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Erik Marquardt
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Andreas M. •

Stimmt es das der EU Abgeordnete erik Marquart, im EU-parlament bei der Abstimmung Sexualisiert Gewalt an Kindern im Internet bekämpfen vom 6 Juli 2021 mit nein gestimmt hat?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr M.

Die Darstellung zu dieser Abstimmung bei Abgeordnetenwatch war irreführend und hat mir viele Hassbotschaften eingebracht, weil ein Screenshot kursierte, der den Eindruck erweckte, dass ich gegen den Schutz von Kindern gestimmt hätte. Abgeordnetenwatch hat die Darstellung geändert und sich deswegen entschuldigt. Die Mehrheit der Abgeordneten aus Deutschland hat so abgestimmt wie ich. 

Ich habe gegen dieses spezifische Vorhaben gestimmt, weil es dabei um Inhalte privater Kommunikation geht, die anlasslos, massenhaft und automatisch gescannt werden sollen, was weder notwendig noch verhältnismäßig ist. Dabei soll Chat- und Messenger-Providern vorgeschrieben werden, private Chats, Nachrichten und E-Mails unbegrenzt und ohne spezifischen Anlass auf verdächtige Inhalte zu durchsuchen. Das bedeutet, dass ohne näheren Verdacht unsere digitale Kommunikation eingesehen werden soll. 

Das ist ungefähr so, als würden wir die Deutsche Post dazu zwingen, all unsere Briefe zu öffnen und zu untersuchen, weil ja auch der Brief eines Täters dabei sein könnte. Dieses Gesetz kommt einer Abschaffung des digitalen Briefgeheimnisses gleich. Leider sehen wir oft, dass unter dem Deckmantel des Kinderschutzes versucht wird, digitale Grundrechte auszuhebeln. 

Der Schutz von Kindern ist mir ein wichtiges Anliegen und ich stimme regelmäßig für Gesetzesvorschläge, die die Rechte von Kindern stärken. 

Mein Fraktionskollege Patrick Breyer hat zu dem betreffenden Gesetzesvorhaben ein Gutachten bei der ehemaligen Richterin am Europäischen Gerichtshof Ninon Colneric in Auftrag gegeben, welches zu dem Ergebnis kommt, dass das Gesetz in dieser Form gegen die Grundrechtecharta und EuGH-Rechtsprechung verstößt. Ich kann nicht für ein Gesetz stimmen, das digitale Grundrechte so stark einschränkt und wahrscheinlich nicht mit EU-Recht vereinbar ist nur weil in der Überschrift behauptet wird, dass es um eine gute Sache geht. Es gibt andere Möglichkeiten, Kinder vor sexualisierter Gewalt im Internet zu schützen und dabei nicht so massiv in die Privatsphäre von Millionen unbescholtenen Bürgerinnen und Bürgern der EU einzugreifen.

Der richtige Weg, sexualisierte Gewalt gegen Kinder im Internet zu bekämpfen, ist Polizeiarbeit. Einschließlich verdeckter Ermittlungen und Polizeikräften, mit ausreichend Ressourcen und Fachkenntnissen, um die Netzwerke zu infiltrieren und die Täter zu überführen und vor Gericht zu bringen. Was wir brauchen, ist eine Stärkung der Polizei- und Justizabteilungen, die sich mit der Strafverfolgung und den Ermittlungen befassen, und eine bessere Finanzierung und Ausstattung von Hilfsangeboten für Opfer von sexualisierter Gewalt. 

Außerdem ist die Anwendung solcher Technologien gefährlich, weil sie für andere Zwecke missbraucht werden kann und auch tatsächlich missbraucht wird. Gerade in autoritären Staaten werden solche Überwachungstechnologien eingesetzt, um gegen Oppositionelle vorzugehen und auch in der EU haben wir heute leider Staaten, in denen es Probleme mit der Rechtsstaatlichkeit gibt und deren Regierungen versucht sein werden, mit solcher Technologie gegen unliebsame Meinungsäußerungen vorzugehen. 

Ich glaube nicht, dass das Gesetz in dieser Form mit den Grundrechten der Bürgerinnen und Bürger der EU vereinbar ist und ich bin sicher, dass es kein guter Weg ist, Kinder vor sexueller Gewalt zu schützen. Deswegen habe ich dagegen gestimmt.

Mit freundlichen Grüßen, 

Erik Marquardt 

 

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