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Frage von Heinrich V. •

Frage an Ernst Behringer von Heinrich V. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Behringer!

Werden Sie sich - im Falle Ihrer Wahl - für die Abschaffung des längst überflüssigen Kammerzwangs - speziell des Zwangs zur IHK und HWK - einsetzen ?

M. f. G.
Heinrich Vetter

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Vetter,

die Organisation der Unternehmen in den Kammern von Handwerk und Industrie und die Wahrnehmung der gemeinsamen Unternehmensinteressen durch die Kammern sind für die CDU-Landtagsfraktion ein unverzichtbarer Bestandteil der Wirtschaftsverfassung in Deutschland. Da die Kammern im Auftrag des Staates hoheitliche Aufgaben wahrnehmen, können die Kammern nicht mit anderen, freiwillig organisierten Interessenverbänden gleichgesetzt werden. Zum wichtigsten Bereich dieser hoheitlichen Aufgaben zählen die Organisation der außerschulischen beruflichen Bildung und die Abnahme der Prüfungen. Diese Leistungen können durch die Mitwirkung der betroffenen Unternehmen weit sachnäher erfüllt werden als es durch den Staat möglich wäre. An der Berufsausbildung sind über 200.000 ehrenamtliche Prüfer der Kammern beteiligt! Ein Verzicht auf die Pflichtmitgliedschaft würde unweigerlich zu einem massiven Qualitätsverlust des weltweit anerkannten dualen Ausbildungssystems in Deutschland führen. Eine Vergabe von Leistungen im Bereich der Beruflichen Bildung im Wettbewerb an eine Vielzahl von Unternehmensverbände ist vollkommen unrealistisch; der Staat müsste eine umfassende und Kosten treibende Vergabe- und Kontrollbürokratie aufbauen um Qualität sichern zu können - nach Auffassung der CDU-Landtagsfraktion eine völlig unnötige Doppelstruktur.

Wir sehen die Kammern zudem als unverzichtbare demokratische Organisationen an, die das Gesamtinteresse der Wirtschaft gegenüber den demokratischen parlamentarischen Gremien legitim geltend machen können. Sie sind Berater des Staates und oft auch das einzige Sprachrohr der Wirtschaft auf kommunaler und regionaler Ebene. Sie agieren unabhängig von starken Individualinteressen und auch diese Objektivität kann nur durch eine Pflichtmitgliedschaft sichergestellt werden. Freilich bedarf es daneben auch einer staatlichen Rechtsaufsicht über die Kammern, die effizient wahrgenommen werden muss.

Auch das Bundesverfassungsgericht hat die Gemeinwohlbindung der Kammern betont, die nicht von privaten Verbänden und Unternehmen garantiert werden könne. Falls dies in Einzelfällen doch möglich sei, würde dies deutlich mehr Bürokratie und Kosten für die Unternehmen und Steuerzahler mit sich bringen, da eine Fachaufsicht durch den Staat erforderlich wäre. Nur durch deren öffentlich-rechtlichen Status sei es möglich, dass die Kammern die hoheitlichen Aufgaben in Selbstverwaltung übernehmen können. Wir teilen diese Rechtsauffassung uneingeschränkt.

Wenn Leistungen und gesetzlich vorgeschriebene Tätigkeiten der Kammern für einzelne Mitglieder nicht immer sichtbar sind, liegt dies daran, dass die Tätigkeiten oft nur einem begrenzten und wechselnden Adressatenkreis einen Nutzen bringen. Es kann dabei auch durchaus vorkommen, dass gegen das individuelle Interesse eines Mitglieds Stellung bezogen werden muss. Dies kann jedoch auch bei der Ausführung von Maßnahmen durch Behörden der Fall sein und spricht keineswegs gegen die Pflichtmitgliedschaft.

Zusätzlich gibt es noch freiwillige Zusatzleistungen der Kammern, die einzelnen Unternehmen einen direkten Nutzen stiften und ebenfalls nicht abgeschafft werden sollten, da sie von den Mitgliedern verlangt werden und damit eine Grundlage für die Akzeptanz der Kammern bilden. Mit einer kostendeckenden Finanzierung der Kammern über Einzelentgelte und der freien Entscheidung der Vollversammlung darüber, welche Leistungen erbracht werden sollen, ist es auch möglich, das Problem der Konkurrenz zu privaten Anbietern zu lösen. Die demokratisch gewählte Vollversammlung des Kammerbezirks sollte dabei die Interessen der privaten Anbieter berücksichtigen.

Hinsichtlich der Frage, ob einige Kammern bezüglich ihrer Größe in der Lage sind ihre Aufgaben zu erfüllen, sollen nach Auffassung der CDU-Landtagsfraktion die Unternehmen selbst entscheiden, ob sie den Leistungskatalog, der zu erfüllen ist, in einer kleineren Kammer finanzieren wollen oder sich stattdessen lieber einer größeren Organisationseinheit anschließen wollen oder mit ihr in Kooperationsbeziehungen treten will. Wir sind der Auffassung, dass hierbei ein direkter Eingriff des Staates nicht notwendig ist, sondern das Prinzip der Subsidiarität Vorrang hat. Sofern jedoch klare Reformpotenziale für einen Bürokratieabbau in einzelnen Kammerorganisationen vorhanden sind, müssen die Kammern im Interesse der Unternehmen und der Gesamtwirtschaft des Landes für eine zügige Umsetzung sorgen.

Die CDU-Landtagsfraktion begrüßt schließlich die Beitragsvergünstigungen und Beitragsbefreiungen der Kammern für Existenzgründerinnen und Existenzgründer ganz besonders. Sie führt zu mehr Wachstum und Beschäftigung in Deutschland und Baden-Württemberg. Es ist uns besonders wichtig, dass die Solidarität von wirtschaftlich etablierten Mitgliedsunternehmen mit den jungen Unternehmen bei den Kammern erhalten bleibt; nicht zuletzt deshalb darf von der bewährten Pflichtmitgliedschaft nicht abgerückt werden.

Mit freundlichen Grüßen

Ernst Behringer MdL