleich und in der Staatsverwaltung sparen und wenn möglich die Landesbank verkaufen. Der Finanzminister soll bis Sommer einen Tilgungsplan ausarbeiten. Ich befürworte den Einstieg in Schuldentilgung, wage aber nicht, ein zeitliches Ziel anzugeben, weil viele Faktoren eine Rolle spielen, die Bayern nicht beeinflussen kann. Jedenfalls dürfen wir durch Tilgungen (d.h. Zahlungen für die Vergangenheit) nicht die Zukunftsfähigkeit des Landes bei Bildung und Investitionen aufs Spiel setzen. Es wird jedes Jahr auf politische Abwägungen hinauslaufen. Deshalb ist es ein politisches Ziel, das der Bewertung unterliegt.
Mit besten Grüßen
Erwin Huber