Frage an Ernst-Wilhelm Rahe von Markus H. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Rahe,
http://www.tagesschau.de/inland/spdhartzreform100.html meldet heute (15.03.09) "SPD rückt von Hartz-Reformen ab", insbesondere was die Ausgestaltungen im sog. Hartz IV-Bereich angeht. Das sehe ich nicht nur im Zusammenhang mit dem Landtagswahlkampf in NRW, sondern auch im Zusammenhang mit dem Urteil des BVerfGerichts. Ich habe mir mal die Mühe gemacht, mich in dieses Urteil einzulesen und muss sagen, dass die an der Hartz IV-Reform beteiligten GRÜNEN und die SPD dabei nicht gut wegkommen! Von "Willkür" ist da die Rede und von "nicht begründeten" Pauschalabzügen ohne jede empirische Begründung.
Meine Frage an Sie: Was halten Sie selbst von den sog. Hartz IV-Gesetzen und wie schätzen Sie das Urteil des BVerfG ein? Wie würden sie als gewählter Volksvertreter in NRW dafür sorgen, dass die gröbsten Missstände dieses Gesetzes in ihrer Wirkung in NRW behoben oder wenigstens gemildert werden? Ich persönlich finde es ja skandalös, dass Kinder in Bedarfsgemeinschaften hier einem Prinzip, das "Sippenhaft" zu nennen ich nicht abgeneigt bin, in finanzielle Mithaftung für die Erwerbslosigkeit nicht nur leiblicher Elternteile sondern auch anderer Menschen (z.B. Lebenspartner) genommen werden, die die ARGEN zu "Bedarfsgemeinschaften" erheben / erniedrigen. Was ist Ihre Meinung?
Danke!
Freundliche Grüße,
M. Hollmann
Sehr geehrter Herr Hollmann,
wenn Sie meine sozialpolitischen Aussagen seit Bestehen der sog. "Hartz IV-Gesetzgebung" verfolgt haben, dann ist klar, dass ich auch als Sozialdemokrat immer ein Kritiker dieses Gesetzeswerkes war. Ich halte es aber nach wie vor für richtig, Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe zusammen zu legen um damit auch denen eine Chance zu geben, Vermittlungs- und Qualifizierungsangebote nutzen zu können, die im "alten System" praktisch "ausgemustert" waren. Die Hoffnung, die Instrumente für dieses "Fördern" hätten funktioniert wurde allerdings nicht eingelöst.
Ich habe es nachweislich immer für falsch gehalten, die "Grundsicherung" nach SGB II im Grundsatz nach der Systematik des alten BSHG umzusetzen. Insbesondere die Berechnung sowie Anwendung von Einkommen (incl. der Definition von Bedarfsgemeinschaften) und vor allem von Vermögensanteilen halte ich für nicht richtig.
Vielleicht erinnern Sie sich noch an das Gesetzgebungsverfahren? Da hatte der Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat ein gehöriges Wort mit zu reden. Wir alle wissen nicht, was in jener Nacht (kurz vor Weihnachten) von wem, und wie in Debatte eingebracht wurde, weil die Sitzungen und Protokolle des Vermittlungsausschusses nicht öffentlich sind. Politisch kann ich mir dazu aber einiges denken. Das Bundesverfassungsgericht hat glücklicherweise die Blickrichtung wieder gerade gestellt. Und das ist auch gut so.
Ich hoffe, meine Meinung ist aureichend deutlich geworden. Das Land hat auf diese Gesetzgebung nur mittelbaren Einfluss, doch die aktuelle Beschlusslage des SPD-Parteivorstandes zeigt eine Richtung, die ich absolut unterstützen kann.
mit freundlichen Grüßen
E.-Wi. Rahe