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Engin Eroglu
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Frage von Holger S. •

wie kann Europa es schaffen, sich aus der wirtschaftlichen Abhängigkeit von China zu lösen?

Sehr geehrter Herr Eroglu, wie kann Europa es schaffen, sich aus der wirtschaftlichen Abhängigkeit von China zu lösen? Muss es wie in der Ukraine erst zu einem Krieg um Taiwan kommen, damit man in den Teppichetagen der Konzerne endlich aufwacht und merkt, dass man sich in eine gefährliche Abhängigkeit begibt? Volvo wurde durch den chinesischen Konzern Geely geschluckt und als nächster Übernahmekandidat zählt Daimler Truck. Nach dem Motto "Gier frisst Hirn" verdrängt man in den europäischen Vorstandsetagen gerne, dass in China die Kommunisten regieren. Menschenrechte kümmern Kommunisten, siehe Tibeter und Uiguren herzlich wenig. Russen und Chinesen gehen über Leichen, wenn sie sich davon einen Vorteil versprechen, wie man in der Ukraine sieht. Also wie raus aus der Abhängigkeit von China, ohne zu sehr dirigistisch in die freie Marktwirtschaft einzugreifen? Höhere Einfuhrzölle für Waren aus China? Ich wünschen Ihnen und Ihrer Partei viel Erfolg zur Europawahl.

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Vielen Dank für Ihre Anfrage. Wie auch Sie erachte ich die wirtschaftliche Abhängigkeit der EU von China als äußerst problematisch und als ein wirtschaftliches und sicherheitspolitisches Risiko. Auch der jüngste China-Besuch von Kanzler Scholz, der von einer Wirtschaftsdelegation begleitet wurde, die an die Merkel-Ära erinnerte, weckte bei mir Zweifel, ob die deutsche Regierung die Zeichen der Zeit liest. Ich hoffe sehr, dass es nicht erst zu einem Angriff auf Taiwan durch das chinesische Regime kommen muss, damit die europäische Wirtschaft sich des Risikos vollends bewusstwird. Ich teile Ihre Ansicht, dass das Streben nach dem schnellen Geld aktuell noch zu oft die Hauptmotivation ist und wir dadurch unsere Sicherheit manches Mal verscherbeln. 

Von der EU kommen in dieser Frage einige positive Signale, wie der Critical Raw Materials Act, Vorschriften zur Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen oder das Instrument gegen wirtschaftliche Zwangsmaßnahmen. Damit ist die EU bestrebt, die wirtschaftliche Resilienz Europas zu stärken. Dazu gehört auch die allgemeine Risikominimierung, einschließlich der Diversifizierung von Lieferketten. Dabei ist die Politik jedoch auch darauf angewiesen, dass die Wirtschaft, die Risikoeinschätzung bezüglich China teilt und bereit ist, einen gewissen Mehraufwand zu betreiben. Aktuell scheint die Situation in China für viele europäische Unternehmen noch nicht unangenehm genug zu sein. Ich bin jedoch überzeugt, dass das zu kurz gedacht ist. Ein Ansatz könnte dabei Aufklärung sein. Das mag banal klingen und reicht als alleiniger Schritt natürlich nicht aus. Wir müssen in der europäischen Wirtschaft aber unbedingt vermitteln, wie groß das Risiko von zu starker Abhängigkeit von China ist. Auch müssen wir vermitteln, dass der chinesische Markt für europäische Unternehmen auch deshalb riskant und nicht fair ist, weil viele Unternehmen dort durch staatliche Subventionen gestützt sind und der Zugang für nicht chinesische Akteure oft erschwert bis versperrt wird. Diese Strukturen werden perspektivisch eher stärker werden. Zu guter Letzt gilt es noch zu vermitteln, wie ungleich größer die Auswirkungen in der europäischen Wirtschaft bei einem Angriff auf Taiwan wären im Vergleich zum Ukrainekrieg, sofern nicht bereits jetzt die wirtschaftlichen Risiken minimiert werden. Hier sehe ich es als die Aufgabe der Politik, Unternehmen zur Diversifizierung zu ermutigen und sie dabei zu unterstützen. Dazu gehört auch die Frage, welche Botschaften, die Politik aussendet. Die Botschaften von Kanzler Scholz' Besuch in China helfen jedenfalls nicht.

 

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