Frage an Elke Seidel von Dirk F. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Dr. Seidel,
mich interessiert vor allem die Wasserpolitik im Land Brandenburg. In den letzten Jahren wurden Fördermittel vor allem dafür eingesetzt, lange Kanalstrecken zu bauen und abgelegene Orte zu erschließen, um unsinnig überdimensionierte Kläranlagen wenigstens halbwegs auszulasten. Hierdurch entstehen jedoch neue unsinnige Projekte, die zum einen hohe Kosten im Betrieb nach sich ziehen, zum anderen Wasser möglichst schnell aus unserer oft trockenen und wasserarmen Gegend ableiten.
Welche Möglichkeiten sehen Sie, dezentrale Abwassertechnologie in Brandenburg zu fördern? Oder haben Sie vielleicht andere Vorstellungen oder Ideen, wie die Wasserpolitik des Landes sinvoll gestaltet werden kann? Welche Möglichkeiten sehen Sie, falls Sie gewählt werden, die Landespolitik im Wasserbereich zu gestalten? Was davon liegt Ihnen besonders am Herzen?
Warum ist es Brandenburg nicht möglich, beispielsweise analog zu Mecklenburg-Vorpommern ein EU-Förderprojekt zur Förderung von Kleinkläranlagen aufzulegen? (Hat das was mit einem nicht vorhandenen Eigenanteil zu tun oder hat Brandenburg hier einfach keinen anspruch auf diese MIttel?)
Lieber Herr Fiedler,
ich bedanke mich für diese Frage, die in meinen Augen eine Lebensader der Gesellschaft betrifft. Ich bin schon lange der festen Überzeugung und veröffentliche diese Gedanken immer wieder, dass der Klimawandel im vollen Gange ist und wir nun endlich handeln müssen. Wir dürfen nicht mehr warten und müssen den Bürgerinnen und Bürger, auf deren Rücken sich der Klimawandel bereits heute abspielt und in Zukunft noch stärker abspielen wird, endlich den Politikwechsel, der dringend erforderlich ist, anbieten.
Zwei strategische Wege zeigen sich dabei auf.
1. die Wiederherstellung und Stabilisierung des Landschaftswasserhaushaltes sowie eine flächendeckende Vegetation, um die Überhitzung der Erde zu dämpfen und
2. die Veränderung der Energieumwandlung hin zur Nutzung mit deutlich höheren Wirkungsgraden und hin zur Nutzung erneuerbarer Energien und nachwachsender Rohstoffe.
Beide Wege sind unverzichtbar und müssen gleichzeitig beschritten werden. Sie haben den entscheidenden Punkt des Landschaftswasserhaushalts als tragende Rolle angesprochen. Ursachen für die Zerstörung eines funktionierenden Wasserkreislaufes sind die Meliorierung der Wiesen und Feuchtgebiete seit den 50er Jahren, die ausgedehnten Braunkohletagebaue und jetzt der fortschreitende Klimawandel. Der Braunkohleabbau hat einen Absenkungstrichter unter dem Land Brandenburg von 2100 km² und einer Tiefe von ca. 80 m erzeugt. Die Gräbenentwässerungen der Wiesen bringt das Wasser auf dem kürzesten Weg ins Meer und aus der Landschaft heraus.
Wie können wir diesem begegnen? Da die große Politik bisher nach meiner Erfahrung beratungsresistent ist, können wir von daher im Moment keine Unterstützung erwarten. Nach der Wahl wird sich das ändern!
Die zurzeit im Land Brandenburg praktizierte Wasserpolitik ist ein Fossil von gestern. Das haben nicht nur Nachhaltigkeitsbeirat und die Naturschutzverbände deutlich herausgearbeitet. Wir müssen konsequent den kurzen lokalen Kreislauf des Wassers wiederherstellen, unter anderem durch
-die Ermöglichung der Wiedervernässung und
-die Wasserrückhaltung in den Gewässereinzugsgebieten und damit die
-Erhöhung der Verdunstung und die
-Rückführung von im Klarwasser enthaltenen Nutzstoffen in die Landschaft.
Damit könnte auch den erheblichen Auswirkungen des Klimawandels (Rückgang der Niederschläge, Erhöhung der Temperaturmittelwerte, "Versteppung" durch Degradierung der Böden) in Brandenburg aktiv entgegengewirkt werden.
Sie haben die ökologischen dezentralen Nutzwasser-Recyclinganlagen angesprochen. Ich bin der festen Überzeugung, dass die dezentrale Reinigung und Wiederverwertung des benutzten Wassers der entscheidende Weg für die Zukunft sein wird. Mit diesem kleinen Wasserkreislauf (siehe auch PowerPointPräsentation in der Anlage, Folien 6,7 und 8) werden alle Nährstoffe und Mineralien, die den Pflanzen sonst künstlich über chemische Düngemittel zugeführt werden müssen, vor Ort in der Region zurück- und festgehalten. Die Zulassung von kilometerlangen Kanälen zur "Entwässerung der Landschaft" darf es nicht mehr geben. Im Gegenteil, die Zweckverbände stehen in kurzer Zeit vor dem Problem des demografischen Wandels in der Fläche, damit werden die Abwassermengen geringer und die Brühe stagniert in den Rohren. Das Land ist darauf nicht vorbereitet. Von der Landesregierung, die ja seit Jahren die Kanalisierung der Landschaft vorangetrieben hat, muss endlich umgedacht werden. Schon wegen der zunehmenden Alterung der Gesellschaft und dem Bevölkerungsschwund insbesondere im ländlichen Raum ist eine Kappung der Abwasserkanäle kaum noch aufzuhalten. Ich denke, dafür müssen den Zweckverbänden Unterstützungen, aber auch rechtliche Rahmenbedingungen eindeutig hin zur nachhaltigen Entwicklung gesetzt werden.
Wasser muss an jedem Ort und von jedem für die Landschaft zurückgehalten werden. Regenwasser wird aufgefangen, verregnet und genutzt. Die Abwässerzweckverbände müssen darüber nachdenken, wie sie das gereinigte Wasser in die Region wo es herkam zurückführen. Die Städte müssen in den Straßen für mehr kleinteilige Grünanlagen sorgen und über einen grünen Verbund die Frischluft in der Stadt garantieren. Die vermehrten Winterregenfälle müssen gespeichert werden. Was kann bei einem Starkregen geschehen? Nur von knochentrockenem Untergrund perlt der Regen ab und versickert nicht. Eine Grasfläche, ein Waldes- oder Feldsaum mit Sträuchern und Stauden hält das Wasser, in Vertiefungen fängt sich das Wasser und versickert langsam, ein Teich füllt sich. Mit dem Klimawandel und der weitergehenden Erwärmung nimmt aber auch die Verdunstung über großen Wasserflächen zu und damit verschärfen wir nur das Problem. Können wir es uns eigentlich noch leisten, in der prallen Mittagssonne Spargel-, Gemüse- und Obstplantagen zu beregnen?
Es muss uns gelingen, den kleinen Wasserkreislauf flächendeckend wieder herzustellen.
Den zweiten Punkt, die Energieumwandlung mit allen Facetten, will ich hier nicht weiter ausführen. Nur soviel: Kondensationskraftwerke, die Wasser aus der Umgebung zum Kühlen benötigen, dürfen nicht mehr betrieben werden.
Als erstes werden Bündnis90/Die Grünen im Landtag eine Novellierung des Wassergesetzes fordern. Die Grundlage dazu hat der Nachhaltigkeitsbeirat in seinem Bericht gelegt ( http://www.nachhaltigkeitsbeirat.brandenburg.de ).
Mit dem Wassergesetz Brandenburgs muss aber auch das Wasserhaushaltgesetz als Bundesgesetz dem Klimawandel angepasst werden. Daran werden wir ebenso arbeiten.
Es ist in Brandenburg durchaus möglich, die EU-Mittel so einzusetzen, dass sie wirklich dem nachhaltiges Wassermanagement helfen und nicht im märkischen Sand versickern. Der politische Wille hat aber bisher nicht ausgereicht, um die Förderung so zu gestalten, dass enkeltaugliche Projekte bedient werden. Brandenburg kann also die europäischen Mittel sehr wohl einsetzen für die Förderung von Kleinkläranlagen. Nichts spricht dagegen, bisher nur die Meinung der Mehrheit im Parlament.
Ich erlaube mir, Ihnen meine Thesen für ein nachhaltiges Wassermanagement vorzulegen. In der PowerPointPräsentation "Nachhaltigkeit Wasser" sind sicher einige Folien dabei, die erklärt und besprochen werden sollten. Da diese Ausführungen hier den Rahmen sprengen würden, bitte ich Sie, mich nach der Wahl direkt anzusprechen. Ich gehe fest davon aus, dass ich dann mit Ihrer Hilfe im Landtag bin. Ich werde immer diese Themen, die für unser weiteres Leben so entscheidend sind, weiterbearbeiten.
Dazu gehört auch die sofortige Änderung der bisherigen Gewässerunterhaltungspraxis. Wasser ist Leben, Wasser versorgt den Boden, die Pflanzen mit Mineralien und Nährstoffe, wie das Blut die Zellen unseres Körpers mit allem was er braucht versorgt. Dieser Blutkreislauf ist zerstört. Er muss wieder hergestellt werden.
Ich bitte Sie um Unterstützung für unsere EINE ERDE, denn Jeder/Jede kann beeinflussen, was geschieht.
Ich verbleibe mit sonnen-energi(E )schen Grüßen
Ihre ELKE SEIDEL