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Emmi Zeulner
CSU
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Frage von Simon R. •

Wie stehen Sie zu einem AFD Verbotsverfahren

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CSU

Sehr geehrter Herr R.

vielen Dank für Ihre Nachricht. Ich weiß, dass die Entscheidungen, die ich treffe, immer zum Gemeinwohl hin abgewogen werden müssen. Dieser Verantwortung bin ich mir sehr bewusst. Und deswegen möchte ich gleich zu Beginn eines klar sagen: Es wird keine Koalition und Zusammenarbeit mit der AfD geben. Dafür steht die CDU/CSU ein und dafür stehe auch ich persönlich ein. 

Aber nun zu Ihrer Frage, wie ich zu einem Verbot der AfD stehe. Ich lehne es ab. Denn zum einen bin ich überzeugt, dass man mit einem Verbot nur die Opferrolle, in die sich die AfD selbst auch immer wieder bewusst begibt, verstärkt. Es bedient das Narrativ der AfD, "schaut her wir sprechen die Wahrheit aus und deshalb will man uns verbieten." Dieses Verbot kann nur das Bundesverfassungsgericht beschließen. Doch diese Hürden sind in unserer Demokratie – dem Grunde nach zurecht – hoch. In vielen Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen und Juristinnen und Juristen schätze auch ich den Versuch eines Verbots der AfD zum jetzigen Zeitpunkt für juristisch nicht erfolgversprechend und vor allem politisch kontraproduktiv ein. Wir gehen derzeit davon aus, dass bei der AfD die Voraussetzungen eines Parteiverbots (noch) nicht erfüllt sind und die Verfassungsschutzämter nicht über hinreichendes Beweismaterial für ein Verbotsverfahren verfügen. Ein sehr juristischer Grund, der aber von der Folge her gravierend für ein Verfahren ist, ist, dass das Bundesverfassungsgericht verlangt, dass vor Einleitung eines Verbotsverfahrens, „strikte Staatsfreiheit“ gegenüber der betroffenen Partei hergestellt wird. Das bedeutet konkret: Die Begründung eines Verbotsantrages darf nicht auf Beweismaterialien gestützt werden, deren Entstehung zumindest teilweise auf das Wirken von V-Leuten oder Verdeckten Ermittlern zurückzuführen ist. Eine entsprechende Garantie vermag allerdings nur die Bundesregierung respektive die Landesregierungen zu geben. Sie allein vermögen deshalb einen überzeugenden Beweisantrag zu erarbeiten. Bei so ungewissen Erfolgsaussichten eines Verbotsverfahrens, wäre es politisch unklug, ein solches zu betreiben. 

Auch ein Antrag auf Einleitung eines Verbotsverfahrens, der im Bundestag gestellt würde, müsste erst das parlamentarische Verfahren im Bundestag durchlaufen. Im Innenausschuss könnte die AfD wegen ihres Fraktionsstatus zudem eine öffentliche Sachverständigenanhörung beantragen.  Ein großes Problem sehe ich vor allem darin, dass in einem solchen Parlamentarischen Verfahren die Nachrichtendienste des Bundes und der Länder im Innenausschuss unter Anwesenheit der AfD berichten müssten, welche Erkenntnisse zur AfD zusammengetragen wurden. Dies wiederum ermöglicht dann der AfD Rückschlüsse zu ziehen, wo, wann und aus welchen Quellen die Dienste an ihre Informationen gelangen. Das Ganze würde der AfD also mehr nützen als schaden. 

Sie könnte damit über einen längeren Zeitraum öffentlichkeitswirksam ihre Märtyrer-Rolle zelebrieren. Sollte ein Verbotsantrag scheitern, erhielte die AfD faktisch ein verfassungsgerichtliches „Gütesiegel“, eine verfassungsgemäße Partei zu sein – dieses Risiko einzugehen, halte ich für nicht vertretbar. Die Zustimmung zur AfD zu verbieten, halte ich für einen Trugschluss. Die politischen Kräfte der demokratischen Mitte sollten die AfD stattdessen politisch und inhaltlich stellen. Das Anbiedern von Alice Weidel an Elon Musk und die Äußerungen der Kanzlerkandidatin auf dem Parteitag sind abstrus und das müssen wir deutlich machen und den Menschen aufzeigen, wie unehrlich diese Partei ist: Eine Partei, die sich als Partei von Recht und Ordnung aufspielt, prahlt damit, alle Windkraftanlagen abzureisen, was faktisch das Zerstören von fremdem Eigentum ist. Auch liegen Verträge zugrunde, die auf Jahre hinaus geschlossen wurden. Das alles soll in der Welt der AfD nichts mehr gelten. Die AfD will in diesen unsicheren Zeiten raus aus der NATO, obwohl diese der Friedens- und Sicherheitsgarant für unser Land ist. Die AfD will raus aus der EU, was faktisch mehr Zölle bedeutet und unsere heimische Wirtschaft massiv schwächt. Die AfD will der Landwirtschaft die Subventionen streichen und die gemeinsame Agrarpolitik aufkündigen, was gerade zum Beispiel auch nicht im Interesse der eher kleiner strukturierten Landwirtschaft in meiner Heimat Oberfranken ist. Gerade in diesen Zeiten brauchen wir Zusammenschlüsse wie die EU und die NATO. Die EU ist ein großes Geschenk der Generationen vor uns und es macht mich wütend, wenn so leichtfertig und unehrlich mit den Sorgen der Menschen umgegangen wird. 

Ich möchte keine Symptombehandlung, sondern Ursachenbekämpfung: Die drängenden politischen Probleme Deutschlands müssen gelöst werden, um dem in der Bevölkerung weit verbreiteten Frust gerecht zu werden. Denn der Zulauf zur AfD liegt für mich darin begründet, dass die Vertreter der AfD Themen ansprechen, die die Menschen bewegen und dass die amtierenden Verantwortlichen in der Bundesregierung nicht willens sind, die Probleme als solche anzuerkennen und auch zu Lösungen beizutragen. Der Ruf der Bürgermeister und Landräte beispielsweise, die illegale Migration mit beherztem Handeln endlich zu stoppen, verhallt weiterhin ungehört bei der Bundesregierung und bedarf doch so dringend einer Lösung. Dennoch hat jede Bürgerin und jeder Bürger die Aufgabe sich zu informieren, wem sie eigentlich mit ihrer Stimme die Verantwortung für unser Land übergibt. So sind drei Landesverbände der AfD in den Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft worden. Selbstverständlich sind nicht alle Wähler der AfD rechtsextrem, aber sie decken mit ihrer Stimme für dieses Partei Personen, die es sind. Ich werbe dafür die staatliche Parteienfinanzierung für als extremistisch eingestufte Gruppierungen massiv einzuschränken. Denn der Rechtsstaat ist eines unserer höchsten Güter und Parteien, die bewusst staatliche Strukturen angreifen, können nicht gleichzeitig für diese Zwecke durch die Parteienfinanzierung von eben diesem Staat gestärkt werden. Das gilt für mich selbstverständlich auch für linksextremistische Gruppierungen.

Ich hoffe ich konnte Ihnen darlegen, warum ich einem Verbot bzw. einem Antrag in diesem Sinne nicht zustimme. Dennoch nehme ich Ihre Bedenken mit in die weitere Diskussion und versuche diese einfließen zu lassen.

Mit besten Grüßen

Ihre Emmi Zeulner

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