Frage an Emmi Zeulner von Anton B.
Hallo Fr. Zeulner
wie stehen Sie zu Finanzhilfen für Griechenland,
kurze Antwort: ja oder nein?
Sehr geehrter Herr Bauer,
vielen Dank für Ihre Mail hinsichtlich der weiteren finanziellen Unterstützung für Griechenland.
Wie Sie beschäftigt mich das Thema seit vielen Wochen und Monaten und ich habe mir meine Entscheidung bei beiden parlamentarischen Abstimmungen im Februar und Juli nicht leicht gemacht. Meinem Entschluss in beiden Fällen gegen ein weiteres Hilfspaket zu stimmen sind viele Überlegungen und Gespräche vorausgegangen.
Wenn ich mich schlussendlich auch bei der letzten Entscheidung am 17.07.2015 (BT-Drucksache 18/5590) wieder für eine Ablehnung entschieden habe, so möchte ich betonen, dass es für beide Seiten gute Argumente gibt und ich auch diejenigen Kollegen, die sich nochmals für ein Hilfspaket entschieden haben, verstehen kann und auch deren Meinung respektiere. Es gibt hier kein schwarz und weiß oder eine hundertprozentig richtige Lösung. Man kann den Weg der Kanzlerin mit guten Gründen mitgehen- jedoch möchte ich für meine Generation am Ende des Tages keine „Schuldenunion“. Ich möchte keine Verschleppung notwendiger staatsinterner Reformen und dadurch die Entstehung einer dauerhaften Inanspruchnahme des Stabilitätspakts durch einige Länder mitverantworten und so die Entstehung einer Schuldenunion billigend in Kauf nehmen.
Ausschlaggebend für meine Entscheidung war, dass die Voraussetzungen, die die europäische Gemeinschaft zur Grundlage für eine weitere finanzielle Unterstützung gemacht hat, von Griechenland nicht erfüllt wurden.
Gemäß Artikel 13 des ESM-Vertrages sind Systemrelevanz und Schuldentragfähigkeit die entscheidenden Säulen für weitere Hilfen. Beides sehe ich, vor allem auch nach den Ergebnissen der Expertise des IWF zur Schuldentragfähigkeit, nicht als gegeben an. Griechenland liegt bei einer Staatsverschuldung von 175 Prozent des Bruttoinlandproduktes deutlich über dem festgesetzten Maximalwert.
Neben diesem grundlegenden Mangel fehlt aus meiner Sicht auch weiterhin die Reformbereitschaft Griechenlands, was uns deutlich in dem Referendum des griechischen Volkes gezeigt wurde. Ich kann und will niemandem ein Hilfsprogramm aufoktroyieren, gerade wenn die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass bis jetzt keine zufriedenstellenden und zielorientierten langfristigen Reformen auf den Weg gebracht wurden. Das Argument der kurz- und mittelfristigen Hilfestellung ist mittlerweile schwer zu vertreten.
Für mich muss das Prinzip von Leistung und Gegenleistung auch weiterhin gelten und es muss Grundlage aller weiteren Überlegungen sein. Solange dies nicht gewährleistet ist, kann ich nicht mit gutem Gewissen weiteren Finanzhilfen zustimmen.
Dennoch erkenne ich mit großer Wertschätzung die bisher geleisteten Stabilisierungsbemühungen der Verantwortlichen in Griechenland an. Jedoch sehe ich nicht, dass die griechische Regierung den notwendigen Rückhalt im Land selbst hat, um die so dringend erforderlichen grundlegenden Veränderungen durchzuführen. Dieser Rückhalt ist aber für funktionierende Reformen unbedingt notwendig.
Selbstverständlich stehe ich weiterhin zu einer Zugehörigkeit Griechenlands zur Europäischen Union und bekenne mich auch weiterhin zur deutschen Verantwortung innerhalb dieses Bündnisses.
Eine Schwächung des Euro und einer Aufweichung der Verträge kann ich jedoch nicht zustimmen. Der Weg hin zu einer Transferunion scheint eingeschlagen - diesen kann ich nicht mitgehen. Für einen stabilen Euro muss jedes einzelne Land Haushaltsdisziplin zeigen. Für ein stabiles Europa dürfen nicht andere Länder von der Krisenpolitik eines Landes absorbiert und die Europäische Union in ihrer Handlungsfähigkeit gelähmt werden.
Ich möchte ein starkes, dauerhaft stabiles Europa, das auch der jungen Generation einen soliden Rahmen der Zusammenarbeit und Zusammengehörigkeit gibt. Für dieses Europa stehe ich weiter ein.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit den Ausführungen weiterhelfen und meine Beweggründe für meine Entscheidung darlegen.
Beste Grüße
Emmi Zeulner