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Erhard Grundl
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Heike R. •

Ist altes Nazigedankengut noch "hoffähig"?

Sehr geehrter Herr Grundel,
über Bismarck und seine Rolle kann man streiten.
Nicht streiten kann man über den Verfasser der Nazi Rassengesetze und mit hauptverantwortlichen Naziverbrecher Hans Globke.
quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Globke
1. Warum wird der Bismarck Zimmer umbenannt,
quelle: https://www.bild.de/politik/kolumnen/kolumne/bismarck-beben-wollen-die-gruenen-unsere-geschichte-bereinigen-82184384.bild.html
während der Naziverbecher und Mitorganisator der Judenvernichtung, Hans Globke, weiter mit einem Bild im Bundeskanzleramt hängt?
2. Warum wird dem Verbrecher Hans Globke nicht postum das Bundesverdienstkreuz aberkannt?
3. Warum wurde der Judenvernichter Globke von Adenauer mit dem Kanzleramtsposten hoffiert?
Ist derart rechtes Gedankengut in den demokratischen (AFD nehme ich aus) Bundestagsparteien heute völlig ausgerottet?

Heike R.

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau R.

über Ihre Frage habe ich mich gefreut, denn Sie sprechen ein wichtiges Thema an, das mir am Herzen liegt. In der Tat ist die Aufarbeitung der deutschen NS-Vergangenheit auch fast 80 Jahre nach Kriegsende lückenhaft und muss dringend vorangebracht werden. Das betrifft auch die Rolle von Ministerien im NS und ihtrn Umgang mit der Aufarbeitung dieser Geschichte.

 

Auch nach 1949, mit in Kraft tretend des Grundgesetz und der Gründung der BRD, gab es unter Kanzler Adenauer sehr fragwürdige personelle Kontinuitäten auch in hohen politischen Ämtern. Das wurde gerade von den Grünen früh kritisiert. Außenminister a.D. Joschka Fischer hat seinerseits als erster Minister überhaupt eine Historikerkommission eingesetzt, um die Verstrickung des Auswärtigen Amtes in den Nationalsozialismus zu untersuchen. Über das Ergebnis war Fischer entsetzt und kritisiert, dass die "zentralen Rechtsschutzstelle" des Ministeriums tatsächlich eine Art "Täterschutzstelle " gewesen sei. (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2010-10/holocaust-diplomaten-historikerkommission?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F; http://library.fes.de/fulltext/afs/htmrez/81194.htm).

 

Wenn auch über 10 Jahre später und damit viel zu spät, findet derzeit die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit und die Personalpolitik zugunsten von NS-Tätern im Bundeskanzleramt statt. Im Rahmen eines Kooperationsprojekts des Leibniz-Zentrums für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF) und des Institut für Zeitgeschichte München - Berlin (IfZ), wird die Geschichte des Kanzleramtes erforscht.  Dabei ist Hans Globke, der von 1953 bis 1963 das Amt des Staatsekretärs im Kanzleramt  ausübte und insbesondere in der Spätzeit der Adenauer-Ära sehr einflussreich war, ein zentraler Gegenstand der Untersuchung. Die Ergebnisse sollen m.W. im Herbst 2023  vorgestellt werden. Auf Grundlage dieser Ergebnisse erwarte ich klare Entscheidungen zu den von Ihnen gestellten Fragen. (https://www.deutschlandfunkkultur.de/aufarbeitung-der-kanzleramtsgeschichte-adenauers-graue-100.html; https://zzf-potsdam.de/de/forschung/linien/das-kanzleramt-bundesdeutsche-demokratie-ns-vergangenheit).

 

Zu Ihrer letzten Frage, kann ich Ihnen versichern, dass Rechtsextremismus für Demokrat*innen nicht vereinbar ist mit den Werten unseres Grundgesetzes. Für meine Fraktion im Deutschen Bundestag wie die Partei Bündnis 90/Die Grünen und mich als Person gilt daher, dass wir jede Form des Rechtsextremismus und Antisemitismus entschieden bekämpfen.

Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen

Ihr Erhard Grundl

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