Frage an Erika Mann von Johannes A. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Mann,
die EU ist verpflichtet, den CO2 Ausstoß bis 2020 um 20% zu verringern. Kraftwerksprojekte verhindern das Erreichen dieser Ziele. Allein in der Euroregion Ems-Dollart (EDR) planen die Unternehmen RWE, Nuon B.V., Berner Kraftwerke, Dong Energy und Advanced Power AG insgesamt fünf Kraftwerke. Besonders Klima gefährdend sind die geplanten Kohlekraftwerke bei Dörpen, Emden und Eemshaven. Die EDR ist im Begriff sich zu einer Modellregion für regenerative Energieerzeugung und nachhaltigen Tourismus im Sinne der Agenda 21 zu entwickeln. Diese Entwicklung ist existenziell abhängig von einer intakten Umwelt. Die Realisierung der Kraftwerksprojekte bedroht diese Grundlage massiv. Die für die Kohletransporte erforderliche Emsvertiefung gefährdet den Bestand der Inselsockel mit unkalkulierbaren Risiken für den Küstenschutz. Nicht umkehrbare Schäden für das Wattenmeer wären die Folge, die angestrebte Anerkennung als UNESCO Weltkulturerbe unmöglich.
Kann es die EU zulassen, dass den ökonomischen Interessen einiger Energiekonzerne eine ganze Region geopfert wird? Ist es gegenüber nachfolgenden Generationen verantwortbar, Energie zu erzeugen, die mit astronomischen Folgekosten für Küsten- und Klimaschutz verbunden ist? Gibt es keine EU einheitlichen Auflagen zur Errichtung von Kohlekraftwerken? Wie wollen Sie die Bürger der Regionen für die EU Idee gewinnen, wenn EU die Vernichtung ihrer Ressourcen bedeutet?
Ich appelliere an Sie, sich für eine tragfähige Zukunft der Ems-Dollart-Region einzusetzen und die Pläne der Kraftwerksbetreiber zu stoppen. Sie entscheiden mit, ob wir uns zu einer modellhaften Umweltregion weiterentwickeln oder ob wir zu einer Energiemüllhalde entwickelt werden. Steuern wir auf ein Europa der Bürgerinnen und Bürger oder auf ein Europa der Lobbyisten zu? Bei der Europawahl im Juni 2009 werde ich, wie sicher einige Wählerinnen der EDR auch, meine Wahlentscheidung von Ihrer Stellungnahme zur Energiefrage abhängig machen.
J. Akkermann
Sehr geehrter Herr Akkermann,
vielen Dank für Ihre Anfrage über Abgeordnetenwatch, in der Sie sich erkundigen, ob es einheitliche EU-Auflagen zur Errichtung von Kohlekraftwerken gibt. Wir verstehen Ihre Besorgnis um die möglichen Folgen von solchen Kraftwerken auf die Umwelt der Ems-Dollart Region.
Wir haben zu diesem Thema zwei Gesetzestexte erlassen: erstens, die Richtlinie 2008/1/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2008 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (kodifizierte Fassung) (IPPC-Richtlinie) und zweitens, die Richtlinie 2001/80/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2001 zur Begrenzung von Schadstoffemissionen von Großfeuerungsanlagen in die Luft (LCP-Richtlinie). Die zuerst erwähnte Richtlinie schreibt vor, dass EU-Mitgliedsstaaten erforderliche Maßnahmen ergreifen müssen, um sicherzustellen, dass eine integrierte Erlaubnis erteilt wird, die Emissionsgrenzwerte und andere Genehmigungsauflagen auf der Grundlage der besten verfügbaren Technik enthält. Die Grenzwerte für Emissionen in der Luft von Staub-, NOx-und SO2 dürfen in jedem Fall nicht weniger streng sein als diejenigen in der LCP-Richtlinie.
Weitere Informationen zu den beiden Richtlinien können unter den folgenden Internetseiten (leider nur auf Englisch) gefunden werden:
http://ec.europa.eu/environment/air/pollutants/stationary/ippc/summary.htm
http://ec.europa.eu/environment/air/pollutants/stationary/lcp.htm
Wärmekraftwerke und andere Verbrennungsanlagen werden durch die Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (85/337/EWG) geregelt. Umweltverträglichkeitsprüfungen gewährleisten, dass ökologische Auswirkungen bei der Entscheidungsfindung in Betracht gezogen werden müssen. Dieser Prozess beinhaltet eine Analyse von voraussehbaren Folgen für die Umwelt, das Aufnehmen diese Folgen in einen Bericht, der dann einer öffentlichen Konsultation unterzogen werden muss und deren Ergebnisse in die endgültige Entscheidung mit einbezogen werden müssen. Prinzipiell können diese Umweltverträglichkeitsprüfungen bei individuellen Projekten, wie bei Bauarbeiten für Dämme, Autobahnen, Flughäfen oder Fabriken, vorgenommen werden, oder bei Plänen, Programmen oder Richtlinien (Strategische Umweltprüfungen)
Weitere Informationen gibt es hier auf Englisch: http://ec.europa.eu/environment/eia/home.htm
Lieber Herr Akkermann, ich weiss, dass diese Hinweise Ihnen nur in einem sehr begrenzten Ausmass helfen werden, Ihre Bedenken zum Bau von neuen Kohlekraftwerken in der schönen Ems-Dollar-Region zu beseitigen. Es ist Aufgabe der deutschen Politik dafür zu sorgen, dass die besten und sinnvollsten Standorte ausgewählt werden. Auf den Bau von neuen Kraftwerken werden wir nicht vollständig verzichten können.
Ich hoffe Ihnen mit diesen Informationen einige Hinweise gegeben zu haben, die Ihnen weiterhelfen. Falls Sie noch weitere Fragen haben, können Sie sich jederzeit an mich wenden.
Mit freundlichen Grüßen,
Erika Mann